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Panorama: Liegt Jesus noch im Grab?

„Titanic“-Regisseur James Cameron hat einen Dokumentarfilm gedreht. Eine Sensation. Oder auch nicht

Es wäre die Archäologie-Sensation des Jahrhunderts, ja des Jahrtausends. Wenn tatsächlich der Beweis erbracht ist, dass die Sarkophage von Jesus und seiner Familie gefunden worden sind. Vieles spricht dafür.

Jesus – wo ist er geboren, wo liegt sein Grab? Zwar steht die Geburtskirche im jüdäischen Bethlehem südöstlich von Jerusalem. Doch gemäß den meisten modernen Religionshistorikern ist Jesus von Nazareth tatsächlich im galiläischen Nazareth geboren. „Das Heilige Grab“ wiederum liegt in der Ost-Jerusalemer Altstadt. Die westlichen Konfessionen sprechen von der Grabeskirche, die Orthodoxen von der Anastasis, der Auferstehungskirche. Für Anglikaner und Freikirchliche liegt freilich Jesus’ Grab, das sogenannte Gartengrab, außerhalb der Altstadtmauer, unweit des Damaskustores.

Weder noch, beides stimmt nicht – so die These eines Dokumentarfilmes, der gute Beweise vorlegen will. In diesem Film geht es um eine ebenfalls in Jerusalem gelegene Grabhöhle. Von dieser sind die hochangesehenen Produzenten des Filmes nach dreijähriger Forschungsarbeit zur Überzeugung gekommen, dass es sich dabei um die Grabhöhle der Familie Jesus handelt. Die Beweise für ihre sensationelle These wollen sie am Montag auf einer Pressekonferenz in New York vorlegen. Die israelische Zeitung „Yedioth Ahronoth“ brachte aber bereits in ihrer Wochenendausgabe exklusiv einen Vorbericht über den Film und die Thesen von Produzent Simcha Jacobovici und Regisseur James Cameron, dem legendären Oscar-Preisträger und Regisseur von „Titanic“.

Unbestrittene Tatsachen sind: Bereits im Jahre 1980 entdeckten Archäologen im Jerusalemer Stadtviertel Talpiot eine Höhle mit zehn 2000 Jahre alten Sarkophagen. Die Steinsärge wurden bei der israelischen Antiquitäten-Behörde in Beit Shemesh eingelagert.

Erst vor zehn Jahren gab der international bekannte israelische Archäologe Professor Amos Kloner nicht nur den Fund bekannt, sondern auch, dass in die Deckel von sechs der Sarkophage Namen eingemeißelt seien, die er decodieren konnte. Die Namen: Jesua bar Josef (Jesus Sohn des Josef), Maria, Maria (wohl Maria Magdalena), Matia (Matthäus), Jofa (Josef, identifiziert als Jesus’ Bruder), Jehuda bar Jesua – gemäß den Filmemachern handelt es sich um den Sohn von Jesus.

Zwei der Sarkophage werden auf der Pressekonferenz in New York erstmals der Öffentlichkeit gezeigt werden. Drei Jahre haben die Filmemacher mit bekannten Wissenschaftlern, Archäologen, Statistikern, Altertums-Experten und DNA-Spezialisten in Laboratorien, Forschungsinstituten und Filmstudios an dem Streifen gearbeitet. Es handelt sich dabei um eine Gemeinschaftsproduktion des Discovery-Channels, des britischen Channel 4, der kandadischen Vision und des israelischen Kanals 8. Erst mittels dieser intensiven Zusammenarbeit soll es nun gelungen sein, definitiv die Feststellung zu treffen, dass man die Grabstätten der Familie Jesus gefunden habe.

Noch sind viele Fragen unbeantwortet geblieben. Vielleicht werden die wichtigsten am Montag beantwortet werden: Waren in den Sarkophagen Skelette, Spuren von Leichenteilen? Wenn ja, in welchen? Undenkbar die Reaktionen der offiziellen Kirchen, wenn Jesus’ Sarkophag nicht total leer war. Denn schließlich ist der Gottessohn am dritten Tag nach der Kreuzigung aus seinem Grab auferstanden. Doch auch sonst werden sich die Kirchenführer und deren loyale Theologen schwer tun: mit der Grabeshöhle von Talpiot, den zehn Sarkophagen, den Namensinschriften auf sechs der Steinsärge und der These, Jesus und fast seine ganze Familie hätten gemeinsam ihre 2000-jährige Ruhe zwar in Jerusalem, aber weitab der heiligen Stätten gefunden. Die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) beeilte sich ganz schnell, einen Kritiker zu Wort kommen zu lassen. Der an der Untersuchung der Grabhöhle beteiligte Archäologe Amos Kloner sagte KNA: „Ich halte es für reinen Zufall, in einer Jerusalemer Höhle Ossuarien mit den Namen von Familienangehörigen des biblischen Jesus gefunden zu haben.“ Es sei „ausgeschlossen, dass sich mehrere Generationen einer Familie aus Nazareth in Jerusalem begraben ließen.“

Archäologen, so schreibt KNA, haben in Jerusalem bereits Dutzende solcher Grabhöhlen entdeckt. Viele Ossuarien tragen die damals weit verbreiteten Namen Maria, Josef oder Jesus.

Es waren Allerweltsnamen.

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