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Panorama: Mobile Überwachung: Das Handy als elektronische Fußfessel

"Hallo - wo bist du gerade?" Die Antwort auf die beliebteste Einstiegsfrage bei Handy-Telefonaten interessiert nicht nur Gesprächspartner.

"Hallo - wo bist du gerade?" Die Antwort auf die beliebteste Einstiegsfrage bei Handy-Telefonaten interessiert nicht nur Gesprächspartner. Auch Staatsanwälte möchten und dürfen das in bestimmten Fällen wissen. Künftig dürfen sie es sogar wissen, ohne dass überhaupt ein Wort gefallen ist. Handy anschalten, und das Zielobjekt ist grob gepeilt. So hat es der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag entschieden.

Der Beschluss kann jeden der rund 50 Millionen Mobiltelefonierer in Deutschland treffen. 1999 wurden nach Angaben der Bundesregierung immerhin 6443 Anschlüsse abgehört. Ordnet ein Richter an, "die Telekommunikation" zu überwachen, heißt es bei Mobilverbindungen ab jetzt: Es unterliegt der Kontrolle nicht nur was jemand sagt, sondern auch wohin er geht. Mit dem Handy sind wir ständig empfangsbereit - und ständig auf Sendung.

Technisch stellt dies die Ermittler vor keine Hürden. Um die Verbindung herstellen und korrekt abrechnen zu können, sind die Netzbetreiber über die Standorte ihrer Kundschaft laufend informiert. Vorausgesetzt natürlich, das Gerät ist auf Stand-by.

Jeder D-1-Nutzer beispielsweise telefoniert T-Mobil zufolge aus einer von 15 000 so genannten Funkzellen. Je nach Dichte der Antennen haben die Zellen einen Radius zwischen 500 Metern und fünf Kilometern. Wer in Ballungsräumen unterwegs ist und in einem gut bestückten Netz telefoniert, lässt sich also besonders exakt orten. Im jetzt entschiedenen Fall ermittelte der Generalbundesanwalt wegen eines Spionageverdachts. Vom Netzbetreiber verlangte er die Herausgabe der Positions-Daten des Beschuldigten. Die Betreiber sind grundsätzlich verpflichtet, den Behörden in Sachen Abhören auf eigene Kosten zu helfen. Dieser jedoch wehrte sich. Der konkrete Standort eines Teilnehmers gehöre nicht zu seiner "Telekommunikation".

Früher stand an dieser Stelle der Strafprozessordnung noch das Wort "Fernmeldeverkehr". Man hat es ersetzt, damit die Strafverfolger im großen Rauschen der modernen Medien handlungsfähig bleiben. Der BGH-Ermittlungsrichter geht mit der Zeit. Neue Medien eröffnen ihm auch neue Quellen für Untersuchungen. Dabei beruft er sich auf die "Telekommunikations-Datenschutzverordnung". Strafverfolger sollen danach Zugriff auf alle Daten haben, die nötig sind, um den Mobilfunkkunden mit einem anderen Teilnehmer zu verbinden. Weil die Telekommunikation im dazugehörenden Gesetz mit elektronisch vermittelten "Nachrichten jeder Art" umschrieben würde, fielen eben auch "technisch bedingte Positionsmeldungen" darunter.

Es ist nicht auszuschließen, dass das Bundesverfassungsgericht, sofern es hier angerufen wird, zu einer anderen Erkenntnis gelangt. Handy-Telefonierer müssen jedoch nicht unbedingt darauf warten. Es war noch nie so einfach, seine Grundrechte zu wahren: einfach ausschalten.

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