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Panorama: Messgewand in Mode

Trendbewusste Geistliche kaufen bei der Sacro-Expo im polnischen Kielce ein – von der Papststatue bis zur Vollkornoblate

Auch katholische Kirchendiener gehen mit dem Trend der Zeit: Auf der SacroExpo können sich modebewusste Priester nicht nur mit neuen Messgewändern einkleiden, sondern für ihre Schäflein zu Hause auch neue Papststatuen, Vollkornoblaten, Beichtstühle oder Kirchendächer ordern.

Dumpf dröhnten die aufgereihten Glocken vor der schlichten Messehalle – wie jedes Jahr im Juni hat die Messe im südpolnischen Kielce tausende Geistliche und Händler aus ganz Europa angezogen. Mit begierigen Blicken mustern die Herren mit den weißen Stehkragen die metallen funkelnden Statuen des verstorbenen Papstes. Genauso wie der nur scheinbar aus Stein gehauene Petrus mit den Himmelsschlüsseln sei das drei Meter hohe Kunststoffmonument von Johannes Paul für 4500 Zloty (1100 Euro) zu haben, sagt Jozef Sibon, der Chef eines zehnköpfigen Familienbetriebs. Auf Bestellung seien alle Heiligen in jeder Größe erhältlich: „Wenn es sein muss, können wir auch den Jesus von Rio in Originalhöhe liefern.“

Die Schau ist eine der größten Messen für katholische Devotionalien und Priesterbedarf. Nicht nur weil jeder 13. katholische Priester auf der Welt aus Polen kommt, ist das erzkatholische Land auch für Anbieter aus dem Ausland ein lukrativer Markt. Wie „jedes andere Business“ gehe auch seine Branche mit dem Trend der Zeit, lächelt verschmitzt Tomasz Woszny, Juniorchef des Messgewand-Produzenten Alba in Posen (Poznan). Manche Kunden kleideten sich gar jedes halbe Jahr mit einer neuen Berufskutte ein: „Auch Priester sind Menschen – und wollen so gut wie möglich aussehen.“

Prüfend gleiten Priester- und Nonnenhände über die ausgehängten Gewänder. Sind bei deutschen Kunden eher schlicht gehaltene Modelle gefragt, geht laut Wozny in Polen und den USA der Trend zum reich dekorierten Messgewand „italienischen Stils“. In Westeuropa seien nur natürliche Materialien gefragt, im Osten könne es ruhig auch preisgünstigeres Polyester sein. „Sehr gut" würde sich vor allem der Markt auf dem Balkan entwickeln: „Dort ist der Bedarf enorm. Denn während und unmittelbar nach dem Jugoslawienkrieg fehlte es den Priestern dort einfach an Mitteln für ein neues Gewand.“

Mit gutmütigen Glubschaugen lugt das Gipskamel hinter der Krippe hervor. Weihrauchschwaden und Orgelklänge schwängern die mit Papstbildern dekorierten Hallen. In keinem anderen Land in Europa gebe es so viele Kirchenneubauten wie in Polen, erläutert Jan Riduch die vollen Auftragsbücher der Kirchenausstatter. Über 4000 Kirchen in 28 Ländern hat seine Firma Rduch mit Toninstallationen ausgerüstet, versorgt zudem Pilgergruppen für ihre frommen Wanderungen mit tragbaren Lautsprechern. Expandieren die heimischen Anbieter vor allem in Osteuropa, ist Polen umgekehrt auch für die Anrainer ein lukrativer Markt. Normalerweise lasse er seine goldenen Kuppeln auf orthodoxe Kirchen hieven, erzählt Timon Lomarkim vom Kiewer Flaschnerunternehmen Zlatosvet. Die Technologie sei indes für jedes Gotteshaus geeignet, versichert der Ukrainer: „Wir fertigen auch Moscheedächer mit Halbmond.“ Zum Kosten liegen an einem anderen Stand Oblaten aus – besonders in den USA gilt die Vollkornversion als populär.

Er komme jedes Jahr hierher, bei der Messe gebe es „immer etwas Neues“, berichtet ein fülliger Pater aus einem Dorf bei Sandomierz: „Die Qualität ist wichtig. Aber die Preise vergleiche ich natürlich schon.“ Die Priester seien preisbewusst, ist auch die Erfahrung des Kaplanhemden-Herstellers Leszek Grzyb. Der Trend gehe weg vom schwarzen hin zum hellgrauen Hemd, in Deutschland sei vor allem oliv populär: „Aber vor allem eins zählt: Die Hemden müssen billig sein.“

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