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Die Ranger im Krüger-Nationalpark sollen auch gegen Wilderer vorgehen – manche helfen den Räubern allerdings.

© Marco Longari/AFP

Krüger-Nationalpark in Südafrika: Lügendetektortests im Kampf gegen korrupte Wildhüter

Im Krüger-Nationalpark in Südafrika mischen Ranger im blutigen Geschäft der Wilderer mit. Lügendetektortests sollen ihnen auf die Spur kommen.

Eigentlich ist er Südafrikas größtes Refugium für bedrohte Tiere, doch in den vergangenen Jahren haben Wilderer den Krüger-Nationalpark regelrecht in ein Schlachthaus verwandelt. Und, das ist inzwischen klar, Ranger, die die Tiere schützen sollen, mischen bei dem blutigen Geschäft mit. Um die illegale Jagd auf Elefant, Nashorn und das am Schwarzmarkt besonders begehrte Schuppentier einzudämmen, hat der Park deshalb eine ungewöhnliche Methode ergriffen: Lügendetektortests für die Wildparkhüter.

„Wir können die Testergebnisse zwar nicht gegen sie verwenden“, sagt Glenn Phillips, Chef des Parks, der südafrikanischen Tageszeitung „Times“. „Doch zumindest geben sie uns einen Anhaltspunkt, um interne Ermittlungen einzuleiten.“ Seit einem halben Jahr werden diese „Integritätstests“ mittlerweile durchgeführt – und das offenbar erfolgreich.

Gerade wurde ein Torwächter überführt

Vor Kurzem konnte dank eines Lügendetektors ein Torwächter überführt werden, der Wilderern zur Flucht verholfen hatte. Er war Berichten zufolge einer von 29 Parkangestellten, denen man in den vergangenen sechs Jahren eine Zusammenarbeit mit den Jägern nachweisen konnte. „Wir können nicht länger abstreiten, dass unser Personal auf die eine oder andere Weise an der illegalen Jagd beteiligt ist“, wird die Geschäftsführerin des Parks, Lize McCourt, zitiert.

Welche Dimension das Problem hat, verdeutlicht ein Blick auf die Zahlen: Insgesamt arbeiten mehr als 3000 Angestellte im Krüger-Nationalpark, der mit zwei Millionen Hektar so groß ist wie der Staat Israel. Bislang hätten alle Mitarbeiter den Lügendetektortest freiwillig absolviert, betonen die Verantwortlichen. Den Fragenkatalog dafür habe die Parkverwaltung mit Gewerkschaften entworfen.

Südafrika durchlebt derzeit eine Wilderei-Krise. Und im Zentrum steht der Krüger-Nationalpark, einer der Touristenmagneten des Landes. Dort schlachteten Wilderer 2017 im Durchschnitt alle fünf Tage einen Elefanten und täglich ein bis zwei Nashörner ab.

Vergangenen Sonntag lieferten sich Ranger nahe des Hauptcamps im Park ein Feuergefecht mit Wilderern, die es auf Rhinozeros-Horn abgesehen hatten. Zwei Jäger wurden erschossen, zehn festgenommen. „Das erleben wir hier leider quasi täglich“, erklärte Nationalpark-Sprecher Isaac Phaahla.

Experten schätzen, dass heute nur noch 20.000 Nashörner in Südafrika leben, rund 82 Prozent der weltweiten Population. Vor allem in Asien gilt ihr Horn als Machtsymbol. In der traditionellen chinesischen Medizin wird es als Allheilmittel eingesetzt – bei Männern soll es dem Aberglauben nach gar die Potenz steigern. Auf dem Schwarzmarkt erzielt ein Kilo Rhinozeros-Horn rund 57.000 Euro und damit einen höheren Preis als dieselbe Menge Gold oder Kokain. Während die Zahl der getöteten Nashörner im Krüger-Nationalpark 2017 leicht zurückging, stieg die der gewilderten Elefanten um fast die Hälfte.

Experte sieht den Versuch im Krüger-Nationalpark skeptisch

Auch Gewerkschaftsführer December Mavuso ist der Ansicht, dass die Lügendetektortests das Potenzial haben, es den Wilderern schwerer zu machen. Aber er erinnert an die grundlegenden Missstände, die das blutige Geschäft befeuern: Armut und Arbeitslosigkeit. „Es ist traurig, dass in Südafrika täglich Nashörner sterben. Doch wir dürfen nicht die Marginalisierung der lokalen Bevölkerung aus den Augen verlieren, die die Wilderei entscheidend vorantreiben kann.“

Ross Harvey, Experte für Umweltressourcen an Südafrikas Institut für Internationale Angelegenheiten, sieht den Versuch im Park skeptisch. „Alle Untersuchungen haben gezeigt, dass positive Motivation das Problem eher löst als strafende, angstbasierte Herangehensweisen.“ Zudem erweckten die teuren Lügendetektortests den Eindruck, „als wolle man ein Symptom tiefer struktureller Probleme mit einem Pflaster behandeln“, sagte Harvey. Es müsse nicht nur die Nachfrage nach Elfenbein und Rhinozeros-Horn verstärkt bekämpft werden. Auch die Bevölkerung rund um den Park sollte von einer gleichmäßigen Verteilung der Einnahmen aus dem Ökotourismus profitieren.

Das größte Problem aber bestehe weiter auf politischer Ebene. Die Verantwortlichen müssten deutlich ein globales und nationales Handelsverbot für Produkte bedrohter Tiere einfordern. „Die Korruption in den höchsten politischen Ämtern muss endlich bekämpft werden. Andernfalls wären Lügendetektortests für Ranger nur ein Deckmantel, hinter dem diverse Minister weiter straffrei agieren.“

Harvey spielt unter anderem auf den Einfluss an, den die Befürworter des Wildtierhandels immer noch besitzen. So löste in Südafrika 2017 eine Auktion Kritik aus, bei der der Großwildfarmer John Hume mehr als 500 Kilo Rhinozeros-Horn versteigern ließ – trotz internationalen Handelsverbots. Einzige Auflage war, dass die begehrte Ware das Land nicht verlassen durfte.

Aber Tierschützer zweifelten. „Wenn nur eine skrupellose Person an eine Kaufgenehmigung herankommt, kann das gesamte Horn durch sie ausgeschleust werden. Käufer werden einen Weg finden, jegliche Kontrollmechanismen zu umgehen“, sagte der Kapstädter Umweltanwalt Cormac Cullinan.

Streit über den richtigen Weg, um Tiere zu schützen

Ob Körperteile bereits getöteter Tiere verkauft werden sollten, um lebende Nashorn- und Elefantenpopulationen zu schützen, darüber streiten die Experten. Der südafrikanische Umweltökonom Michael 't Sas-Rolfes ist überzeugt: „Die Wilderei ist gestiegen, weil wir falsch reagiert haben und auf die hohe Nachfrage in Asien das Angebot weiter einschränkten. Dadurch stiegen die Preise und zugleich die Belohnung für die Wilderer.“

Naturschutzorganisationen wie etwa der WWF zweifeln an diesem umstrittenen Schutzkonzept. Sie feierten zu Jahresbeginn einen Etappensieg, als China den Handel mit Elfenbein verbot. Der Verkaufsstop am größten Elfenbeinmarkt der Welt soll dazu beitragen, Afrikas bedrohte Elefantenherden zu schützen.

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