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Am Aschermittwoch beginnt die 40-tägige christliche Fastenzeit.

© dpa

Matthies meint: Das Böse wird immer schlauer

Beim Trendfasten geht es darum, mal auszuprobieren, ob bestimmte Dinge, die wir uns so angewöhnt haben, auch ein paar Tage wegbleiben können. Doch das wird immer schwieriger. Eine Glosse.

Wenn sich die Weltreligionen überhaupt auf irgendeine Idee verständigen können, dann ist es vermutlich das Fasten, oder, wie wir heute sagen: Detox. Bei den Tagen und Zeiträumen, die dafür geeignet sind, geht das Durcheinander allerdings schon wieder los. Spezifisch christlich sind die Tage zwischen Aschermittwoch und Ostern: „7 Wochen ohne“ ist ein neues evangelisches Konzept, das sich von der Haltung des Reformators Zwingli allerdings weit entfernt hat: Der aß am ersten Fastensonntag demonstrativ Wurst, um zu zeigen, dass das Wohlwollen Gottes von derlei Äußerlichkeiten nicht abhänge.

Aber Gott hin oder her – es geht beim Trendfasten offensichtlich eher darum, mal auszuprobieren, ob bestimmte Dinge, die wir uns so angewöhnt haben, auch mal ein paar Tage wegbleiben können. Und das wollen angeblich diesmal 59 Prozent der Deutschen, wie die Krankenkasse DAK jetzt repräsentativ ermittelt hat. Fleisch, Alkohol, Rauchen, das sind die Klassiker, aber in den vergangenen Jahren ist noch allerhand hinzugekommen: Fernsehen, Handynutzung, Facebook – allgemein also das Gefühl, dass im Netz das Böse lauert und in seine Schranken gewiesen werden will. Es handelt sich gewissermaßen um den Versuch, die versunkenen Vorsätze von Silvester zu reanimieren, und zwar alle auf einmal.

Das Böse lässt sich das sowieso nicht gefallen

Die meisten wollen übrigens die durch das Fasten gewonnene Zeit mit Freunden und Verwandten verbringen. Was sicher nicht einfach ist, wenn gleichzeitig auf Whatsapp, saftige Steaks, Bier und Zigaretten verzichtet wird und die Freunde und Verwandten andere Konzepte verfolgen.

Aber das Böse lässt sich das natürlich sowieso nicht gefallen. Die Mobilfunkmesse in Barcelona hat am Wochenende wieder eine Flut neuer Handys gezeigt, von denen es generell heißt, sie würden immer schlauer. Zweifellos sind sie inzwischen schlau genug, bei ihrem Besitzer jeden Ansatz von Digital Detox sofort zu erkennen und durch nerviges Gebimmel oder Gebrumme auszuhebeln. Und wenn dann der intelligente Kühlschrank auch noch Bier und Steaks nachbestellt, ist die selbst auferlegte Fastenkur schnell vorbei. Die Freunde und Verwandten werden sich darüber vermutlich richtig freuen.

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