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Panorama: Mit Kartoffeln fing alles an

Weil Zwischenhändler die Preise hochtreiben, kaufen immer mehr Griechen direkt beim Bauern ein – Internetbörsen helfen dabei.

Die alte Frau trägt schwer an den beiden Taschen, zehn Kilo Kartoffeln schleppt sie nach Hause. Aber die Mühe lohnt sich: „Nur 2,50 Euro habe ich bezahlt“, ruft die Frau lachend den Fernsehreportern zu, die sie filmen. Auf dem Wochenmarkt hätte sie mindestens das Dreifache bezahlen müssen.

Immer mehr krisengeplagte Griechen schlagen den hohen Preisen ein Schnippchen: Sie kaufen direkt beim Erzeuger ein, schalten so die Zwischenhändler aus und sparen eine Menge Geld. Die Einkommen der meisten griechischen Familien sind wegen Lohnkürzungen und Steuererhöhungen seit Beginn der Krise spürbar zurückgegangen. Viele Griechen drehen jeden Euro zweimal um, bevor sie ihn ausgeben. Da macht es schon einen Unterschied, ob man für das Kilo Kartoffeln 25 oder 75 Cent bezahlen muss.

Angefangen hat die „Kartoffel-Bewegung“ Anfang Februar im Norden des Landes. Bauern aus Nevrokopi, einer Kleinstadt in Ostmakedonien, die für ihre guten Kartoffeln berühmt ist, fuhren mit ihren Treckern in die Großstadt Thessaloniki und verschenkten dort Kartoffeln an die Bevölkerung. Mit der Aktion wollten sie gegen die niedrigen Erzeugerpreise protestieren. Das war der zündende Funke. Wenig später begann im nordgriechischen Katerini eine Bürgerinitiative, den Direkteinkauf per Internet zu organisieren. Jetzt greifen immer mehr Städte und Gemeinden in ganz Griechenland die Idee auf, sie sammeln in den Rathäusern oder per Internet Bestellungen ihrer Einwohner und holen dann Angebote von Erzeugern ein. „Wir haben bereits 3000 Bestellungen und rechnen mit einer Nachfrage von 200 Tonnen Kartoffeln“, berichtet Irini Kounenaki, die Vize-Bürgermeisterin des Athener Vororts Pallini.

Das Geschäft lohnt sich für beide Seiten, die Erzeuger und die Endverbraucher: die Bauern bekommen mehr Geld für ihre Produkte, und die Kunden zahlen weniger. In die Röhre gucken die Zwischenhändler, die bisher astronomische Gewinne einstrichen. „Die haben uns letzthin nur noch elf oder zwölf Cent für ein Kilo Kartoffeln geboten, das deckt nicht mal die Anbaukosten“, klagte ein Landwirt aus Nevrokopi im Fernsehen. Bis die Ware dann in den Supermarkt kam, war sie durch die Hände mehrerer Zwischenhändler gegangen. Das Kilo Kartoffeln verteuerte sich damit für den Endverbraucher auf 75 bis 90 Cent. So ist es bei den meisten landwirtschaftlichen Produkten in Griechenland, die Zwischenhändler kassieren auf Kosten der Erzeuger und der Verbraucher.

Das griechische Wirtschaftsministerium will die Idee des Direktverkaufs aufgreifen und plant eine Internetplattform, auf der die Verbraucher landwirtschaftliche Produkte beim Erzeuger ordern können. Unterdessen wird die Zahl der so gehandelten Waren immer größer. Viele Gemeinden wollen jetzt auch den Direkteinkauf von Olivenöl, Reis und Mehl organisieren. Und die landwirtschaftliche Fakultät der Aristoteles-Universität in Thessaloniki plant rechtzeitig zum Osterfest einen Verkauf von Lämmern, die in Griechenland traditionell am Ostersonntag am Spieß gebraten werden.

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