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Panorama: Mit Blick auf die Unterwäsche Castellammare in Italien verbietet Miniröcke

Castellammare di Stabia liegt am Fuß des Vesuv. Bis zum Gipfel des Vulkans sind es zwölf Kilometer Luftlinie, die höchst umstrittene Mülldeponie Terzigno liegt neun Kilometer entfernt – aber auch in Castellammare geht es heiß her.

Castellammare di Stabia liegt am Fuß des Vesuv. Bis zum Gipfel des Vulkans sind es zwölf Kilometer Luftlinie, die höchst umstrittene Mülldeponie Terzigno liegt neun Kilometer entfernt – aber auch in Castellammare geht es heiß her. Der Bürgermeister, Luigi Bobbio, will Zucht und Ordnung unter seinen 65 000 Einwohnern fördern. Verboten hat er jetzt jedes gotteslästerliche Fluchen in der Öffentlichkeit, das Füttern streunender Hunde, das Fußballspielen auf den Straßen, das Picknick im Park. Strafen von 25 bis 500 Euro haben auch jene Männer zu berappen, die im Sommer mit nacktem Oberkörper durch die Stadt laufen.

Die seit Dienstag gültige Anordnung würde wohl niemanden weiter stören, hätten Bobbio und mit ihm die Mehrheit des Stadtrats nicht auch in weibliche Bekleidungsgepflogenheiten eingegriffen. „Castellammare verbietet den Minirock!“ Aufgeschreckt von Schlagzeilen wie dieser verbündeten sich Frauen eher linker Provenienz am Montag zu einer Sitzdemonstration vor dem Rathaus, und weil er ja für Ordnung ist, ließ der rechtsgerichtete Bürgermeister Bobbio extra starke Polizeikräfte zur Bewachung auffahren. Politikerinnen verdammten die Minirock-Order als „kollektive Spinnerei“ oder als „Eingriff in die freie Entfaltung der Person“; andere hörten bereits die „Moralpolizei der Ajatollas“ anrücken, und städtische Polizisten sahen sich ersten Nachfragen ausgesetzt, wann sie sich denn mit dem Maßband bewaffnen würden, um zulässige von unzulässigen Rocklängen zu scheiden.

Daraufhin drohte der Bürgermeister, gelernter Jurist, das Strafgesetzbuch sehe auch eine Verurteilung von Leuten vor, die böswillig den Beschluss einer öffentlichen Körperschaft verdrehten. Verboten würden nicht Miniröcke an sich, sondern generell „sehr knapp geschnittene“ Kleidungsstücke. Was damit gemeint sei, brauche nicht mit dem Maßband bestimmt zu werden. Dafür reiche „der gesunde Menschenverstand“ und bei den kontrollierenden Polizisten ein Blick. Die Beamten sähen ja auf Anhieb, ob ein Minirock den Blick auf die Unterwäsche freigebe und damit strafbar sei oder nicht. Für den strafbaren Minirock hat Bürgermeister Bobbio sogar ein neues Wort erfunden. „Mutandale“ nennt er ihn; das würde auf Deutsch etwa „unterwäschig“ heißen.

Castellammare di Stabia ist nicht die einzige Gemeinde, die mit Verboten moralisch oder optisch sauber werden – und mit den Bußgeldern ihre Kassen aufbessern will. In Eboli werden Liebende bestraft, die sich im Auto küssen: macht 500 Euro. Im toskanischen Viareggio zahlt bis zu 500 Euro, wer seine müden Füße auf einer Parkbank ablegt. Und am Adriastrand von Eraclea dürfen „keine lästigen Spiele“ gespielt werden; darunter fällt auch der Bau von Sandburgen.

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