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 Die MS Deutschland, auch als "Traumschiff" bekannt. Bei einer Fahrt nach Südamerika gab es Grundberührung. Wie bei der Havarie der Costa Concordia war das Schiff zu nah ans Ufer gesteuert worden, damit die Passagiere einen besseren Blick haben sollten.

© dpa

Kurz nach Costa Concordia: Auch Traumschiff MS Deutschland fuhr zu nah ans Ufer und lief auf Grund

Das "Traumschiff" MS Deutschland ist zwei Tage nach der Havarie der Costa Concordia kurz auf Grund gelaufen. Ein Untersuchungsbericht enthüllt: Der Kapitän hatte dasselbe Motiv.

Nur zwei Tage nach der Havarie der „Costa Concordia“ ist auch das Kreuzfahrtschiff „MS Deutschland“ zu dicht an eine Sehenswürdigkeit herangefahren und dabei kurz auf Grund gelaufen. Das wurde erst jetzt durch einen Untersuchungsbericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) bekannt.

Der Unfall ereignete sich am 15. Januar 2012 in einem südchilenischen Fjord, als die Besatzung des auch als ZDF-„Traumschiff“ eingesetzten Kreuzfahrers möglichst nah an einen eindrucksvollen Gletscher heranfahren wollte. Die „Grundberührung“ richtete zwar keine Schäden an und wurde von der BSU als „weniger schwerer Seeunfall“ eingestuft. Doch heißt es in dem Behördenbericht auch: „Niemand mag sich vorstellen, was ein Schiffbruch bei winterlichen Temperaturen, weit entfernt von jeglicher Zivilisation, für die 443 Personen an Bord zur Folge hätte haben können.“

Der erfahrene Lotse wurde gefragt, ob man näher ran könne

Das "Traumschiff" MS Deutschland fuhr durch die südchilenische Inselwelt Laut BSU-Bericht soll sich der Vorfall so abgespielt haben: Auf einer Rundreise durch die südchilenische Inselwelt sei das 175-Meter-Schiff auch durch den nördlichen Arm des Beagle-Kanals gefahren, der häufig bei Kreuzfahrten angesteuert wird. Wenige Minuten vor dem Erreichen des Gletschers Ventisquero Italia habe die Schiffsführung den chilenischen Lotsen gefragt, ob man dichter als geplant an den Gletscher heranfahren könne, um den Passagieren einen bestmöglichen Eindruck zu verschaffen. Der als erfahren geltende Lotse habe dem zugestimmt.

Distanz zum Ufer verringerte sich, es gab Grundberührung

Mit verringertem Tempo dürfe sich das parallel zum Ufer fahrende Schiff der Küste bis auf drei Kabellängen (555 Metern) nähern. Tatsächlich habe sich die Distanz aber auf zwei Kabel (370 Meter) verringert – vermutlich wegen des Seitenwindes und weil eine „effektive Kontrolle der Bahnführung“ gefehlt habe. Als der Kreuzfahrer bereits wieder auf die Fjordmitte zusteuern wollte, kam es laut BSU-Bericht zu der Grundberührung an der rechten Seite. Das Schiff habe sich leicht zur anderen Seite geneigt, sich dann wieder aufgerichtet „und kam unmittelbar danach wieder frei“. Die Besatzung habe keine Schäden entdeckt, die Passagiere mit Durchsagen beruhigt und das Schiff mit verschiedenen Maschinen- und Rudermanövern wieder in die Fjordmitte gesteuert. Beim nächsten regulären Hafenstopp hätten Taucher keine relevanten Schäden festgestellt.

Als Ursache des Unfalls müsse „die Entscheidung der Schiffsführung gesehen werden, dichter als vorher geplant an den Gletscher heranzufahren, obwohl ihr keine Seekarten mit Tiefenangaben für dieses Seegebiet zur Verfügung standen. Diese Entscheidung basiert möglicherweise auf der Annahme, den Passagieren ‚etwas bieten‘ zu müssen“, schreibt die Bundesbehörde. Nach Einschätzung der MS-Deutschland-Reederei Peter Deilmann dürfte der Kapitän gewusst haben, dass zwei Tage zuvor die „Costa Concordia“ verunglückt war. Dennoch sah die Reederei keinen Grund für Konsequenzen, wie eine Sprecherin am Dienstag dem Tagesspiegel sagte. Der Kapitän musste die Firma inzwischen wegen einer anderen Auseinandersetzung verlassen.

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