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Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Premierminister David Cameron in der Wohnküche.

© dpa

Merkel bei Cameron: Das ist ja hier wie bei Ikea - ein Foto und seine Geschichte

Das Foto mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und David Cameron auf der Couch wirft Fragen auf. Warum stehen Couch und Bücherregal in der Küche? Und welche Bücher stehen im Regal? Regierst Du noch, oder lebst Du schon?

Wie um Himmels willen haben sich die deutsche Bundeskanzlerin und der britische Premier David Cameron in einen Ikea-Katalog verirrt? Das Foto der beiden auf der Couch hat viele Betrachter irritiert. Was sollen eine skandinavische Couch und ein Bücherregal in der Küche? Finden hier etwa die Staatsempfänge statt?

Skandinavisches Empire

Es ist tatsächlich die Wohnküche in Camerons Privatwohnung in der Downing Street, in die der Premier seine deutsche Amtskollegin Angela Merkel am Donnerstag zum Lunch geladen hatte. Das Sofa stammt genauso wenig wie die edle Küche im Hintergrund von Ikea. Es handelt sich vielmehr um das Modell „Fancy Nancy“ vom Sfa Workshop, „handgemacht in unseren britischen Werkstätten“, wie es in der Internetwerbung der Firma heißt. Erhältlich ist der Dreisitzer derzeit mit Rabatt ab 1499 Pfund (etwa 1800 Euro). Die Küche stammt von „Roundhouse Design“ und dürfte 25 000 Pfund gekostet haben – allein der extrabreite Herd ist das Topmodell der Britannia-Sigma-Reihe und kostet nach Liste 3799 Pfund, wie die „Daily Mail“ schon vor drei Jahren ermittelte. Nicht einmal der Bücherschrank ist Ikea: Nicht Billy, sondern OKA Direct für 665 Pfund.

Die Mikrowelle rechts hinten ist neu

Die Privatwohnung befindet sich im Obergeschoss der Nummer 11. Es gab Salat und Fisch, die nach der Aufgeräumtheit der Küche zu urteilen allerdings wohl in der offiziellen Downing-StreetKüche der Nummer 10 zubereitet wurden. Die Nummer 11 der ehrwürdigen Häuserreihe – die 1680 von dem Adligen Sir George Downing gebaut wurde – beherbergt eigentlich die Diensträume des Schatzkanzlers. Aber als mit Tony Blair 1997 ein Familienvater in die Downing Street einzog, wechselten Schatzkanzler und Premier die Dienstwohnungen: Die Wohnung in der Nummer 11, intern aus der Nummer 10 erreichbar, ist mit vier Schlafzimmern und hohen Decken und Zugang zum schönen Garten auf der Nordseite der Downing Street auch für die Camerons mit ihren drei Kindern die geeignetere Wohnung.

Aus Labourzeiten gab es hier noch ein paar restliche Mahagonimöbel, gemusterte Auslegeware und Blümchentapeten – das alles wurde von Samantha Cameron beherzt herausgerissen, die sich schon in ihrer viel fotografierten Wohnung in Notting Hill als Anhängerin eines modernen, „skandinavischen“ Lebensstils zu erkennen gab. Abgesehen von einem 30 000- Pfund-Zuschuss für elektrische Arbeiten und Renovierungen in der Wohnung wurde die Einrichtung von den Camerons selbst finanziert – auch die neue Mikrowelle, die beim letzten Bild aus der Cameron Küche, als auf dem gelben Sofa Samantha Cameron und Michelle Obama saßen, noch nicht ausgemacht werden konnte.

Welche Bücher bei Premierminister David Cameron im Regal stehen

Auch im Bücherregal hat sich seit diesem letzten Foto aus der Wohnung einiges geändert. Neu ist das Taschenbuch „The New Abs Diet“ – eine 6-Wochen- Diät, „um den Bauch flach und Sie schlank fürs Leben zu machen“. Dieser Effekt könnte allerdings durch das wesentlich umfangreichere „Ginger Pig Meat Book“ und seine SchweinefleischRezepte ein paar Buchrücken weiter zunichte gemacht werden. Es gibt ein paar Kunstbücher, einen Bildband über „Interieurs in der Provence“ und einige DVD-Boxen: James Bond, Lord of the Rings und zwei Staffeln der erfolgreichen amerikanischen TV Serie „24“, in der Kiefer Sutherland den Antiterroristen-Agenten Jack Bauer spielt. Der Fernsehapparat, vor dem Cameron abends entspannt zusieht, wie andere die Welt retten, steht rechts außerhalb des Fotos auf einem Schränkchen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wirkte entspannter

Hat sich die Bundeskanzlerin in der Wohnung wohlgefühlt? Als sie nach dem 90-Minuten-Lunch mit Cameron zur Pressekonferenz im eichengetäfelten State Room saß, wirkte sie wesentlich entspannter als bei ihrer Rede im Parlament. „Wo ein Wille ist, ist ein Weg“, sagte sie zu den Sonderwünschen der Briten in der EU. „Wenn man will, dass Großbritannien in der EU bleibt, und ich will das, kann man gemeinsam Lösungen finden“.

Na, da hat sich der Besuch in der Wohnküche wohl gelohnt.

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