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19 tote Urlauber. Die Absturzstelle in der Nähe von Luxor.

© AFP

Luxor: Überlebender des Ballonunglücks ist total verstört

Ein Brite überlebte wie durch ein Wunder. Er trug bei dem Ballonunglück in Ägypten nur Schürfwunden davon. Berichte über skandalöse Zustände.

Der Unglückspilot liegt mit schwersten Verbrennungen im Militärkrankenhaus von Kairo. Manchmal ist Momin Mourad Ali für einige Minuten bei Bewusstsein, dann kann er kaum die Augen aufhalten, berichtet seine Schwester Marwa. „Immer wenn er aufwacht, fragt er nach den Gästen.“ Bisher jedoch habe es niemand übers Herz gebracht, ihm die schreckliche Wahrheit zu sagen. Der einzige überlebende Tourist, der britische Ingenieur Michael Rennie, konnte zunächst gar nicht fassen, dass er das Drama nur mit ein paar Schürfwunden überlebte. Er ist total verstört, trauert um seine Frau Yvonne und weigerte sich im Krankenhaus, mit irgendjemanden zu sprechen. Am Wochenende flog er von Kairo zurück nach Hause. Alle anderen 19 Passagiere verloren bei der Ballontragödie in Luxor ihr Leben – es ist weltweit das bisher schwerste Unglück dieser Art.

Ägyptens Staatsanwaltschaft ermittelt. Gleichzeitig kommen immer mehr fragwürdige Einzelheiten zutage. Die Kritik konzentriert sich vor allem auf die ägyptischen Aufsichtsbehörden, das Ausbildungsniveau der Ballonpiloten allgemein und das konkrete Verhalten des schwer verletzten Unglücksfahrers. Dieser habe falsch reagiert, sei als Erster abgesprungen, statt das Gasventil zu schließen oder den Brand mit dem Feuerlöscher an Bord zu bekämpfen, sagte einer der Ermittler und sprach von menschlichem Versagen. Seit der Revolution „geht alles drunter und drüber“, schimpft auch Mohammed Osman, Chef der Tourismuskammer von Luxor. Die Kontrolleure der staatlichen Luftfahrtbehörde täten ihre Arbeit nicht. „Sie prüfen nicht den Zustand der Ballone und unterschreiben einfach nur die Lizenzen.“ Beim jährlichen Praxistest der Piloten seien ein Mitarbeiter der Firma sowie ein staatlicher Kontrolleur mit an Bord, der jedoch „keine spezielle Ahnung vom Ballonfliegen hat“, erläuterte der Vorsitzende der britischen Ballonvereinigung, Phil Dunnington, dem „Guardian“ in London. Dieser Beamte sei nicht in der Lage, die Kompetenz eines Piloten zu beurteilen, er solle lediglich bestätigen, dass der vorgeschriebene Testflug stattgefunden habe. „In Ägypten existiert keine fachkompetente und objektive Überwachung der Ballonpiloten.“ Training und praktische Fähigkeiten seien „sehr schwach“.

Nach bisherigem Kenntnisstand befand sich der Ballon im Landeanflug, schwebte bereits drei Meter über dem Boden, als eines der Lande-Seile sich um den Butangasschlauch zum Heißluftbrenner wickelte, ihn abriss und an Bord ein Feuer auslöste. Ein anderer Ballonpilot, der zum Zeitpunkt des Unglücks über Walkie-Talkie mit dem Unglücksfahrer in Verbindung stand, hörte ihn rufen: „Alle raus“, bevor er selbst lichterloh brennend in die Tiefe sprang – gefolgt von dem einzigen überlebenden britischen Passagier. Der dadurch plötzlich erleichterte Ballon wurde zunächst ein ganzes Stück in die Höhe katapultiert, als weitere Insassen absprangen. Sie waren sofort tot, während das steuerlose Gefährt brennend weiter gen Himmel stieg. Ein Video aus einem Nachbarballon zeigt die letzten Sekunden: Aus der Gondel quillt dichter, schwarzer Rauch, dann kollabiert die Hülle und alles rast in die Tiefe. Ein Tourist aus Hongkong, der sich in letzter Sekunde entschlossen hatte, am Boden zu bleiben, musste fassungslos mitansehen, wie seine ganze Familie – Frau, Sohn, Tochter und Schwager – in den Tod stürzte.

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