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Panorama: Mit der Stärke der Frauen

Silda Spitzer steht fest an der Seite ihres Mannes, des abtretenden New Yorker Gouverneurs – trotz aller Vorwürfe

Sie sah aus, als habe sie gerade der Blitz getroffen. Doch Silda Wall Spitzer hielt tapfer die Pressekonferenz am Montagabend durch, auf der ihr Mann Eliot, der zu diesem Zeitpunkt noch Gouverneur des Bundesstaates New York war, sich öffentlich entschuldigte. Der große Saubermann, der in seinem Bundesstaat tapfer die Prostitution bekämpft hatte, war des Verkehrs mit Prostituierten überführt worden. Nach dem 67-Sekunden-Auftritt verließ das Ehepaar Hand-in-Hand den Raum. Fehlte nur noch, dass jemand im Hintergrund „Stand by Your Man“ gespielt hätte, den alten Country-Hit von Tammy Wynette.

Diese Inszenierung hat Tradition: Ein Politiker, ein Filmstar, ein Sportidol wird bei außerehelichen Aktivitäten erwischt und bringt zum öffentlichen Geständnis seine Frau mit. Wenn die ihm vergibt, werden es auch die Wähler tun, so lautet das Kalkül der PR-Strategen. Doch die alte Masche, für die Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton das ultimative Rollenmodell ist, könnte bald ausgedient haben.

„Sich neben ihren Ehemann zu stellen, wenn der mit heruntergelassenen Hosen erwischt worden ist, ist eine öffentliche Erniedrigung, die der Frauen im Jahre 2008 unwürdig ist“, wettert etwa CNN-Journalistin Lisa Bloom in ihrem Internet-Tagebuch, „ich habe es satt, meiner Tochter erklären zu müssen, dass Frauen etwas Besseres verdient haben. Ein Fußabtreter ist kein Vorbild.“ Andere gehen mit Silda Spitzer weniger hart ins Gericht. In einem Beitrag für die „New York Times“ zeigt eine Frau Sympathie mit ihr, die aus eigener Erfahrung nur zu gut weiß, wie sie sich jetzt fühlen muss. Dina Matos war mit dem Gouverneur von New Jersey, James McGreevey, verheiratet, als der 2004 vor die Kameras trat, um sich öffentlich als schwul zu bekennen und einzugestehen, dass er seinem Lover berufliche Vorteile verschafft habe. Sie habe damals praktisch nicht gewusst, was ihr Mann sagen werde, als sie an seiner Seite stand, schreibt Dina Matos heute: „Ich war wie in einem Nebel. Ich habe das nicht von mir aus angeboten. Ich war emotional nicht in der Lage, eine rationale Entscheidung zu treffen und es war auch keine Zeit. Er hat mich gefragt, neben ihm zu stehen, und ich habe es getan.“ Vor allem habe sie dabei an ihre Tochter gedacht, sagt sie heute. Und sie würde es noch einmal machen, für den Vater ihrer Tochter. Nicht für den Mann, von dem sie inzwischen geschieden ist.

Hillary Clinton blieb nicht stumm, als ihr Ehemann Bill sich im Wahlkampf 1992 der Vorwürfe erwehren musste, er habe eine Affäre mit Gennifer Flowers. Sie setzte sich an seiner Seite zu einem langen TV-Interview hin und sagte: „Ich bin hier nicht wie ein kleines Mädchen, das wie Tammy Wynette sagt ,Stand by Your Man’, ich sitze hier, weil ich ihn respektiere und weil ich weiß, durch was wir gemeinsam gegangen sind.“ Das Ende der Geschichte ist bekannt, Bill Clinton wurde Präsident, wiedergewählt und verließ das Weiße Haus trotz einer weiteren Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky und eines folgenden Amtsenthebungsverfahrens mit einer der höchsten Zustimmungsraten. Und natürlich hatte Hillary Clinton damals gute Gründe, zu ihm zu halten: ihre eigenen politischen Ambitionen. Den aktuellen Fall – Spitzer ist prominenter Clinton-Unterstützer – will sie nicht kommentieren, sie sagt nur: „Verständlicherweise sende ich meine besten Wünsche für den Gouverneur und seine Familie.“

Silda Spitzer hatte nie eigene politische Pläne. Als sie vor mehr als 20 Jahren Eliot Spitzer heiratete, gab sie ihren eigenen Job als erfolgreiche Wirtschaftsjuristin auf, mit dem sie mehr Geld nach Hause brachte als ihr Mann. Seine politische Karriere hat sie immer mit Skepsis verfolgt und darauf geachtet, dass ihr Leben und das ihrer drei Töchter so privat wie möglich blieb. Nun steht ihr Leben Kopf, und die Geschichte gibt keinen Hinweis darauf, wie es enden wird.

Klar ist hingegen, wie die Zukunft ihres Mannes aussehen wird. Am Mittwochabend wurde bekannt, dass der Gouverneur zurücktreten würde.

So wie mit Warren G. Harding wird die Sache wohl nicht enden. Dieser US-Präsident (1921-23) starb im Amt – und bis heute halten sich hartnäckig die Gerüchte, seine Frau habe ihn wegen seiner Affären vergiftet.

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