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Update

Klatsch, Klatsch, Klatsch: Charlene und Albert sind verheiratet

Fürst Albert II. von Monaco und die Südafrikanerin Charlene Wittstock haben sich am Freitag das Ja-Wort gegeben. Beobachtet von Madame A. Dabei serviert sie Kaviar - und Gerüchte.

Putzig ist Monaco in diesen Tagen; frisch gestrichen die Altbauten, frisch poliert die Glasfronten der Hochhäuser. Fähnchen und Flaggen schmücken Fenster und Schaufenster, hängen von Balkonen und Terrassen herab. Die rot-weißen des Zwergstaates an der Côte d’Azur, dem Fürst Albert II., der 53-jährige Bräutigam, seit 2005 als Souverän vorsteht. Hier und da eine in Rot-Grün-Schwarz-Blau-Weiß, den Landesfarben der Braut Charlene Wittstock, 33, aus Südafrika, die offiziell Princesse Charlene, eingedeutscht Fürstin Charlene, heißen und mit HSH, Her Serene Highness, Durchlaucht, angesprochen werden wird.

Madame A. ist Residentin von Monaco, eine vom alten Schlag. Sie hat ein riesiges Sternenbanner über die marmorne Brüstung ihrer Terrasse gehängt, in memoriam der 1982 so tragisch ums Leben gekommenen letzten Fürstin Grazia Patricia, der Mutter Alberts, die als amerikanische Staatsbürgerin und Oscar-Preisträgerin Grace Kelly 1956 die Herzen der Monegassen eroberte und noch heute wie eine Heilige verehrt wird. Eine merkwürdige Ruhe liegt auf dem Staat: Alle Baustellen stehen still. Das hatte es zum letzten Mal am Tag der Beerdigung Grazia Patricias gegeben.

Madame A. leidet in diesen Tagen an der in Monaco weit verbreiteten Krankheit, der Nostalgie. Nichts ist mehr wie es war, damals, als sie Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts frisch verwitwet nach Monte Carlo übersiedelte. Ihr viel älterer Mann, ein armenischer Geldjongleur, hatte ihr neben einem beträchtlichen Bar- und Aktienvermögen, einem betagten Butler, einem nagelneuen champagnerfarbenen Rolls Royce Corniche und der Fayencen-Sammlung seiner Mutter, ein fabelhaftes Apartment hinterlassen, dessen Krönung eine Dachterrasse mit unverbaubarem 360-Grad-Blick ist.

Madame hatte ihr Paradies gefunden, und sie hat es seither nur selten verlassen. Wie neulich, als sie nach Austin/Texas flog, um sich eine neue Hüfte einsetzen zu lassen.

Französisch spricht sie mit leichtem Akzent, morgens hört sich das russisch an. Nach Mittag, wenn sie ein, zwei, drei Gläschen ihres geliebten Roederer Crystal Champagners zu viel geschlürft hat, klingt es eher südamerikanisch. Abends, wenn sie mit Wodka spült, kommt schon mal der Wedding durch. Madame hat neunzehnhundertund in Berlin das Licht der Welt erblickt. Das Leben hat sie als junge Frau mit tänzerischer Begabung, umwerfendem Mutterwitz, einem exzellenten Geschmack und einem Helfersyndrom nach Paris, Moskau und Buenos Aires verschlagen, wo sie ihren Mann kennenlernte, von dem sie selbst nur als „mon dieu“, mein Gott, spricht.

Die Hüftmalaise nahm sie nun zum willkommenen Anlass, lange bevor die Einladungen zur fürstlichen Hochzeit überhaupt verschickt worden waren, dieselbe abzusagen, rein prophylaktisch. Mit etwas schnörkeligen Formulierungen und ebensolchen Buchstaben hatte sie auf ihren blassblauen Briefkarten mit dem Familienwappen ihres Verblichenen in blutrotem Relief, handschriftlich dem zukünftigen Paar Glück und Segen gewünscht und ihr Bedauern geäußert, dass sie nicht persönlich werde kommen können: die Hüfte!

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Andere hatten es ungeschickter angestellt und dieser Tage düpiert, aber offiziell aus geschäftlichen Gründen das Fürstentum verlassen, weil sie sich selbst und niemandem eingestehen wollten, dass sie nicht zum Kreis der 450 persönlichen Gäste des Fürsten gehörten.

Das höfische Protokoll hatte sich einen Trick für die Einladung internationaler Staatsoberhäupter einfallen lassen, um sich die Peinlichkeit von bedeutenden Absagen zu ersparen: Es kamen nur die zum Zuge, denen Fürst Albert II. seit seiner Inthronisation 2005 schon einen offiziellen Antrittsbesuch abgestattet hatte, zum Beispiel der deutsche Bundespräsident.

