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Panorama: Leipzig: Gegen den Strich

Mit einer bundesweit einmaligen Jagd auf Freier hat die Polizei in Leipzig den Straßenstrich beseitigt. Autofahrer, die immer wieder an den auf und ab gehenden Damen langsam vorbeifahren, werden gefilmt, ihre Kennzeichen werden notiert, und anschließend gibt es eine Vorladung bei der Kriminalpolizei.

Mit einer bundesweit einmaligen Jagd auf Freier hat die Polizei in Leipzig den Straßenstrich beseitigt. Autofahrer, die immer wieder an den auf und ab gehenden Damen langsam vorbeifahren, werden gefilmt, ihre Kennzeichen werden notiert, und anschließend gibt es eine Vorladung bei der Kriminalpolizei. Der Vorwurf lautet ausgerechnet "Belästigung im Verkehr". Die Freier müssen Rede und Antwort stehen, um zur "Aufklärung eines Sachverhalts beizutragen".

Passiert ist das Ganze im Zentrum von Leipzig, und zwar in der Nordstraße unmittelbar in der Nähe des Hotels "Intercontinental", wie Polizeisprecherin Birgit Schlegel berichtete. Die Innenstadt ist seit 1. Dezember Sperrbezirk für Prostitution. Beschwerden von Anwohnern hätten dazu geführt, dass sich das Ordnungsamt, die Staatsanwaltschaft und die Polizei bereits Anfang Juni an einen Tisch setzten und das Bündel der Maßnahmen beschlossen. "In dieser Konzentriertheit hat es so was noch nicht gegeben", sagte der Inspekteur der sächsischen Polizei, Helmut Spang.

Dabei war die Aufgabenverteilung genau bestimmt. Das Ordnungsamt ermittelte rund 200 Freier über die Kennzeichen ihrer Fahrzeuge, die Polizei filmte die "Kundschaft", und dann schlug sie Ende Juni zu. An zwei Tagen wurden 22 Damen des horizontalen Gewerbes im Alter zwischen 16 und 56 Jahren zur Polizei zitiert. Und um noch eins drauf zu setzen, ging die Polizei danach an die Öffentlichkeit und teilte mit, dass die Namen von rund 200 ermittelten Freiern in der Nordstraße den Sicherheitsbehörden bekannt seien und diese demnächst vernommen werden. Viele der Freier hätten die peinliche Post gar nicht erst abgewartet, sondern seien freiwillig zur Polizei gekommen, sagte Schlegel. Die Begründung sei so kurz wie auch einleuchtend gewesen. Sie wollten verhindern, dass ihre Familien etwas von der Stippvisite auf dem Straßenstrich mitbekommen. Diejenigen, die nicht aus freien Stücken gekommen seien, würden nun der Reihe nach vernommen. "Das nimmt noch viel Zeit in Anspruch."

Eines haben die Behörden mit ihrer Aktion schon jetzt erreicht. In der Nordstraße herrscht Ruhe, nachdem sich herumgesprochen hat, was da passiert. Für den Chef des Leipziger Ordnungsamtes, Günther Wassermann, ist klar, dass es in der Stadt überhaupt keinen Straßenstrich geben wird. "Wir wollen so was nicht." Schließlich gebe es in der Stadt sechs Bordellbetriebe.

Auf die bekannt gewordenen Freier warte in jedem Fall ein Ordnungswidrigkeitsverfahren, denn Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung besage, dass niemand über Gebühr im Verkehr belästigt werden dürfe. Die zwingende Logik: Als Belästigung gilt es, mehr als zwei Mal um die Damen des horizontalen Gewerbes herumzufahren.

In Dortmund überlegt man, zur Abschreckung hohe Bußgelder gegen Freier auf dem Straßenstrich zu verhängen. Und in Stuttgart hagelt es Platzverweise. Nur in Berlin hat die Polizei mit Prostituierten offenbar kein Problem. Prostitution sei nicht strafbar und werde deshalb nicht verfolgt. Sie sei ohnehin dabei, sich als anerkanntes Gewerbe zu etablieren, sagte ein Polizeisprecher.

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