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Medizin: Frau erhielt Gesicht transplantiert

Bei der weltweit ersten großflächigen Gesichtstransplantation hat eine Französin Mund und Nase eines verstorbenen Spenders verpflanzt bekommen. Die Frau war im Mai von einem Hund angefallen und schwer verletzt worden.

Paris - Die psychisch wie medizinisch hoch riskante Operation wurde am Wochenende in Amiens durchgeführt. Der Transplantationsexperte Professor Jean-Michel Dubernard bestätigte am Mittwoch einen entsprechenden Bericht des Pariser Nachrichtenmagazins «Le Point» (Donnerstagausgabe).

«Wenn dieser Versuch gelingt, wird die Patientin ihr neues Aussehen akzeptieren müssen», berichtete «Le Point». Kurz- und langfristig gebe es zudem ein Risiko, dass das fremde Gewebe vom Körper abgestoßen werde.

Die Frau aus Valenciennes (Nordfrankreich) war im Mai von einem Hund angefallen worden. Das Tier biss der 38-Jährigen den Mund und einen Teil der Nase ab. Am Sonntag wurden dem Bericht zufolge in der Universitätsklinik Lille der untere Teil des Gesichts eines hirntoten Spenders entnommen. Am Montag wurde das Gewebe - ein großes Dreieck - verpflanzt. «Es ging um Gewebeverbünde - Haut, Unterhautgewebe, kleine Gesichtsmuskeln und arterielle und venöse Elemente», sagte ein Zeuge dem Magazin. «Ein Plastischer Chirurg hat anschließend diese entnommenen Teile auf einem Gesichtsmodell getestet, um sicher zu stellen, dass sie der Morphologie des Empfängers entsprechen.»

Ein Chirurg erklärte dem Blatt, es sei «sehr schwer, für solche Transplantationen im Gesicht das Einverständnis der Familien» der Spender zu erhalten. Der Empfänger sehe aber nicht wie der Spender aus, weil die Knochenpartien unterschiedlich seien. Der französische Nationale Ethikrat CCNE hatte sich im vergangenen Jahr skeptisch zu Gesichtstransplantationen geäußert. Eine Totaltransplantation habe wenig Sinn. Die Transplantation «der Nase-Mund-Partie, die dem Gesicht eine gewisse morphologische Identität wiedergibt, gehört noch in den Bereich der Forschung und ist ein hoch risikoreiches Experiment», erklärte der CCNE damals. Sie dürfe nur mit Einverständnis des französischen Instituts für Transplantationen und anderer Institutionen erfolgen.

Die beiden behandelnden Ärzte, Dubernard (Lyon) und Professor Bernard Devauchelle (Amiens), lehnten weitere Ausführungen zunächst ab. Dubernard hatte nach zahlreichen Transplantationen von Nieren und Bauchspeicheldrüsen bereits 1998 die weltweit erste Handverpflanzung und 2000 die erste Verpflanzung von Hand und Unterarmen vorgenommen. Der Chirurg, der die Neogaullisten in der Nationalversammlung vertritt, kündigte « mit Einverständnis der Patientin zu gegebener Zeit» eine Pressekonferenz an.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) in Neu-Isenburg, Professor Günter Kirste, betonte, es gebe einen Unterschied zwischen dem Wiederaufbau zerstörter Gesichtspartien und der Verpflanzung eines ganzen Gesichts wie sie etwa von US-Ärzten geplant sei. Während zur Rekonstruktion verletzter Gesichtsregionen die Verwendung von Spenderhaut nicht ungewöhnlich sei, würden bei einer vollständigen Gesichtstransplantation inklusive Muskulatur und möglicherweise Teilen des Schädelknochens auch Persönlichkeitsmerkmale des Spenders übertragen. «Das bringt erhebliche Probleme», betonte Kirste. «Aus DSO-Erfahrung gibt es auch kaum jemanden, der einer Spende seines Gesichts zustimmen würde.» Die DSO koordiniert die Organtransplantationen in Deutschland. (tso/dpa)

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