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Marco sitzt wieder auf der Anklagebank

© dpa

Marco W.: Scharfe Kritik am Gericht

Die Richter in Antalya wiesen erneut eine Entlassung von Marco aus der Untersuchungshaft ab. Der deutsche Anwalt des Jungen kritisiert das Gericht stark, auch die CDU-Europaabgeordnete Eva Klamt bemängelt den langsamen Fortschritt der Verhandlung.

Der deutsche Schüler Marco W. bleibt in der Türkei weiterhin in Untersuchungshaft, bestätigte sein türkischer Anwalt Mehmet Iplikcioglu. Marcos deutscher Anwalt Michael Nagel sagte, zur Begründung habe das Gericht angegeben, dass wegen der Schwere des Vorwurfs und des Alters des möglichen Opfers eine so lange Untersuchungshaft rechtmäßig sei.

Auch dass die Richter keine ausführliche juristische Würdigung des Sachverhaltes lieferten, sei mit geltendem türkischen Recht nicht vereinbar. Alle Anträge auf Haftverschonung seien bisher mit der gleichen knappen Argumentation abgewiesen worden, so Nagel. "Diese Begründung kann man auch als keine Begründung bezeichnen." Nagel erklärte, er wolle sich in den nächsten Tagen mit seinen Anwaltskollegen und den Eltern von Marco über das weitere Vorgehen beraten. Es gehe nun darum, sachlich vorzugehen. "Wenn das Gericht das schon nicht kann, dann wollen wir das zumindest machen“, sagte der Jurist.

Auch die niedersächsische CDU-Europaabgeordnete Ewa Klamt hält das Vorgehen der türkischen Justiz gegen den Uelzener Schüler Marco W. "aus deutscher Sicht für unverhältnismäßig". Die Politikerin sprach von einer "unglaublichen Gratwanderung", die der Fall darstelle, in den drei Länder involviert seien. Es müsse auch gefragt werden, warum aus dem EU-Land Großbritannien über einen so langen Zeitraum keine Aussage des angeblichen Missbrauchsopfers beim Gericht eingegangen sei. Dafür könne Marco nichts. Es stelle langsam die Frage, ob Marco inzwischen nicht schon länger in Untersuchungshaft sitze, als eine mögliche Strafe im Falle einer Verurteilung lauten könne.

Klamt: Besser leise Töne anschlagen

Gleichwohl riet sie, sich in dem Fall mit öffentlichen Äußerungen zurückzuhalten, um den Jungen nicht zu gefährden. Es sei problematisch, von der Türkei einerseits eine freie Justiz einzufordern, andererseits aber zu intervenieren. Klamt verglich die Situation im Fall Marco mit der von Entführungsfällen. Hier helfe leise Diplomatie ohne Einbeziehung der Öffentlichkeit in der Regel besser. Bei allen leisen Tönen müsse jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Junge erst 17 Jahre alt und damit noch minderjährig sei.

Die Staatsanwaltschaft in Antalya wirft Marco vor, im April die 13-jährige Britin Charlotte M. vergewaltigt zu haben. Er bestreitet dies. Den kürzlichen Rückzug der zwei aus Marcos Heimatstadt Uelzen stammenden Anwälte aus dem Fall wollte Nagel nicht kommentieren. Es sei aber zutreffend, dass es von dem mutmaßlichen Missbrauchsopfer Charlotte "bis heute“ noch keine Zeugenaussage gebe. Bei der Niederlegung ihres Mandats in der vergangenen Woche hatten die Uelzener Rechtsanwälte Jürgen Schmidt und Nikolaus Walther den türkischen Anwalt von Charlotte diesbezüglich der Lüge bezichtigt: Dieser habe bereits Ende September vor Gericht aus einem "angeblichen Vernehmungsprotokoll“ des Mädchens zitiert. (mit ddp, AFP und dpa)

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