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DKMS-Gründungsmitglied Dr. med. Gerhard Ehninger

© dpa

Knochenmarksspenderdatei (DKMS): Ein weiteres Gründungsmitglied verlässt die DKMS

Im Richtungsstreit in der weltgrößten Knochenmarksspenderdatei wirft Gründungsmitglied Gerhard Ehninger das Handtuch. Der DKMS droht ein Imageschaden.

Die Knochenmarksspenderdatei DKMS galt lange als einzigartige Erfolgsgeschichte. Doch nun droht sie ihren guten Ruf bei internen Streitereien aufs Spiel zu setzen. In der Auseinandersetzung über den Rauswurf der ehemaligen Geschäftsführerin Claudia Rutt verließ nun auch das zweite Gründungsmitglied Gerhard Ehninger die Organisation.

Eine Familieninitiative auf dem Weg zum weltweiten Vorbild

Alles begann mit einer aus der Not geborenen Idee. Während des Sommerurlaubs im Juli 1990 litt Mechtild Harf an Müdigkeit und Fieber. Nur einen Monat später folgte die erschütternde Diagnose: akute lymphatische Leukämie. Die Suche nach einem geeigneten Stammzellenspender offenbarte dem Ehepaar Harf die Hoffnungslosigkeit, der Leukämiekranke zu dieser Zeit in Deutschland gegenüberstanden. Bei insgesamt nur 3000 registrierten Spendern standen die Chancen, einen Menschen mit den passenden Gewebemerkmalen zu finden, nahezu bei Null.

Nachdem durch eine aufwendige Suche eine Spenderin für Mechtild Harf gefunden worden war, strebte der Ehemann Dr. Peter Harf gemeinsam mit dem behandelten Arzt Professor Dr. med. Gerhard Ehninger nach einer bundesweiten Verbesserung der Stammzellensuche. Mit Harfs Schwägerin Claudia Rutt als Geschäftsführerin gründete das Trio im Mai 1991 die Deutsche Knochenmarksspenderdatei DKMS.

Aus dieser Familieninitiative wurde innerhalb weniger Jahre die größte Stammzellspenderdatei der Welt. Mehr als vier Millionen Menschen sind heute als Spender registriert. Nach eigenen Angaben konnte die DKMS über 40000 Patienten einen womöglich lebensrettenden Stammzellspender vermitteln. Weltweit kommt keine andere Stammzellspenderdatei auf ähnliche Zahlen.

Streit zwischen den Gründungsmitgliedern

Erste Risse in der makellosen Fassade der DKMS wurden 2012 sichtbar, als Kritik an den hohen Kosten für die Betroffenen in Spanien geübt wurde. Zudem kam es zum Streit mit spanischen Behörden, die von einer illegalen Spendersuche sprachen.

Im vergangenen September kam es schließlich zum offen sichtbaren Bruch zwischen den drei Gründern. Rutt wurde damals als Geschäftsführerin vor die Tür gesetzt. Die DKMS sprach zunächst von einer einvernehmlichen Trennung, woraufhin Rutt vehement widersprach. Harf räumte schließlich ein, dass er die Abberufung seiner 53 Jahre alten Schwägerin initiiert habe, um einen Generationswechsel herbeizuführen.

Ehninger zeigte sich damals von dem Alleingang des Kollegen entsetzt und sah das Ansehen der Gesellschaft beschädigt. Der Mediziner aus Dresden machte auch öffentlich sein Unverständnis für den Rutt-Rauswurf deutlich: „Ich kriege international Anrufe, Briefe und Mails, wo ein Erstaunen und eine Verständnislosigkeit über die Vorgänge ausgedrückt wird.“

Nach dem folgenden monatelangen Richtungsstreit bei der weltgrößten Knochenmarkspenderdatei, entschied sich Ehninger nun zum Rücktritt von seinem Posten an der Spitze des medizinischen Beirats. Als Grund für seinen Beschluss nannte er am Montag, die mangelnde Bereitschaft zur Kommunikation und Diskussion innerhalb der DKMS.

In einer offiziellen Verlautbarung bedauerte eine DKMS-Sprecherin den Rücktritt des Gründungsmitglieds. Ehninger habe für die Datei wichtige Aufbau- und Ausbauarbeit geleistet. Den Streit zwischen Ehninger und Harf kommentierte sie nicht. (mit dpa)

Tycho Schildbach

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