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Panorama: Königlich viel Platz

Begleitet von Protesten eröffnet die Queen Londons neuestes Einkaufszentrum: Heathrows Terminal 5

Am Freitag hat Queen Elizabeth II. auf Heathrow, dem umstrittensten und unbeliebtesten Flughafen der Welt, das neue „Terminal Five“ eröffnet. Aus Furcht vor Protestaktionen wurde die Zeremonie von einem Großaufgebot an Sicherheitskräften geschützt. Die Queen wurde von einem Chor, der eine eigens für die Eröffnung einstudierte Hymne sang, und rund 800 Ehrengästen begrüßt.

Die Queen hat Übung. 1955 eröffnete sie als junge Monarchin das erste permanente Gebäude auf dem Flughafen. Bis dahin hatte Heathrow bereits neun Jahre aus Wellblechbaracken und Zelten operiert – manchem scheint das heute noch so.

Drei weitere Terminals folgten. 1986 wurde Terminal 4 eröffnet. Dann gewann Stararchitekt Richard Rogers 1989 den Wettbewerb für ein fünftes Terminal. Grünes Licht gab es nach einem vierjährigen Planungsverfahren erst Ende 2001. Mögen die Chinesen ihren Super Airport in Peking in vier Jahren aus dem Boden zaubern; in England sind solche Projekte umstritten wie nie.

Wenn am 27. März der Flugbetrieb in Terminal 5 beginnt und die erste Maschine aus Hongkong einschwebt, werden die Demonstranten zur Stelle sein. Friedlich wollen sie demonstrieren und T-Shirts mit der Aufschrift „Stoppt die Expansion von Heathrow“ zeigen. Denn schon streitet man über Terminal 6, das notwendig würde, sollte Heathrow eine dritte Startbahn bekommen. „Das wäre völlig unakzeptabel“, hatte der Verkehrskoordinator John Prescott noch 2001 versichert, um die Gegner von Terminal 5 zu besänftigen. Nun hat sich die Labour-Regierung hinter die Flughafengesellschaft BAA gestellt und will eine dritte Startbahn genehmigen. Vor einer Woche kletterten deshalb Demonstranten der Organisation „Plane Stupid“ auf das Dach des Parlaments und entfalteten ein Transparent mit der Aufschrift: „BAA Hauptquartier“.

Vorerst freuen sich Bauherr BAA und Alleinmieter British Airways (BA) auf ihren Neubau der Superlative. Zehn Fußballfelder haben unter dem Dach des Terminals Platz. Fünf Stockwerke hängen an 22 riesigen, weiß lackierten Stahlbäumen. Alles ist hell und sachlich, mit Fenstern, die vom Boden bis zur Decke reichen. Kosten: knapp sechs Milliarden Euro.

„Wir kehren zu den Zeiten des Luxusreisens zurück“, behauptet BA-Vorstandssprecher Martin Broughton. Luxus Lounges für 2500 Business- und First- Class-Reisende sollen die Stammkunden mit dem Chaos versöhnen, das Heathrow bei Umfragen unter Geschäftsreisenden immer wieder zum schlechtesten Flughafen der Welt macht. Nach Jahren mit Verspätungen, verlorenen Gepäckstücken, gestrichenen Flügen und endlosen Warteschlangen soll nun alles reibungslos gehen – wenigstens bei BA, die den neuen Terminal ganz für sich beanspruchen. Aus der riesigen Abflughalle mit 96 Selbstabfertigungsschaltern geht es in maximal zehn Minuten durch zwei hochmoderne Sicherheitskanäle direkt zum Shopping. 112 Geschäfte, von Harrod's bis zur Snack Bar des 3-Sterne-Kochs Gordon Ramsay, warten auf Kunden. Die Umweltschützer von „Friends of the Earth“ wussten schon immer, dass „das Terminal ein Vorwand für ein Einkaufszentrum“ ist.

Inlands- und Auslandsflüge sind nicht getrennt, deshalb wird jeder Passagier fotografiert und muss seinen Fingerabdruck abgeben. Sitzt der Passagier im Flugzeug, hat er rund 100 Reklamen gesehen: Für Werbezwecke sind 333 Anzeigentafeln und 206 Flachbildschirme installiert.

Heathrow treibt bei seiner Expansion die Angst, von Flughäfen wie Paris oder Frankfurt abgehängt zu werden. Denn was nützen schöne Abfertigungshallen, wenn der Flugbetrieb auf Heathrow bereits mit 98 Prozent seiner Kapazität arbeitet und beim geringsten Zwischenfall alles zum Stillstand kommt?

Doch Umweltschützer und Londoner, die genug von den Flugzeugen über ihren Köpfen haben, nehmen den Kampf auf. Alle drei Londoner Bürgermeisterkandidaten sind gegen den Ausbau, ebenso fast alle Londoner Unterhausabgeordnete und alle betroffenen Stadtbezirke.

„Ein Großflughafen braucht Platz und den richtigen Wind“, findet zum Beispiel der konservative Lokalpolitiker Kit Malthouse und plädiert für eine einst als utopisch verworfene Lösung: eine schwimmende, künstliche Flughafeninsel in der Themsebucht mit einem Hochgeschwindigkeitszug nach London – wie in Hongkong. In Heathrow würden stattdessen Wohnparks gebaut.

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