zum Hauptinhalt

Panorama: Leitungen durch mehr Strom enteisen Hätte RWE den Ausfall verhindern können?

Münster - Wenn Hochspannungsleitungen wie vergangenes Wochenende in Westdeutschland zu vereisen drohen, kann man durchaus gegensteuern – zumindest in der Theorie. Im praktischen Alltag aber sind der Theorie enge Grenzen gesetzt.

Münster - Wenn Hochspannungsleitungen wie vergangenes Wochenende in Westdeutschland zu vereisen drohen, kann man durchaus gegensteuern – zumindest in der Theorie. Im praktischen Alltag aber sind der Theorie enge Grenzen gesetzt. So können die Stromnetzbetreiber in Extremwettersituationen mit Temperaturen unter null Grad und kräftigen Nass-Schneefällen bei einer Höchstspannungsleitung schon einmal eine der drei parallelen Leitungen abschalten. So fließt entsprechend mehr Strom durch die anderen beiden Leitungen. Dieser zusätzliche Saft erwärmt die Leitung stärker als bei schwächerer Belastung. So schmilzt ein Teil des sich bildenden Eispanzers weg und entlastet die Masten.

Die Leitung ohne Strom vereist allerdings umso stärker. Beim Höchstspannungsnetz kann man aber im Prinzip auch eine 100 Kilometer entfernte Leitung entlasten, wenn dort keine Vereisung droht. Dann wird entsprechend mehr Leistung durch die Leitungen im gefährdeten Bereich geschickt und der Abtaueffekt wirkt, erklärt der Elektroingenieur Heiko Neus von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen. Oder man schaltet zusätzliche große Verbraucher wie ein Pumpspeicherwerk ein, für deren Versorgung mehr Strom durch die Leitung geschickt werden muss.

Das Ganze funktioniert im Prinzip im Höchstspannungsnetz, stößt aber im Hochspannungsnetz mit einer geringeren Spannung rasch an seine Grenzen: Während das Höchstspannungsnetz ganz Europa umfasst, versorgt ein Hochspannungsnetz nur eine bestimmte Region, in der häufig die gleichen Wetterbedingungen herrschen. Schaltet der Betreiber also eine parallele Leitung ab, vereist diese mit Sicherheit und beschädigt dort das Netz. Passiert jetzt noch eine Panne im zusätzlich „enteisten“ Bereich, fällt dieser aus, ohne dass der Betreiber auf die normalerweise funktionierende Parallelleitung zurückgreifen kann.

So passiert genau das, was eigentlich vermieden werden sollte: Das Netz bricht völlig zusammen. Ein großer Verbraucher wie ein Pumpspeicherwerk ist im ohnehin eher flachen Westdeutschland innerhalb des Hochspannungsnetzes auch nicht immer greifbar, wenn Vereisung droht. Genau dieses Hochspannungsnetz ist dann auch am letzten Wochenende zusammengebrochen, das Höchstspannungsnetz war dagegen nicht betroffen. Eben weil es dort mehr Ausweichmöglichkeiten gibt. rhk

-

Zur Startseite