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Königliche Hochzeit in Schweden: Ein Kleid, ein Wort und ganz viel Pomp

Prinzessin Victoria und Prinz Daniel sind jetzt Schwedens neues Traumpaar. Das Hochzeitsfest war eine Mischung aus Volksfest und Gipfeltreffen der Aristokratie.

Nicht nur dem sichtlich nervösen Bräutigam Daniel Westling kamen fast die Tränen, als er Kronprinzessin Victoria den Ring an den Finger steckte und sie ihm zärtlich und gar nicht protokollgemäß über die Wange strich. Der Live-Kommentatorin des schwedischen Fernsehens und vielen Schaulustigen am Schloss und in der Kirche ging es ähnlich.

Zur spektakulärsten Hochzeit Schwedens seit 1976 waren die schmalen Gassen der Stockholmer Altstadt „Gamla Stan“ dicht gefüllt mit Untertanen und Touristen. Um sich einen guten Platz zu sichern, hatten drei Mädchen gar die Nacht in einem Campingzelt unweit der Kirche verbracht, in der vor genau 34 Jahren auch Victorias Eltern, König Carl XVI und Königin Silvia, geheiratet hatten. Der König übergab seine Tochter Victoria entgegen der Tradition ihrem künftigen Ehemann. Im Vorfeld hatten Kirchenvorsteher, Politiker und Gleichstellungsbeauftragte diesen Entschluss heftig kritisiert. Deshalb gab es einen Kompromiss: Prinz Daniel übernahm die Braut vom Brautvater bereits nach der Hälfte des Weges.

„Es ist unfassbar schön, fast wie in Aschenbrödel“, sagte die sichtlich gerührte 19-jährige Helena. In der Tat. Victoria von Schweden und ihr ehemaliger Fitnesslehrer Daniel Westling könnten ungleicher nicht sein. Der Sohn einer Postangestellten vom Lande wird Prinz und Herzog von Västergötland. Etwa 1100 offizielle Gäste verfolgten die Trauung. Für Victoria und Daniel Westling ist die Hochzeit auch der Endpunkt eines langen Hindernislaufes durch Hof und Oberschicht. Viele stemmten sich gegen eine Hochzeit von Victoria mit einem Mann normaler Herkunft. Für König Carl Gustaf ist es auch ein Wagnis. Dessen Monarchie hat in den vergangenen Jahren deutlich an Popularität im Volke verloren. Jetzt liegt es an Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel, die Herzen der Untertanen zurückzugewinnen. Durch die Hochzeit wird die in Heidelberg geborene Königin Silvia erstmals Schwiegermutter. Ihre anderen beiden Kinder, Prinz Carl Philip und Prinzessin Madeleine, haben gerade Beziehungswechsel hinter sich. Madeleine löste erst Ende April ihre Verlobung mit dem Anwalt Jonas Bergström auf.

Beim Jawort sahen sich die beiden tief in die Augen, Victoria lachte froh. Stets Hand in Hand, versprachen beide einander vor dem Ringtausch ewige Treue.

Nach der Trauung in der eigens für diesen Anlass komplett renovierten Domkirche tourten Prinz Daniel und Kronprinzessin Victoria mit Brautkutsche durch die Stadt. Ein Geleit aus 1000 Würdenträgern und 5000 Soldaten eskortierte sie. Hunderttausende von Schaulustigen konnten dank der ungewöhnlich ausgedehnten Courtage-Runde einen Blick auf das Brautpaar erhaschen. Außerdem gab es zahlreiche Großleinwände. Andere Straßen waren wie ausgestorben. Der Großteil der Stockholmer saß gebannt vor dem Fernseher zuhause.

Die Parade ging von der Kirche über das Schloss durch den Königsgarten, die Königsstraße ins feine Viertel Östermalm und die dortige Einkaufsstraße Birger Jarls Gatan. Dann ging es entlang des Wassers zum Strandvägen und Tierpark. Mit einem prunkvollen Segelboot fuhr das Paar später zurück zum Schloss. Kriegsschiffe der Marine feuerten Salut.

Nach dem Abschluss der Kutsch- und Bootsfahrt zeigte sich das Paar am frühen Abend auf dem Balkon des Königsschlosses. Und es sollte ein Moment werden, der in die schwedischen Geschichtsbücher eingehen wird. Denn Victoria dankte dem schwedischen Volk. „Ihr habt mir meinen Prinz gegeben“, rief die Kronprinzessin dem Volke, aus dem ihr Mann kommt, zu. Es war ein Brückenschlag zwischen Königshaus und Untertanen. Der neue Prinz sagte allerdings nichts, er verbeugte sich nur tief.

Und so war die Hochzeit von Victoria und Daniel eine Mischung aus Volksfest und Gipfeltreffen der Aristokratie. Denn schon am Donnerstag war ein Großteil der adligen Gäste eingetroffen. Der König hatte zu einem Fest ins Schloss Drottningholm, seinem und Silvias Wohnsitz, geladen. Bereits am Freitagabend wurde weitergefeiert. König Carl Gustaf lud den Hochadel nach einem Konzert in seinen Lieblingsnachtclub Café Opera ein und am Samstagabend folgte das große Hochzeitsfest im Schloss. Unter den Gästen waren beispielsweise Spaniens Thronfolger Felipe, Belgiens König Albert II., die dänische Königin Margrethe II., Königin Beatrix der Niederlande und Japans Thronfolger Naruhito. Auch die norwegische Prinzessin Mette-Marit war in Stockholm dabei, genau wie Prinz Albert von Monaco mit seiner Freundin. Ein erfrischender Kontrast zu den royalen Gästen war die Verwandtschaft des Bräutigams. Sie kamen extra aus Ockelbo, dem 6000 Menschen zählenden ländlichen Heimatort des zukünftigen Prinzen.

Für die Stockholmer Polizei war es der größte Einsatz in ihrer Geschichte. 2000 Polizisten bewachten die Straßen. Über 450 Uniformen mussten für den Spezialeinsatz geschneidert werden, weil Polizisten in Schweden im beruflichen Alltag oft nur in Zivil gekleidet sind. Auch die Gegner der Monarchie machten mobil und führten Protestaktionen durch. In Malmö fand zeitgleich ein „Republic Hochzeitsfest“ statt. 20 Paare verheirateten sich offiziell und ließen sich fünf Minuten später wieder scheiden. „Mit Absurdität gegen die Monarchie“, so der Tenor. Auch Musikkonzerte gegen die Monarchie wurden in mehreren Städten gegeben.

Die Tourismusbranche konnte vermutlich nicht von der Hochzeit profitieren, denn der erwartete Ansturm aus anderen Landesteilen und Ländern blieb aus. Hotelzimmer waren noch zu haben, und die schwedische Bahn klagte über nicht verkaufte Zugtickets für ihre „Liebeszüge“.

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