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Panorama: Lieber Hartmut Mehdorn,

ich möchte Ihnen, dem Vorstandschef der Deutschen Bahn, an dieser Stelle gern von einem Erlebnis in Japan erzählen. Von einem Bahn-Erlebnis.

ich möchte Ihnen, dem Vorstandschef der Deutschen Bahn, an dieser Stelle gern von einem Erlebnis in Japan erzählen. Von einem Bahn-Erlebnis. Einem echten Erlebnis. Shinkansen heißt er, und ein Zug ist er. Oh, Shinkansen, du Blüte der Züge, wie du saust und gleitest, schwebst gleichsam, sssst, durch Japan. Von Tokyo aus um 13.46 Uhr, hui nach Kyoto, nach Osaka, hui nach Kobe. Vorbei an Häusern, vorbei an Reisfeldern und Häusern und Reisfeldern und Häusern und Reisfeldern und dann ist man schon da. Man hatte eigens einen Zeitpuffer eingeplant, dazu erzogen, dass Züge, mit so unpoetischen n wie ICE, nicht pünktlich sein können. Um 17.01 war man in Kobe, so war es vorgesehen laut Fahrplan, so war es geschehen. Fast hatte man es nicht geglaubt, kann ja nicht sein. Das ist doch noch nicht Kobe, hatte man die Mitreisenden gefragt, hai, hai, hatten sie gesagt, ja, ja, Kobe, und ihe, ihe, nein, nein, keine Verspätung. Und zwischen Tokyo und Kobe liegen ungefähr ziemlich genau 571 Kilometer. 3 H, 15 Min., von Berlin aus kommt man an guten Tagen in der Zeit bis knapp vor Hamburg. Oh, Shinkansen.

Und immer ist Platz, keiner muss stehen, man kann reservieren oder auch nicht. Und, Herr Mehdorn, es gibt auch viele Waggons für Raucher, und, Herr Mehdorn, die werden da behandelt wie richtige Menschen und nicht in einem Halbwaggon zusammengepfercht. Alle paar Minuten kommt eine freundliche – freundliche, Herr Mehdorn – junge Dame vorbei und bietet warme Gerichte an und kalte, Knabbereien und Süßwaren und zahlreiche Getränke. Die könnte man auch im Automaten ziehen, die in jedem Waggon stehen, aber so ist es doch viel schöner. Es gibt allerdings kein überfülltes Bistro, in dem sich die Raucher drängen, die keinen Platz mehr gefunden haben. Und, Herr Mehdorn, man glaubt es kaum, man kann Getränke und Essen bezahlen ohne eine Hypothek auf Haus und Hof aufzunehmen. Eine Tasse Kaffee kostet 300 Yen, drei Euro also, das ist der gleiche Preis wie eine Tasse Kaffee überall im Land kostet. Und da ergeben sich jetzt zwei Fragen, Herr Mehdorn: Gibt es im ICE auch etwas, was genausoviel kostet wie überall im Land? Und, was gibt es bei der Mitropa für drei Euro? Oh Shinkansen!

Ihr Helmut Schümann

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