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Musiker und Liedermacher Knut Kiesewetter im Jahr 1975

© dpa/Wulff Pfeiffer

Knut Kiesewetter mit 75 Jahren gestorben: Plattdeutsch zum Leben, Jazz zum Lieben

Knut Kiesewetter stand mit den Beatles auf der Bühne und wurde Plattenmillionär mit plattdeutschem Liedern. Aber der Jazz, das war sein Ding. Ein Nachruf.

Da war nicht das eine Lied, da war nicht die eine Show, da war der Name: Knut Kiesewetter. Klang und klingt nach einem Künstlerpseudonym, so wie bei Kris Kristofferson. Aber beide Namen waren und sind echt, Kristofferson ist ein amerikanischer Country-Sänger, Songwriter und Schauspieler. Knut Kiesewetter war ein norddeutscher Liedermacher und Jazzer - und sehr viel mehr als das, was gemeinhin unter "Multitalent" summiert wird.

"Ich mache alles, was ich glaube zu können", hatte er einst gesagt. Das war Kiesewettersches Understatement, denn dieser Musiker konnte das, was er tat. Bis hin zur Perfektion, aber ohne die Prägung, die eine große, populäre Karriere auch braucht: Eitelkeit.

Mit 15 Jahren stand der Schüler erstmals auf der Bühne, mit 18 trat er im Hamburger „Indra“ gemeinsam mit den damals noch weithin unbekannten Beatles auf. Nachdem er sich das Komponieren und Texten selbst beigebracht hatte, veröffentlichte er mit 19 Jahren seine erste Single.

Der Pop aber war nicht das Ding, die Karriere als "Friesen-Beatle" startete erst gar nicht, der Posaunist, Sänger und Gitarrist Kiesewetter hatte es mit dem Jazz, dem Jazzfolk Den Paul McCartney-Song "Fool on the Hill" phrasierte er zur bluesigen Ballade. Da war mehr als der Cover-Kiesewetter, da war der Komponist.

800 Lieder, auch für andere Künstler wie die dänische Schlagersängerin Gitte Haenning oder die amerikanische Soul- und Jazzsängerin Eartha Kitt hat er geschrieben. Und für sich "Fahr mit mir den Fluss hinunter", seinen einzigen großen Hit.

Knut Kiesewetter füllte die Jazzkeller, nicht die Konzertsäle. Fern von der Massenbegeisterung konnte er Lieder seiner Heimat Friesland adaptieren oder Bachs "Willst du dein Herz mir schenken" eigenwillig modernisieren. Knut Kiesewetter war seine eigene Größe, und weil er das war, musizierte er mit Größen wie Chet Baker, Tony Scott, Dizzy Gillespie, mit Albert Mangelsdorff und Phil Woods. So einer ist kein Nischenkönig.

„Platten-Millionär“ mit plattdeutschen Liedern

Als Produzent arbeitete Kiesewetter mit Hannes Wader, Volker Lechtenbrink und Fiede Kay zusammen. Beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen moderierte er eine eigene Serie, verdiente sein Geld mit Ostfriesenwitzen und wurde als Professor an die Hamburger Musikhochschule berufen.

Mit plattdeutschen Liedern schaffte es Kiesewetter in den 1970er Jahren zum „Platten-Millionär“. Damals kombinierte er aktuelle Themen mit niederdeutscher Sprache. Auch politisch engagierte sich Kiesewetter: 1976 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der "Grünen Liste Nordfrieslands", der ersten Umweltschutz-Wählergemeinschaft Deutschlands. Das Engagement endete schnell, Kiesewetter war enttäuscht, wie viele "Wichtigtuer" sich da tummelten, denen es um das eigene Prestige, nicht aber um die Sache gegangen sei.

Lieber Rentner als Musiker

Vor zehn Jahren gab der verheiratete Kiesewetter seinen Job als Profimusiker auf, um das Rentner-Dasein im schleswig-holsteinischen Garding zu genießen. „Am Bekanntsein störte mich immer das Bekanntsein“, sagte er einmal. Da hatte er schon zahlreiche öffentliche Ehrungen abgelehnt, den Deutschen Schallplattenpreis, den Deutschen Kleinkunstpreis.

Eine Auszeichnung hatte er akzeptiert, als Fürst Wolfgang Ernst zu Ysenburg und Büdingen ihn für seine Verdienste um den deutschen Jazz zum "Ritter der Ronneburg" schlug. Jazz, das war seine Seele..

Jetzt ist Knut Kiesewetter gestorben, mit 75 Jahren.

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