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Yu Wenxia aus China ist die neue Miss World. Der Wettbewerb fand in der chinesischen Minenstadt Ordos statt. Gebaut für eine Million Menschen, leben in Ordos in der Inneren Mongolei auch Jahre nach der Fertigstellung nicht einmal 30 000 Menschen.

© AFP

Miss World Contest 2012: China wirbt für Investitionsruine

Eine Chinesin ist die neue Miss World – und das ohne Überraschung –, denn China richtete den Wettbewerb in diesem Jahr auch aus. In Ordos strahlten die jungen Frauen um die Krone und machten gleich noch Werbung für die chinesische Provinz, in der sonst eher wenig los ist.

Am Samstagabend hat die Schönheit die chinesische Stadt Ordos in der Inneren Mongolei besucht. Der neu gebaute Ort am Rande der Wüste Gobi war bislang eher für Sandstürme, Kohleminen und leerstehende Apartmentsiedlungen bekannt. Wegen der vielen menschenleeren Wohnungen wird das neureiche Ordos auch als Chinas größte Geisterstadt bezeichnet. Am Samstagabend war sie allerdings voller Menschen, zumindest das neue Stadion der Stadt. Rund 40 000 Zuschauer sahen darin auf einer riesigen Leinwand ein Flugzeug mit chinesischer Fahne einschweben. Als die Tür sich öffnete, schritten die schönsten Frauen aus 116 Ländern eine Treppe hinunter.

Selten dürfe es eine offensichtlichere PR-Veranstaltung für eine Stadt gegeben haben als die Miss-World-Wahl am Samstag in Ordos. Fünfmal hat China diese Wahl der schönsten Frau der Welt in den vergangenen Jahren ausgerichtet, stets an den Stränden der Tropeninsel Hainan. In diesem Jahr aber wurden die Frauen in die chinesische Wüste geschickt. Dort durfte sich die 23 Jahre alte Chinesin Yu Wenxia das dünne Krönchen für den Miss-World-Titel 2012 aufsetzen. Die angehende Musiklehrerin ist nach 2007 die zweite Chinesin, die sich mit dieser Ehre schmücken kann.

Die deutsche Kandidatin Martina Ivezaj aus Augsburg schied bereits im Halbfinale aus und kam nicht unter die schönsten 30 Frauen. Die 23 Jahre alte und 1,71 Meter große Bezirksleiterin einer Casinokette muss sich also mit ihren Titeln „Miss World Germany 2012“ und „Miss Tuning 2009“ begnügen. „Wir wussten, dass sie eigentlich zu klein war“, wird Carsten Mohr, der Inhaber des Wettbewerbs „Deutschlands Schönste“ von der Nachrichtenagentur dpa zitiert, „aber aus meiner Sicht war sie die richtige Frau.“ Noch richtiger lagen bisher die beiden einzigen deutschen Miss-World-Siegerinnen Petra Schürmann (1956) und die Berlinerin Gabriella Brum (1980). Am häufigsten, nämlich sechsmal, konnten Frauen aus Venezuela diesen Titel gewinnen.

Die nationalen Siegerinnen mussten in diesem Jahr schon einige Wochen vor dem Wettbewerb nach China reisen. Zunächst zu Foto- und Videoproduktionen nach Hainan, anschließend sollte ihre Schönheit auf Ordos abstrahlen. Die Frauen schlürften Yoghurt in mongolischen Jurten, wanderten in traditionellen Kostümen für ein Fotoshooting auf Sanddünen und posierten im Bikini in der Wüste Gobi.

Der Miss-World-Wettbewerb 2012 – eine PR-Aktion für die Geisterstadt Ordos

Einige Teilnehmerinnen hatten laut der Nachrichtenagentur AFP auch noch ein paar werbewirksame Worte übrig. „Ordos könnte das nächste Dubai werden“, sagte Marielle Wilkie von der Karibikinsel Barbados. Floriana Gara aus Albanien wird mit den Worten zitiert: „In zehn Jahren wird diese Stadt boomen.“ Dazu müsste nur ein Teil der laut Veranstalter weltweit über eine Milliarde Fernsehzuschauer diese Stadt endlich bevölkern. 2004 für etwa eine Million Bewohner gebaut, hat sie bis heute nicht einmal 30 000 Einwohner. Die Zuschauer bekamen bei der mehr als zweistündigen Finalshow einen Einblick in die mongolische Kultur. So trat eine mongolische Musikgruppe mit dem traditionellen zweisaitigen Instrument Erhu auf.

Derartige Werbung und Verkaufsargumente gehören bei dem Miss-World-Wettbewerb offenbar dazu. Vor der Finalshow hat das auch die ehemalige Miss Austria 2007 berichtet. „Das ist alles auf Kohle aufgebaut“, sagte sie der österreichischen Nachrichtenagentur Apa. Entscheidend sei vor allem, wie man mit der Siegerin am besten Geld verdienen könne. So sei klar gewesen, dass bei der Wahl 2007 in China eine Chinesin gewinnen würde, weil im Jahr darauf die Olympischen Spiele in China ausgerichtet wurden. Sie sieht die kommerziellen Hintergründe kritisch und empfiehlt: „Man soll das alles nicht so ernst nehmen.“

Künftig können sich die schönsten Frauen dieser Welt wieder der Tourismuswerbung widmen. 2013 wird die Miss-World-Wahl in Indonesien auf Bali stattfinden. Ordos hingegen ist schon an diesem Wochenende von der Schönheit wieder verlassen worden. Die 30 000 Einwohner haben das gut ausgebaute Straßennetz und die vielen anderen Annehmlichkeiten der modernen Großstadt - etwa das Museum – nun wieder ganz für sich allein.

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