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© dpa

Medienbericht: Rowohlt spendete für die SS

Der legendäre Verlagsgründer Ernst Rowohlt soll laut "Spiegel" in die Kriegs- und Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten erheblich heftiger verstrickt gewesen sein als bisher bekannt.

Ernst Rowohlt (1887- 1960) habe für die SS Geld gespendet, sei 1941 nicht halbherzig, sondern begeistert Offizier in Hitlers Wehrmacht geworden und habe an antisemitischen Propagandafeldzügen im Nahen Osten und im Kaukasus teilgenommen, berichtet das Nachrichtenmagazin in seiner neuen Ausgabe unter Berufung auf Unterlagen unter anderem des Berliner Bundesarchivs. Nach einer ersten Stellungnahme des heutigen Rowohlt-Chefs Alexander Fest hatte Ernst Rowohlt in der Nazizeit "laviert". "Er hielt das für notwendig, um den Verlag zu retten." Allerdings müsse man, wenn man sein Verhalten im ganzen sehe, auch festhalten, dass er sich von den Nazis "nicht einfach vereinnahmen ließ", argumentierte Fest.

"Tarnung jüdischer Schriftsteller"

Dem "Spiegel" zufolge soll Rowohlt vor seiner Brasilien-Fahrt der SS im Jahre 1940 in unbekannter Höhe gespendet haben. Rowohlt hatte 1938 Hitler-Deutschland verlassen. Nach Stationen in Zürich, London und Paris war er 1939 in Brasilien eingetroffen, wo seine Schwiegereltern lebten. Bereits 1933, kurz nach der Machtübernahme der Nazis, war rund die Hälfte der Verlagsproduktion verboten und verbrannt worden. 1938 weigerte sich Ernst Rowohlt, seine jüdischen Lektoren zu entlassen und erhielt von den Nazis Berufsverbot "wegen Tarnung jüdischer Schriftsteller". Aus dem Ausland kehrte er 1940 nach Deutschland zurück, um in der Wehrmacht zu dienen. 1943 wurde er laut "Spiegel" nach einem Lazarettaufenthalt "als Hauptmann d.R. vorläufig entlassen"; im November 1944 sei er als Volkssturm-Vorgesetzter wieder im Einsatz gewesen.

"Politisch unzuverlässig"

 Rowohlt habe 1946 geschildert, er sei "als politisch unzuverlässig" aus der Wehrmacht ausgeschieden. Laut "Spiegel" hat Rowohlt auch während seiner Brasilien-Zeit seine Beiträge als NSDAP-Mitglied gezahlt, was Zweifel an Rowohlts eigener Darstellung wecke, er sei 1939 "emigriert". Aus Unterlagen des Berliner Bundesarchivs gehe hervor, dass sich Rowohlt im August 1943 erfolgreich um eine Bestätigung seiner NSDAP-Mitgliedschaft bemühte und noch offene Mitgliedsbeiträge nachzahlte. Die im April 1940 erfolgte Streichung sei daraufhin zurückgenommen worden. Verlagschef Alexander Fest betonte, dass Rowohlt einerseits Zugeständnisse an die Nazis gemacht habe, aber nur um den Verlag zu retten und weiter seine Autoren publizieren zu können. "Meine eigene Einschätzung Ernst Rowohlts deckt sich übrigens mit dem Urteil Walter Benjamins, der 1939 an (den jüdischen Religionswissenschaftler Gershom) Scholem schrieb, dass Rowohlt politisch nicht ernst zu nehmen sei, aber immer einen Stein bei ihm im Brett haben werde, weil er so lange an seinem jüdischen Personal festhielt", resümierte Fest. (dpa/ps)

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