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Leibrente für Mörderin: Türkischer Lokalpolitiker bietet Vergewaltigungsopfer Hilfe an

Eine junge Türkin hat ihren Vergewaltiger getötet, enthauptet und seinen Kopf auf den Dorfplatz geworfen. Der Fall sorgte im Land für viel Aufsehen. Nun bekommt die Frau Unterstützung aus der Politik.

Als ihr Mann in die südtürkische Stadt Antalya zog, um dort für einige Monate auf dem Bau zu arbeiten und so das Familieneinkommen aufzubessern, begann für die 26-jährige Nevin Yildirim die Hölle. Die junge Frau blieb mit ihren zwei Kindern in ihrem westtürkischen Heimatdorf Korukaya zurück und wurde bei Verwandten ihres Mannes untergebracht. Einer dieser Verwandten, Nurettin Gider, vergewaltigte die junge Frau regelmäßig und erzwang ihr Schweigen mit einer Waffe und mit der Androhung, das Verhältnis im Ort bekannt zu machen. Über Monate ging das so. Doch eines Tages wehrte sich Yildirim – auf drastische Weise.

Als der Vergewaltiger Gider eines Abends mit seinem Opfer durchbrennen wollte, entriss Yildirim ihm das Jagdgewehr, mit dem er sie bedroht hatte. Sie drückte ab – und zielte zuerst auf seine Genetalien. Trotz seiner Verletzungen versuchte Gider die Flucht, doch Yildirim verfolgte ihn durch das Haus auf den Hof und schoss weiter auf ihn. Als Gider schließlich liegen blieb, nahm die Frau ein Hackmesser und schlug ihm den Kopf ab.

In der türkischen Provinz, wo Vergewaltigungen häufig als Ehrverlust für die Frau gesehen und vertuscht werden, war nicht nur Yildirims Gegenwehr erstaunlich. Sie steckte den abgetrennten Kopf ihres Peinigers in einen Sack und warf ihn auf den nahen Dorfplatz, wo ihn alle sehen konnten. „Ihr braucht erst gar nicht hinter meinem Rücken zu tuscheln“, rief sie den geschockten Dorfbewohnern zu. „Spielt nicht mit meiner Ehre – hier ist der Schädel von einem, der es versucht hat.“

Wenig später wurde Yildirim festgenommen und in Untersuchungshaft gesteckt; laut Presseberichten ist sie schwanger, möglicherweise von ihrem Vergewaltiger. Unterdessen machte ihr Fall angesichts der fast täglichen Gewaltverbrechen an Frauen in der Türkei – nach einer Zählung des Internetportals Biant wurden seit Jahresbeginn mindestens 114 Frauen von Männern getötet – landesweit Schlagzeilen. Es kommt nicht häufig vor, dass sich ein Vergewaltigungsopfer in der Türkei wehrt und bei ihrer Gegenwehr so weit geht.

Nun stellt sich heraus, dass die junge Frau auch bei den Behörden einige Bewunderer hat. Tekin Bayram, Bürgermeister der Kreisstadt Yalvac in der Nähe von Yildirims Dorf, kündigte eine Leibrente für die vergewaltigte Mörderin an. Yildirim habe ihre Ehre verteidigt, ihren Vergewaltiger gerichtet und allen „Ehrlosen“ eine Lektion erteilt. Die Gesetze des Staates hätten die Frau dagegen nicht schützen können.

Natürlich wolle er keine Verbrechen gutheißen, sagte der Bürgermeister den türkischen Zeitungen. Doch auch wenn Yildirims Tat moralisch nicht richtig gewesen sei, so habe sie doch immerhin im Namen ihrer Ehre ein Verbrechen begangen. Yildirim habe getan, „was eine türkische und muslimische Frau tun musste“.

Bayram will deshalb dafür sorgen, dass Yildirim eine monatliche Rente von umgerechnet rund 60 Euro erhält und sich in der Gefängniszelle über Annehmlichkeiten wie einen Fernseher freuen kann. Er werde sich auch nach der zu erwartenden Haftstrafe um Yildirim kümmern, sagte der Lokalpolitiker.

In der türkischen Öffentlichkeit erntete Bayram für seinen Vorstoß teilweise Kritik; die Zeitung „Milliyet“ bezeichnete seine Ankündigung als „Ausrutscher“. Doch in den Kommentaren der türkischen Internetforen zeichnete sich viel Zustimmung für den Bürgermeister und auch für Yildirim ab. Die Frau müsse sofort aus dem Gefängnis entlassen werden, forderte ein Internet-Nutzer auf der Wensite des türkischen Nachrichtensenders NTV. Ein anderer fügte hinzu: „Alle Vergewaltiger müssten so bestraft werden.“

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