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In der Kritik: Polizisten in Mexiko.

© AFP

Mexiko: Deutscher Austauschstudent von Polizei angeschossen

Es sollte ein lustiger Ausflug an den Strand werden. Mit von der Partie der 25-jährige Kim Fritz Kaiser, ein deutscher Austauschstudent, der für ein Semester an die renommierte Hochschule Tec de Monterrey nach Mexiko-Stadt gekommen war. Doch dann holte der Drogenkrieg die jungen Leute ein.

Das Wochenende am Strand von Acapulco war ohne Zwischenfälle verlaufen, und offenbar hatten es die jungen Leute am Sonntag mit der Rückkehr in die Hauptstadt nicht eilig. Entgegen der landläufigen Sicherheitsempfehlungen, in Mexiko nicht nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs zu sein, startete der Kleinbus erst am Abend. Zehn Studenten waren an Bord, darunter ein weiterer Deutscher namens Max, Kommilitone von Fritz, und zwei Franzosen. Der Rest der Insassen waren Mexikaner. Wie der Rektor des Tec de Monterrey, Pedro Grasa, dieser Zeitung mitteilte, handelte es sich um einen privaten Ausflug.

Knapp fünf Stunden Rückfahrt lagen vor ihnen. Nach etwa einer Stunde, gegen 21 Uhr, passierten sie die Mautstelle südlich des Ortes Chilpancingo, die Autobahn geht anschließend in einen Boulevard über und vermischt sich kurzzeitig mit dem Stadtverkehr. Chilpancingo liegt wie auch Acapulco im Bundesstaat Guerrero, wo vor zwei Wochen 43 Studenten von Sicherheitskräften in Zusammenarbeit mit der Drogenmafia entführt und einige von ihnen ermordet wurden. Die Hintergründe der Tat sind bislang unklar; möglicherweise steckt ein Bürgermeister dahinter, der mittlerweile untergetaucht ist. In Mexiko ist es nicht ungewöhnlich, dass Politiker und Sicherheitskräfte mit Kartellen gemeinsame Sache machen. Doch das brutale Vorgehen im Fall der 43 Studenten hatte landesweit Empörung und internationale Kritik ausgelöst. Seither herrscht in der Region extreme Nervosität, und eine Art Ausnahmezustand. Vielerorts patrouilliert das Militär. 

Ganz in der Nähe der Stadtautobahn hatte die Polizei kurz zuvor eine Entführerbande verfolgt; bei der Verfolgungsjagd war ein Polizist erschossen worden. Als der Kleinbus mit den Studenten vorbeikam, hatten die Polizisten sogenannte "Sicherheitsfilter" etabliert, um aus dem Durchgangsverkehr mögliche Verdächtige herauszufischen. Von der Patrouille aus – so die Version der Staatsanwaltschaft – forderten sie den Kleinbus zum Anhalten auf. Doch der Fahrer wurde offenbar nervös und fürchtete eine Falle - fingierte Kontrollen durch Entführerbanden kommen in Mexiko häufiger vor. Er drückte aufs Gaspedal, es begann eine Verfolgungsjagd. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hörten die Polizisten dann einen Knall, der einem Schuss ähnelte, und begannen auf den Bus zu schießen. Dabei bohrte sich eine Kugel in Kaisers rechte Hüfte, er begann stark zu bluten. Die Studenten flüchteten panikartig in eine Tankstelle und versteckten sich dort auf der Toilette, wurden aber von den Polizisten eingeholt und ergaben sich. "Sie zogen mir mein T-Shirt übers Gesicht und fragten mich, warum wir geflüchtet seien und wo wir die Waffen versteckten", erzählte einer der mexikanischen Studenten der Zeitschrift "Proceso".

Nachdem die Polizisten feststellten, dass keine Waffen in dem Bus waren und es sich wirklich um Studenten handelte, brachten sie Kaiser in ein örtliches Hospital. Von dort wurde er gegen 23 Uhr mit einer Ambulanz und unter Begleitschutz in ein Krankenhaus nach Mexiko-Stadt transferiert. Sein Zustand sei stabil, teilte Grasa am Montag mit. Die Kugel sei wieder ausgetreten, lediglich einige Splitter hätten aus der Wunde entfernt werden müssen. In spätestens drei Tagen sei mit der Entlassung des deutschen Studenten zu rechnen. Die Botschaft steht nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Kontakt mit dem Opfer und den Angehörigen und bemühe sich um Aufklärung. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden 20 Polizisten festgenommen und vernommen. Ihre Waffen wurden beschlagnahmt. Auch der Bus wurde sichergestellt. Er weise vier Einschusslöcher im unteren Teil auf Reifenhöhe vor. Allem Anschein nach handele es sich um ein "bedauerliches Missverständnis", so die Staatsanwaltschaft. Die Universität behält sich vor, nach vollständiger Klarstellung der Umstände gegen die Verantwortlichen Klage zu erheben. "Wir verurteilen derartige Aktionen und verlangen, dass die Bewegungsfreiheit aller Bürger in Mexiko garantiert wird", sagte Grasa.

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