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Panorama: Liebesgrüße aus Old Europe

Ein Deutscher in New York: Wie Max Raabe in einem Wiener Kaffeehaus in Manhattan das Publikum begeistert

Was ist das Wertvollste in einer Stadt wie New York? Stille! Ein paar Minuten Ruhe vor dem Strassenlärm, den hupenden Autos, dem Bauarbeiterkrach. So gesehen, waren die drei Konzerte, die Max Raabe jetzt in New York gegeben hat, unendlich wertvoll. Denn der Sänger verwöhnte die Großstädter mit feinen, leisen Tönen.

Die Ausgangsbedingungen waren aber auch ideal: Denn der Saal im edlen Museum „Neue Galerie" an der Fifth Avenue ist bestens schallisoliert. Während also draußen die gelben Taxis und die klapprigen Busse vorbeirauschten, gab es drinnen Balsam für die gestressten Seelen.

Einen idealeren Platz hätte sich Max Raabe für sein New Yorker Debut nicht aussuchen können.

Die Leute stehen Schlange

Das tatsächlich auf Deutsch benannte Museum lockt die Besucher nicht nur mit Serge Sabarskys exquisiter Sammlung österreichischer und deutscher Kunst, sondern auch mit einem echten Wiener Kaffeehaus. Seit der Wahl-New-Yorker und Szene-Koch Kurt Gutenbrunner im vergangenen November hier eine Dependance seines In-Lokals „Wallse" eröffnete, stehen die Leute nachmittags Schlange, um Guglhupf und Melange zu genießen. Ausserdem gibt es jeden Donnerstag ein „Kabarett"-Dinner mit anschließender Abendunterhaltung, das in allerhöchsten Kreisen sehr beliebt ist. Den entscheidenden Tipp, doch einmal Max Raabe für diese Konzertreihe einzuladen, bekamen die Leute von der „Neuen Galerie" übrigens von der Schauspielerin und bekennenden Raabe-Anhängerin Barbara Suckowa. Weil die zwei angesetzten Termine in Windeseile ausverkauft waren, schob der Chansonnier kurzfristig sogar noch einen dritten Auftritt dazwischen. Kein schlechter Start.

So betritt Max Raabe im tadellos sitzenden Frack den Kaffeehaus-Saal, um den New Yorkern seine musikalischen Sahnestückchen der Zwanzigerjahre zu servieren. Er, der es längst gewöhnt ist, in den ganz großen Sälen aufzutreten, der mit seinem Palast-Orchester sogar die Waldbühe füllt, lässt sich diesmal nur von seinem Pianisten Chistoph Israel begleiten – wie ein Opernsänger, der zwischendurch auch immer mal wieder gerne einen intimen Liederabend vor handverlesenem Publikum gibt. Und tatsächlich zeigt Max Raabe hier, wo ihm keine Tontechnik hilft, wo er sich nicht hinter Showeffekten verstecken kann, wie profund seine klassische Gesangsausbildung ist.

Auf die Hits verzichtet er

Alle seine Hits lässt er weg, der „Grüne Kaktus" fehlt und auch „Kein Schwein ruft mich an". Dafür gibt es jede Menge elegante Pianissimo-Töne, feinsinnige Sprachspielereien und sogar ein gepfiffenes Duett mit dem Klavierspieler. „Es ist mir absolut klar, dass ich hier wie ein Alien von einem fremden Stern wirke", sagt Max Raabe nach dem Konzert im Gespräch. Aber das ist ja gerade sein Trumpf: Dass er in der Welthauptstadt des Entertainment nicht versucht, den amerikanischen Profis auf ihrem Spezialgebiet Konkurrenz zu machen, sondern, dass er sich so erzeuropäisch gibt, wie er nun einmal ist. Mögen die meisten im Saal die Wortspielereien auch nicht verstehen – mit einem Augenbrauen-Zucken, einem kecken Blick ins Publikum übersetzt Max Raabe alles, was man wirklich wissen muss.

Derzeit begegnen dem Besucher aus Berlin übrigens in der „Neuen Galerie" nicht nur der Exportschlager Max Raabe, sondern auch eine Reihe von Meisterwerken aus der heimischen Nationalgalerie, die hier gezeigt werden, während in Berlin das New Yorker Museum of Modern Art gastiert. Das MoMA ist in der deutschen Hauptstadt unzweifelhaft der Star. Wer in New York talk of the town werden will, hat es ungleich schwerer. Doch andererseits: Von den richtigen Leuten ein wenig gemocht zu werden, ist ja auch nicht zu verachten, oder?

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