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Medikamententest: Wieder bei Bewusstsein

Von den sechs Männern, die nach einem Medikamententest in Großbritannien aufgrund von starken Nebenwirkungen in Lebensgefahr schwebten, haben mittlerweile vier das Bewusstsein wiederlangt. Zwei sind weiterhin in kritischem Zustand.

London - Trotzdem müssten sie noch eine «ganze Zeit lang» von Spezialisten betreut werden, sagte der behandelnde Arzt, Ganesh Suntharalingam. Die beiden anderen Männer befänden sich weiter in einem kritischen Zustand, obwohl es erste Anzeichen dafür gebe, dass sie auf die Behandlung ansprechen. Noch sei aber unklar, ob sich die sechs Patienten von den Folgen des Medikamententests je wieder vollständig erholen, warnte Suntharalingam.

Die Familie eines 21-jährigen hatte unter Berufung auf Ärzteinformationen berichtet, er könne bis zu einem Jahr im Koma liegen. Sämtliche innere Organe wie Herz, Niere, Lunge und Leber seien durch den verabreichten Testwirkstoff geschädigt worden. Die Angehörigen riefen medizinische Experten in aller Welt zur Mithilfe bei der Behandlung auf. Die Ärzte rätseln noch immer, was die starke allergische Reaktion ausgelöst hat. Für den Medikamentenversuch hatten sich die Männer im Alter von 18 bis 40 Jahren freiwillig gemeldet.

Prüfverfahren in Deutschland soll geändert werden

Britische Wissenschaftler versicherten am Freitag, dass Medikamententests in Großbritannien strikten Vorschriften unterliegen. Es müssten eine Reihe verschiedener Studien nachgewiesen und Dossiers vorgelegt werden, bevor ein Medikament am Menschen getestet werden könne, sagte Roberto Solari vom Rat für medizinische Forschung. Vor dem Hintergrund des fatalen Ausgangs des Medikamententests sollte das Prüfverfahren für neue Arzneiwirkstoffe in Deutschland geändert werden, sagte Johannes Löwer, Präsident des dafür zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts, der «Berliner Zeitung». «Künftig werden wir vorschreiben, dass neue Wirkstoffe nur noch nacheinander an Menschen getestet werden.»

Der Forschungschef des Pharmaunternehmens TeGenero aus Würzburg, Thomas Hanke, bestritt Berichte, wonach es bei Tierversuchen Probleme gegeben habe. Das Mittel TGN 1412, das zur Bekämpfung von Multipler Sklerose, Blutkrebs und Rheuma entwickelt wurde, sei an Hasen und Affen getestet worden. Dabei habe es keine Vorfälle gegeben, die auf das Medikament zurückzuführen seien, sagte Hanke am Donnerstagabend vor dem Krankenhaus im Nordwesten Londons.

Wiedersprüchliche Informationen

Die Anwältin der Patienten, Ann Alexander, forderte mehr Aufklärung über diese Tierversuche. Ihren Mandanten seien dazu widersprüchliche Informationen gegeben worden. Angeblich seien bei den Versuchen Tiere gestorben. Auch die Möglichkeiten eines Produktionsfehlers, einer Verunreinigung oder einer Überdosis müssten geklärt werden. Die Medikamenten-Aufsichtsbehörde MHRA bestätigte inzwischen, dass die Dosis, die den Test-Patienten verabreicht worden war, 500 Mal niedriger war als bei den Tierversuchen. Die Behörde und Scotland Yard haben Ermittlungen aufgenommen.

Spekulationen gibt es auch um TeGenero. Nach Zeitungsberichten ist TGN 1412 der erste Wirkstoffkandidat überhaupt, den die Firma an Menschen testet. Das Unternehmen sei mit keinem anderem Produkt auf dem Markt. TeGenero wurde im Jahr 2000 gegründet, hat seinen Firmensitz in Würzburg und beschäftigt nach eigenen Angaben 15 Angestellte. (tso/dpa)

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