Fröhlich hatte Madame A. nach ihrer Absage mit ihren eigenen Vorbereitungen für die Fürstenhochzeit begonnen. Nichts konnte sie sich nun noch schöner vorstellen, als die im Kreise von ebenfalls an Nostalgie leidenden Vertrauten zu feiern, sich das Spektakel auf einem Großbildschirm im Schatten der dicht mit Weinlaub umrankten Pergola ihrer Terrasse anzusehen, und dazu genüsslich die neuen, atemberaubenden Gerüchte über eine fürstliche Beziehungskrise auszubreiten: War Charlene tatsächlich schon auf dem Weg zum Flughafen gewesen? Hatte man ihr in Nizza gar den Pass abgenommen? Stand die Hochzeit vor dem Aus? Hat Albert noch ein uneheliches Kind? Eine verheimlichte Liebschaft? Gar mehrere?

Ein französisches Magazin hatte kurz vorm Hochzeitsfest Entsprechendes verbreitet und gegen jede Zurechtweisung durch den Palast steif und fest verteidigt, während Fürstenanwalt Thierry Lacoste ebenso unerschütterlich von einem „vollkommen unwahren Gerücht“ sprach, „das jeder Grundlage entbehrt“, von einem „Medienwahn“.

Und zum Dessert können sie über die amerikanische Schauspielerin Brooke Shields herziehen, eine Kurzzeitflamme des flotten Junggesellen Albert, als der noch Kronprinz war und sein Stottern noch nicht im Griff hatte. Sie war die damalige Favoritin vieler Monegassen für die Nachfolge von Fürstin Grazia Patricia. Oder über Nicolas Sarkozy mit seiner schwangeren Première Dame Carla, die sich in den wilden Nächten der 80er im Jimmy’z von häufig wechselnden Männern hochleben ließ. Sie werden Ausschau halten nach den beiden bereits bekannten und anerkannten unehelichen Kindern des Fürsten, nach Prinz Ernst August von Hannover, dem abtrünnigen Mann von Prinzessin Caroline, nach dem schönen jungen Gefährten von Karl Lagerfeld, dem Intimus der Familie, nach Claudia Schiffer – ist sie wirklich so dünn geworden? –, sie werden Prinz Charles und seine Camilla aufs Korn nehmen, alle Nachbarn, die sich unters Volk mischen.

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200 000 Tagestouristen werden erwartet. Und darum ist die eigentliche Herausforderung dieser beiden Tage – Freitag standesamtliche Trauung, Samstag kirchliche – nicht das Handling der Staatsgäste, sondern die totale Verstopfung der Altstadtgassen auf dem den Palast tragenden Felsen, in den engen Kurven zwischen den Hochhäusern zu verhindern, die Menschentrauben vor den Luxusboutiquen gar nicht erst entstehen zu lassen.

Nur mit Hilfe der omnipräsenten Überwachungskameras, die die legendäre Sicherheit bis in den letzten Winkel Monacos garantierten, wäre den 700 lokalen Polizisten eine solche logistische Meisterleistung möglich. Um den Besucherstrom zu beschleunigen und nicht aus Großzügigkeit werden weder Parkgebühren erhoben noch müssen Tickets für die Bustransfers gelöst werden. Zeit ist die Währung der Wahl.

So volksnah sich der Fürst auch gibt, die High Society Monacos frönt gern weiter dem Leben jener geschlossenen Gesellschaft, die sich nicht nur alles leisten kann, sondern sich auch alles leisten will.

So wird es nicht nur auf der Terrasse von Madame A., sondern auf den vielen privaten Festlichkeiten (auch in den eleganten Suiten des Hermitage und des Hotel de Paris wird gefeiert) selbstverständlich das geben, was man am liebsten isst, Kaviar satt, etwa einen Beluga Wildfang, 100 Gramm von 500 Euro an aufwärts, fangfrische Crevetten mit aus dem Handgelenk locker geschlagener Mayonnaise, fein geschabtes Steak Tatar, neuerdings auch gern vom Koberind, eben all jene köstlichen Schweinereien, die in Monaco alltäglich auf dem Speiseplan stehen, auf die die 450 offiziellen Gäste allerdings werden verzichten müssen.

