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Panorama: Konflikt der Interessen?

Dagmar Schipanski, die Krebshilfe und der Tabak

Kann man gegen den Krebs kämpfen und gleichzeitig über Stiftungsgelder entscheiden, die zum großen Teil von der Tabakindustrie verdient wurden? In das Spannungsfeld dieser Frage ist jetzt die Präsidentin der Deutschen Krebshilfe, Dagmar Schipanski, geraten. Kritiker sprechen bereits von einem Interessenkonflikt, dem die Multifunktionärin Schipanski möglicherweise unterliege. Rücktrittsforderungen wurden laut. Schipanski selbst aber sieht darin keinen Interessenkonflikt.

Die Präsidentin der Krebshilfe sitzt auch im Stiftungsrat der Hamburger Körber-Stiftung. Eines von vielen Haupt- und Ehrenämtern von Schipanski – so gehört sie unter anderem auch dem CDU-Präsidium an und ist Präsidentin des Thüringer Landtages. Die Körber-Stiftung ist alleinige Eigentümerin der ebenfalls in der Hansestadt ansässigen Körber-Aktiengesellschaft, die wiederum rund 43 Prozent ihres Umsatzes mit Maschinen für die Zigarettenherstellung erwirtschaftet. In diesem Segment ist die Tabaktochter der Körber-AG „Hauni“ nach eigenen Angaben sogar Weltmarktführer.

Johannes Spatz vom Berliner Forum Rauchfrei sieht in den beiden Ämtern Schipanskis eine „prekäre Doppelrolle“, die die Glaubwürdigkeit der Krebshilfe untergrabe. „Als Präsidentin der Krebshilfe bekämpft sie den Krebs, den sie als Mitglied im Stiftungsrat der Körber-Stiftung fördert“, sagt Spatz dem Tagesspiegel. „Frau Schipanski muss als Präsidentin der Krebshilfe oder als Mitglied im Stiftungsrat der Körber-Stiftung zurücktreten.“ Und dabei gehe es ums Prinzip, denn inhaltlich habe er an der Krebshilfepräsidentin keine Kritik. „Sie hat dort bisher gute Arbeit geleistet.“

Auch im Aktionsbündnis Nichtrauchen, in dem die Krebshilfe Mitglied ist, sieht man die Doppelfunktion kritisch. Diese beiden Ämter seien eigentlich nur schwer „vereinbar“, heißt es. Doch zu offiziellen Stellungnahmen ist niemand bereit, solange die Krebshilfe nicht selbst ihre Ermittlungen abgeschlossen habe. Man sei auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit angewiesen.

Schipanski hat zuvor bereits öffentlich erklärt, dass sie in diesen beiden Funktionen keinen Interessenkonflikt sehe. Zu einer weiteren Erklärung war sie in den vergangenen zwei Tagen nicht erreichbar. Auch die Deutsche Krebshilfe lehnte eine Stellungnahme ab. Man prüfe die Vorwürfe und werde Ende der Woche ein Statement abgeben, kündigte der Geschäftsführer der Krebshilfe, Gerd Nettekoven, an. Der einfache Hinweis, das sei kein Interessenkonflikt, reiche nicht, schließlich sei der Kampf gegen das Rauchen eines der wesentlichen Arbeitsfelder der Krebshilfe. Deshalb nehme man die Aufarbeitung der Vorwürfe ernst.

Dagmar Schipanski, die im Jahr 1999 die Unionsgegenkandidatin für das Bundespräsidentenamt war, übernahm im Jahr 2000 das Amt der Präsidentin der Krebshilfe und im gleichen Jahr auch die Funktion im Stiftungsrat der Körber-Stiftung, der die inhaltliche Verwendung der Stiftungsgelder überwacht.

Die Körber-Stiftung gehört zu den großen Privatstiftungen in Deutschland. Im vergangenen Jahr habe man zwölf Millionen Euro für Projekte ausgegeben, die der Förderung der demokratischen Teilhabe der Bürger, der Wissenschaftsförderung und der internationalen Verständigung dienten, sagt die Stiftungssprecherin Kirsten Elvers. Konkret sind das zum Beispiel der Deutsche Studienpreis, das Forum Deutsch-türkischer Dialog oder auch Projekte junger Künstler. Die Art und Weise, wie die Körber AG ihr Geld verdiene, habe keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Stiftung. Der 1992 verstorbene Stifter Kurt A. Körber habe sehr genau darauf geachtet, dass beide – Unternehmen und Stiftung – streng getrennt sind. In der kommenden Woche werde diese Trennung auch räumlich vollzogen. Dann wird die Stiftung das Werksgelände der Körber AG in Hamburg verlassen und in Büros am Hamburger Hafen ziehen.

Die Mitglieder des Stiftungsrates erhielten bisher keinerlei finanzielle Vergütung, sagt Elvers. Dies soll sich aber ändern: Demnächst werden die Stiftungsräte eine Aufwandsentschädigung für die Sitzungen erhalten. „Das aber ist mit Sicherheit kein Honorar.“

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