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© dpa

Lötschbergtunnel: Ein Zeichen für Schweizer Willenskraft

Nach achtjähriger Bauzeit ist der Schweizer Lötschberg-Basistunnel unter den Alpen feierlich eingeweiht worden. Das Bauwerk ist der drittgrößte Bahntunnel der Welt.

Wieder einmal haben die Schweizer ein Bauwerk fertig gestellt, von dem zunächst sowohl die Mehrheit im Lande wie auch in Europa nicht richtig geglaubt hat, dass es jemals Wirklichkeit wird. Zumindest bis 2016 wird der am Freitag in Betrieb genommene, fast 35 Kilometer lange Lötschbergtunnel zwischen Frutigen im Kanton Bern und Raron im Wallis der längste Tunnel Europas und der drittlängste der Welt sein: Dann werden wieder die Alphörner geblasen und die Schweizer Willenskraft gepriesen, wenn der Gotthard-Basistunnel mit 57 Kilometern Länge den Betrieb aufnimmt - dann der längste Tunnel der Welt. Und dies alles, weil Europa den Schweizern einst 40 Tonnen schwere Lastwagen durch ihr schönes Land schicken wollte. Um dies zu vermeiden, ließen sich die Eidgenossen einiges einfallen.

Fünf Volksabstimmungen gab es, die letztlich zum Bau des Lötschbergtunnels für den Eisenbahnverkehr führten. Die wichtigste war 1994, als die Schweizer ihre Regierung und ihr Parlament überstimmten und den Alpenschutzartikel annahmen. Dieser soll verhindern, dass die Autobahnen für den Alpentransitverkehr weiter ausgebaut und für 40-Tonnen-Lastwagen zugelassen werden. Vielmehr verlangten die Schweizer, den Lastwagenverkehr so weit wie möglich auf die Schiene zu verlagern. "Ich bin stolz darauf, dass das Schweizer Volk so entschieden hat", sagte der Schweizer Verkehrsminister Moritz Leuenberger. Er war es unter anderem, der das Projekt voranzutreiben hatte und nun mit weißem Schutzhelm auf dem Kopf überglücklich Vollzug melden konnte.

Verkehrsminister: "Europa sieht, zu was Schweizer fähig sind"

Ein Vollzug, der in der Schweiz physisch zu spüren ist. Fuhren im Jahr 2000 noch etwa 1,5 Millionen Lkw im Nord-Süd-Verkehr durch die Schweiz, sind es derzeit weniger als 1,2 Millionen. Nur noch 650.000 sollen es sein, wenn der Gotthardtunnel fertig ist. Die Schweiz hat zur Finanzierung der Baustellen und zur Abschreckung eine Lkw-Maut eingeführt, die ihresgleichen in Europa sucht. Immerhin zahlt ein Lastwagen bei der Durchfahrt für rund 300 Kilometer 183 Euro - in Deutschland sind es nur 36 Euro. "Wenn Europa uns folgte, dann sähe es bei der Verlagerung von der Straße auf der Schiene deutlich besser aus", meint Leuenberger dazu. "Man hat unsere Vorstellungen als illusionäre Fantastereien abgetan. Jetzt haben wir gehandelt und Europa sieht, zu was Schweizer fähig sind."

Die Geschichte der Alpentunnel in der Schweiz begann bereits 1708, also etwa 100 Jahre vor dem Start der Eisenbahn. Mit 64 Metern war das "Urnerloch" bei Andermatt der erste Tunnel auf einer Alpenstraße für Güter- und Personenverkehr. 1882 eröffnete der Gotthard-Eisenbahntunnel - damals mit 15 Kilometern der längste Tunnel der Welt. 1907 folgt der Simplon-Basistunnel mit 19 Kilometern Länge. Und 1980 wurde der Gotthard-Straßentunnel eröffnet, dessen 17 Kilometer lange Röhre im Jahr Millionen von Autofahrern und 40 Millionen Tonnen Güter auf dem Weg in den Süden passieren.

Wallis hofft auf mehr Fremdenverkehr

Jetzt sind die Schweizer ihrem Ziel, die Alpen auf der Höhe von München - also auf etwa 600 Meter Höhe - zu durchqueren, wieder näher gekommen. Ein Güterzug soll von Rotterdam bis Brindisi in Italien ohne zweite Lokomotive fahren können. Mit den beiden neuen Tunneln können bis zu 1,5 Kilometer lange und 4000 Tonnen schwere Güterzüge dies schaffen. Und es gibt einen angenehmen Nebeneffekt: Der Kanton Wallis hofft auf deutlich mehr Fremdenverkehr, ist er doch jetzt schneller etwa aus der Haupstadt Bern zu erreichen. Passagierzüge können den Lötschberg mit bis zu 250 Stundenkilometern passieren. (Von Heinz-Peter Dietrich, dpa)

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