Der Fürst meint es tatsächlich auch bei seiner Hochzeit ernst mit seiner Vision vom zukünftigen Musterstaat der Nachhaltigkeit. Deshalb besteht das Hochzeitsmenü fast ausschließlich aus heimischen Produkten. Auf Wunsch des Brautpaares hat Alain Ducasse, der Dreimichelinsternekoch des Louis XV., dem Restaurant des Hotel de Paris, die 17 verschiedenen Kräuter- und Gemüsesorten aus der Gärtnerei des Palastes zupfen lassen, deshalb wird der Fisch am Morgen frisch vor der monegassischen Küste mit der Leine gefangen, deshalb kommt der Weißwein aus dem Keller des fürstlichen Landgutes Roc Agel hoch über Monte Carlo und die Milch für die Crème Chantilly von den dort grasenden Kühen. Nur der Rotwein kommt aus Südafrika, eine Reminiszenz an die Braut, und der Champagner aus der Champagne. Unlimitiert gesponsert vom Hause Perrier-Jouet wird er in Strömen fließen.

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Auch die prachtvollen Oldtimer aus der Sammlung von Alberts Vater Fürst Rainier müssen in der klimatisierten Palastgarage bleiben. Stattdessen wird eine durchaus als hässlich zu bezeichnende Sonderanfertigung eines Lexus Hybrid als Landauer für die kurze Fahrt vom Palast zur Kirche Sainte Dévote, der Schutzheiligen Monacos, dienen. Schließlich will die Umweltstiftung von Fürst Albert schon am Tage nach den Feierlichkeiten die CO2-Bilanz der Hochzeit veröffentlichen, wie auf seiner Webseite verkündet, getwittert und gefacebookt wird. Nicht mit einkalkuliert werden natürlich die hochtourigen Maseratis und Ferraris, die auch während dieser Tage, in denen die Welt auf Monaco blickt, in den Straßen herumdröhnen werden.

Nur stundenweise müssen die Anwohner Einschränkungen in Kauf nehmen. Auf der eigens für die Hochzeit eingerichteten Webseite gibt es darüber seitenlang Informationen und Instruktionen. Geladene Senioren und Personen „mit eingeschränkter Mobilität“, wie Behinderte korrekterweise in Monaco bezeichnet werden, können sich mit ihrem eigenen Pkw zum Palast bringen lassen. Allerdings müssen sie vor 14 Uhr 45 dort abgesetzt werden. Mehr als zwei Stunden, bevor die Trauungszeremonie beginnt. Und das bei erwarteten Temperaturen von mehr als 30 Grad im Schatten.

Sonderzüge werden im Minutentakt die Schaulustigen in den ultramodernen unterirdischen Bahnhof von Monte Carlo bringen. Eine Lynn aus Cannes fragt allerdings auf Facebook auch, wann denn nun der letzte Zug Monaco wieder verlasse. Sie wolle noch zurück nach Hause. Ein anderer fragt, ob denn die Rauchertische auf der Terrasse des Casinos zugänglich sind. Sind sie nicht. Der Platz wird für das Küchenzelt des Monsieur Ducasse gebraucht, der das Galadiner zubereitet, das vor dem Hochzeitsball gleich nebenan auf der Dachterrasse des benachbarten Opernhauses serviert wird.

Madame A., früher eine leidenschaftliche Black-Jack-Spielerin, hat die güldenen Säle des Casinos nicht mehr betreten, seit dort die Kleiderordnung aufgehoben wurde und die Herren sogar in T-Shirts und Sporthosen eingelassen werden. Überhaupt findet sie, dass in Monaco viel zu häufig viel zu dicke Goldketten auf behaarter Brust zu sehen sind, und mancher Hochkaräter am Ringfinger einer Dame ganz offensichtlich so falsch ist wie ihre aufgespritzten Lippen.

Nur im Monte Carlo Beachclub, wo einige der weißen Zelte mit den bequemen Liegen schon in der vierten Generation in Familienbesitz sind, sieht man sie noch gelegentlich, jene wahre Dekadenz, der Madame A. nachtrauert. Wenn eine Dame sich, bevor sie ins Meer schreitet, um ein paar Züge zu schwimmen, ihr Collier aus echten Steinen nicht ablegt und ihre Lippen noch mal nachzieht.

Es ist dieser schwierige Spagat zwischen Exhibitionismus und Diskretion, zwischen der Sehnsucht nach dem Gestern wie nach dem Morgen, der Monaco zu einem ebenso merkwürdigen wie bemerkenswerten Ort macht. Madame A. hat übrigens ein neues Spiel entdeckt: Sie pokert. Im Internet. Und sie hat mal wieder ein Personalproblem. Sie wird sich von ihrem Butler trennen müssen. Sie hat ihn erwischt, als er mit ihrem Rolls Royce ausfuhr, das Dach geöffnet, einen schönen jungen Mann an seiner Seite. Pech für ihn, dass er ausgerechnet dann aus der Tiefgarage fuhr, als sie ihren neuen Feldstecher ausprobierte, gelangweilt, wie sie manchmal ist, nach Jahrzehnten in Monaco.

Die Publizistin und TV-Produzentin Beate Wedekind war unter anderem Chefredakteurin von „Bunte“ und „Gala“.

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