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Abfahrt auf der weißen Piste. Michael Schumacher, hier im italienischen Skigebiet Madonna di Campiglio, trug auch beim Unfall Helm. Foto: Giorgio Benvenuti/dpa

© dpa

Panorama: Langsames Erwachen

Ärzte holen Ex-Rennfahrer Michael Schumacher nach seinem Skiunfall aus dem künstlichen Koma.

Grenoble/Berlin - Michael Schumacher wird langsam aus dem künstlichen Koma geholt. Rund einen Monat nach dem Skiunfall des Formel-1-Rekordweltmeisters bestätigte seine Managerin Sabine Kehm: „Michaels Narkosemittel werden seit kurzem reduziert, um ihn in einen Aufwachprozess zu überführen, der sehr lange dauern kann.“ Das bis dahin letzte offizielle Statement hatte es am 17. Januar gegeben. Darin hatte es geheißen, dass Schumachers Zustand weiter stabil sei, von den Medizinern aber als kritisch angesehen werde.

Das „künstliche Koma“, in das ein schwer Schädel- Hirn-Verletzter auf der Intensivstation versetzt wird, ist eine tiefe Narkose, die mit künstlicher Beatmung und Ernährung einhergeht. Neurologen und Intensivmediziner sind sich einig, dass sie so lang wie nötig, aber so kurz wie möglich dauern sollte. Nötig ist sie zum Schutz des Gehirns vor weiteren Schäden durch die Schwellungen und Blutungen, die es beim Unfall erlitten hat – und zum Schutz des Patienten vor Schmerz, Angst und Stress.

Doch die Langzeitnarkose mit Schmerz- und Beruhigungsmitteln birgt Gefahren: Zunächst steigt das Risiko für Lungenentzündungen und anhaltende Schwäche der Nerven und Muskeln. Deshalb wird heute auf Intensivstationen für eine frühe Mobilisierung, noch unter der Beatmung, gesorgt. Problematisch an der Langzeitnarkose ist auch, dass die behandelnden Ärzte nur schwer beurteilen können, wie es um den neurologischen Zustand ihres Patienten steht.

Aus all diesen Gründen versuchen Intensivmediziner deshalb heute, Patienten nach einem schweren Schädel-Hirn- Trauma möglichst früh von einer tieferen zu einer flacheren Narkose zu führen. Und zwar nach Protokollen, die von den Fachgesellschaften in Leitlinien fixiert wurden. Sobald die Verletzungen des Gehirns und der dadurch entstandene Druck das zulassen, wird die Medikamentendosis verringert. Die flachere Narkose und die Aufwachversuche setzen aber voraus, dass engmaschig kontrolliert wird, wie der Patient reagiert, ob der Kreislauf stabil ist und ob Schmerzen und Zeichen von Stress oder auch spezielle Entzugserscheinungen auftreten. Ein wichtiges Thema ist dabei auch die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung, das sogenannte „Weaning“.

Ob der Patient wieder aufwacht und zu Bewusstsein kommt, wenn die Wirkung der Medikamente nachlässt, ist nicht in jedem Fall vorherzusagen. Es ist oft eine Frage von Wochen. Und es hängt davon ab, wo genau und wie sehr sein Gehirn geschädigt wurde – nicht durch die Medikamente auf der Intensivstation, sondern durch seinen schweren Unfall.

Öffentliche Prognosen zu Schumachers Zustand und möglichen Folgen hatten die Ärzte vom ersten Tag an abgelehnt, nachdem Schumacher ins Krankenhaus gebracht worden war. Er war am 29. Dezember gestürzt, als er etwa drei Meter neben einer markierten Piste in Méribel gefahren war. Eigentlich hatte er Silvester und auch seinen Geburtstag am 3. Januar wie schon häufiger mit Freunden und der Familie in seinem Winterdomizil feiern wollen. Stattdessen war er in der Klinik von Grenoble notoperiert worden.

Auf der Homepage von Schumachers Ex-Rennstall Ferrari läuft seit einiger Zeit eine Kampagne mit 72 Grußbotschaften von Angestellten – 72 ist die Anzahl von Schumachers Siegen für die Scuderia. Jüngst hatte dort der Sohn von Firmengründer Enzo Ferrari eine emotionale Botschaft veröffentlicht. „Lieber Michael, Du hast so viele Jahre bei Ferrari verbracht, Du bist einer von uns“, schrieb Piero Ferrari: „Wir warten auf Dich.“ dpa/aml

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