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Panorama: Klinikskandal in Lodz: Gift statt Medizin?

Der Klinik-Skandal in der polnischen Stadt Lodz bringt das Gesundheitswesen in Polen immer mehr in Verruf. Für Ärzte und Sanitäter wird die Arbeit immer mehr zum Spießrutenlauf, berichtete das polnische Fernsehen.

Der Klinik-Skandal in der polnischen Stadt Lodz bringt das Gesundheitswesen in Polen immer mehr in Verruf. Für Ärzte und Sanitäter wird die Arbeit immer mehr zum Spießrutenlauf, berichtete das polnische Fernsehen. Rettungsstationen im ganzen Land klagten über Hass-Anrufe, in denen die Mitarbeiter als Mörder beschimpft wurden. Zuvor hatte die Zeitung "Gazeta Wyborcza" berichtet, dass in Lodz Mitarbeiter der Unfallstation Leichen gegen Provisionen an Bestatter vermittelt hatten. Um zu klären, ob in den vergangenen zehn Jahren sogar Patienten getötet wurden, um den "Handel" in regem Gang zu halten, müssen die Ermittler noch etwa 5000 Todesfälle untersuchen.

Polizei und Staatsanwaltschaft haben konkrete Hinweise, dass das potenziell tödliche Medikament Pavulon in Rettungswagen einer Unfallstation verdächtig oft verwendet wurde. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft müssen etwa 2500 Zeugen verhört werden, auch die Exhumierung Verstorbener gilt als wahrscheinlich.

Allein im vergangenen Jahr sind nach Polizeiangaben in der Lodzer Unfallstation und ihren Krankenwagen 300 Ampullen des Medikaments verbraucht worden. Die Unfallstation in der polnischen Hauptstadt Warschau, die wesentlich mehr Patienten betreut, verbrauchte im gleichen Zeitraum lediglich 90 Ampullen.

Von der Aura als barmherzige Samariter oder gar "Halbgötter in Weiß", die ihre westlichen Kollegen oft immer noch umgibt, können Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter im polnischen Gesundheitswesen nur träumen. Lange bevor der Klinikskandal im zentralpolnischen Lodz mit Vorwürfen über mögliche Patiententötungen und einen "Leichenhandel" mit Bestattungsunternehmen für noch mehr Verruf sorgte, krankten die Kliniken des Landes an Armut und Korruptionsvorwürfen.

Klinikärzte gehören zu den Niedrigverdienern - Assistenzärzten reicht das Gehalt von gerade mal 1000 Zloty (280 Euro) vor allem in den Großstädten nicht zum Leben. Allgemein bekannt ist deshalb, dass ein diskret überreichter Geldumschlag die Qualität der Behandlung auf wundersame Weise verbessert und das Warten auf Operationstermine und Untersuchungen verkürzt. Nach den Zöllnern gelten Ärzte als die korrupteste Berufsgruppe - 78 Prozent der Polen sind der Meinung, dass sich Heilerfolge nur mit Schmiergeld erzielen lassen. Nach einer informellen Preisliste lassen sich einfache chirurgische Eingriffe wie etwa eine Mandeloperation gegen eine Gebühr von etwa 500 Zloty beschleunigen, bei komplizierten Operationen sind bis 2500 Zloty fällig. Für ein Gespräch finden Ärzte nach einem Obolus von 100 bis 200 Zloty Zeit. Polnische Krankenhäuser müssen nach der Reform des Gesundheitswesens betriebswirtschaftlich arbeiten. Die Folgen sind vor allem für diejenigen Patienten fatal, die sich nicht die Behandlung in einer teuren und gut ausgestatteten Privatklinik leisten können.

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