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Miley Cyrus

© AFP

Kinderstar Cyrus: Ups - sie haben es wieder getan

Die Sängerin Miley Cyrus wird als unschuldige Lolita vermarktet. Gab es da nicht schon mal jemanden? Genau, Britney Spears. Auch sie fing einmal so an. Die Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen.

Als Mickymaus eng an ihrer Seite stand, lächelte Miley Cyrus so glücklich, als könnte sie sich an ihrem 16. Geburtstag wirklich nichts Schöneres vorstellen als eine Party in Disneyland. Wohl die größte Beleidigung für andere Teenager. Für die PR-Strategen um Miley Cyrus, die die vorgezogene Geburtstagsfeier Anfang Oktober inszenierten, ist das der Versuch, das Image des unschuldigen Kinderstars so lange wie möglich zu erhalten.

Cola statt Cocktails, Kissenschlacht statt Knutschen – Miley Cyrus, Sängerin und Hauptdarstellerin der TV-Serie „Hannah Montana“, verkörpert eine neue Generation vermeintlich braver Stars. Kein Sex vor der Ehe sagt sie und zeigt ihren „True-love-can-wait“-Ring her. Das Wildeste, was sich Miley Cyrus nach eigener Aussage mit Freundinnen vorstellen kann ist, einen „witzigen Schlafanzug“ anzuziehen, Pizza zu essen und Filme zu schauen.

Amerikas Eltern atmen auf. Doch sind nicht etwa ihre mahnenden Worte der Grund dafür, dass Stars wie Lindsay Lohan und Britney Spears, die lange nur mit wilden Partys Schlagzeilen machten, abgelöst werden. Vielmehr ist es eine ganz logische Folge, sagt „Bravo“-Chefredakteur Tom Junkersdorf: „Jugendtrends leben immer vom Gegensatz. Wenn Rumhängen, Rumsexen und Rumsaufen der Mainstream ist, werden auf einmal die interessant, die es genau anders machen.“ Deshalb seien die neuen Unschuldsengel auch in Deutschland so erfolgreich. Nach dem Deutsch-Rock-Hype um Tokio Hotel und den von Sex rappenden Hip-Hoppern wie Bushido und Sido, verlangen Kinder auch hierzulande nach Kaugummi-Pop.

Miley Cyrus, die Ende Oktober in Berlin auftritt, steht dafür wie keine Zweite. Doch wer sie beobachtet, denkt schnell: „Ups, they did it again“ und hat die Bilder von Britney Spears im Kopf. Der sich zurzeit rehabilitierende Popstar und seine junge Nachfolgerin weisen erstaunlich viele Parallelen auf: Nicht nur weil sie beide ihre Karriere beim Disney-Channel starteten. So moderierte Britney Spears als Kind den Mickey-Mouse-Club, tanzte bald in einer Schuluniform durch ein Musikvideo und sang eindeutig „Hit me baby one more time“. Mit diesem Lolita-Look spielte Britney Spears vor allem zu Anfang ihrer Karriere. Auf der einen Seite Videos, in denen sie sich in engen Lackanzügen räkelte, auf der anderen Seite sprach sie sich „brav“ gegen Sex vor der Ehe aus. Dass ihr Keuschheitsgürtel doch nicht so fest verschlossen war, musste Britney Spears später zugeben.

Auch Miley Cyrus trägt gerne knappe Kleidchen, zwar unschuldig in Weiß, dafür nicht minder sexy. Doch im Gegensatz zu Spears hat sie noch einen Joker in der Tasche: ihre Fernsehrolle. Schon mit elf Jahren hatte sich Miley Cyrus beim Disney-Channel für die TV-Serie „Hannah Montana“ beworben. Wohlbehütet war sie als Tochter des Countrysängers Billy Ray Cyrus in Tennessee aufgewachsen. Ihren eigentlichen Vornamen Destiny Hope verwandelten ihre Eltern in den Kosenamen Miley, abgekürzt von Smiley, weil sie so viel lachte. Auch Disney gefiel das bodenständige und natürliche Auftreten und gab Miley Cyrus nach einer Absage wegen ihres jungen Alters doch die Rolle in „Hannah Montana“. Die Vermarktungsmaschine, um aus dem Serienstar einen Popstar zu machen, wurde angeworfen. Dafür ist das Drehbuch der Serie perfekt ausgelegt: So spielt Miley Cyrus, die damit auch bei Super-RTL zu sehen ist, ein pickeliges Schulmädchen, das sich nachts in die erfolgreiche Rocksängerin Hannah Montana verwandelt und von ihrem alleinerziehenden Vater, einem Countrysänger, gemanagt wird. Klar, dass Papa Cyrus diese Rolle übernommen hat. Schon bald stand seine Tochter nicht mehr nur im Fernsehen, sondern auch im wahren Leben auf der Bühne. Mehr als neun Millionen Mal verkauften sich ihre Alben weltweit, ein 3-D-Konzertfilm spielte in den USA mehr als 70 Millionen Dollar ein, Miley Cyrus räumte den als TV-Oscar geltenden Emmy und weitere Preise ab. 2007 verdiente kein Teenager weltweit mehr Geld als sie, berichtete das US-Magazin „Parade“.

Dass Miley Cyrus ihr Image als braves Mädchen trotz Lolita-Look glaubwürdig verkaufen kann, liegt an ihrer Fernsehrolle. Immer wieder wird sie in die fiktive Welt der „Hannah Montana“ zurückgeholt, in der Küsse tabu und eine flüchtige Umarmung das höchste der Gefühle sind. Eine vermeintlich heile Welt, von der viele Teenager zurzeit ein Teil sein möchten: „Die Serien spiegeln eine Sehnsucht wider nach einer Welt, in der Schulen noch sauber sind, in der es tolle Cliquen gibt und das Gemeinschaftsgefühl noch zählt“, sagt „Bravo“-Chef Junkersdorf.

Der Disney-Konzern reibt sich die Hände und verdient gut mit Miley Cyrus. Kein Wunder, dass er ihr sauberes Image so lange wie möglich erhalten will. Fast panisch entschuldigte sich Miley Cyrus, nachdem die Fotografin Annie Leibovitz sie mit roten Lippen und den Oberkörper nur mit einem Seidentuch bekleidet für die amerikanische „Vanity Fair“ abgelichtet hatte. Und bei ihrem neuen Freund Justin Gaston ist offiziell natürlich nicht viel mehr als Händchenhalten drin.

Wie lange man Miley Cyrus die Vorliebe für Mickymaus abnimmt, ist fraglich. Irgendwann entfernen sich Teeniestars altersmäßig von ihrer Zielgruppe. Und irgendwann wollen sie wohl auch nicht mehr als auf superbrav polierte Projektionsfläche herhalten. Britney Spears zeigte, dass die Grenzen umso mehr gesprengt werden, je enger sie sind.

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