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Berliner Designerin auf der Fashion Week: The Show must go on

Die Designerin Esther Perbandt feiert in diesem Jahr das zehnjährige Bestehen ihres Labels. Die Berlinerin weiß, wie schwer es ist in Berlin Mode zu machen - und gibt doch nicht auf.

Esther Perbandt sitzt in ihrem Atelier und schaut auf ihren Laptop. „Nur schnell ein paar Mails checken.“ Die Designerin hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. Sie ist groß und schlank, trägt ihre eigenen schwarzen Entwürfe, dazu einen markanten Kurzhaarschnitt mit einer langen Strähne hinterm Ohr und eine Lackkappe. Das wirkt tough und unnahbar, fast einschüchternd.

In diesem Jahr feiert die Designerin das zehnjährige Bestehen ihres Labels. Ihre Jubiläumskollektion präsentiert sie heute nicht etwa im Zelt am Brandenburger Tor, das hat sie noch nie gemacht: „Passt einfach nicht zu mir.“ Stattdessen hat sie die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz gemietet, wo sie unter dem Titel „Grotesque“ eine von der Künstlerin Valeska Gert inspirierte – und zum ersten Mal für jeden zugängliche – Show zeigt.

Esther Perbandt und Crowdfunding?

Es wird eine Tänzerin geben, einen Performance-Chor und Schauspieler, die als Models laufen. Nur die Miete für die Volksbühne, fast 5000 Euro, fehlt noch. Das ist der Grund, warum Esther Perbandt immer wieder auf ihren Laptop schaut: Vor zwei Wochen hat sie eine Crowdfunding-Seite eingerichtet, auf der sie um finanzielle Unterstützung bittet. Für zehn Euro bekommt man ein „Großes Dankeschön“, für 600 Euro ein Teil aus der neuen Kollektion, für 1500 Euro ein Dinner mit der Designerin. Bis 30. Januar muss sie das Geld zusammenhaben, sonst geht es an die „Supporter“ zurück.

Aber Moment mal: Esther Perbandt und Crowdfunding? Das passt irgendwie nicht zum selbstbestimmten Bild, das sie von sich kreiert hat. Nach zehn Jahren, würde man außerdem meinen, trägt sich ein Label selbst. Gefährdet so ein Spendenaufruf nicht auch das Image? Immerhin möchte man doch ein Kleidungsstück kaufen, weil man es begehrt und nicht, weil dem Designer das Geld fehlt.

Aber die 38-Jährige ist eben ganz anders, als sie zunächst wirkt. Entspannt, lustig, offen. Jemand, den man sofort gern hat und eine von wenigen in der Branche, die Dinge nicht schönredet. Auch nicht, dass sie nach zehn Jahren immer noch nicht ausschließlich von ihrer Mode leben kann.

Wie die Designerin in Berlin mit ihrer Arbeit anfing

Esther Perbandt, in Berlin geboren, hat an der Berliner Universität der Künste Modedesign studiert, einen Master am Institut Français de la Mode in Paris gemacht und anderthalb Jahre als Designerin bei „Chacok“ in Südfrankreich gearbeitet. 2003 kam sie zurück nach Berlin. Eigentlich nur, um sich zu erholen. Doch mit der Premium, die damals zum ersten Mal stattfand, wurde es hier auf einmal spannend.

Sie bewarb sich für einen Messestand, entwarf eine Kollektion und nahm zwei Monate später ihre ersten Bestellungen entgegen. „Es war eine tolle Stimmung damals. Die Einkäufer hatten noch mehr Mut, die Konkurrenz war kleiner.“ Zum Beweis kramt sie aus einer Schublade ein Foto hervor, auf dem sie ein paar eigene Entwürfe trägt: alle rosa. „Furchtbar!“, lacht sie.

Mit der Zeit wurden die quietschbunten Farben gedeckter und die Schnitte experimenteller, 2008 kam der eigene Laden in der Almstadtstraße in Berlin-Mitte hinzu. Esther Perbandt hatte dafür einen Kredit aufgenommen und mit einer Unternehmensberaterin alles durchgerechnet – doch drei Wochen nach der Eröffnung brach der Finanzmarkt ein. „Dazu kam, dass ich damals noch nicht mit so viel Geld umgehen konnte und es falsch investiert habe. Nach einem Jahr musste ich einen zweiten Kredit aufnehmen.“

Zwei Sekunden lang ans Aufgeben gedacht

Den Kredit zahlt Esther Perbandt heute zwar immer noch ab, doch mittlerweile blickt sie lachend auf die Zeit zurück. Es sei gleichzeitig auch ein spannendes und wichtiges Jahr gewesen, denn sie fing an, das zu entwerfen, was sie selbst am liebsten trug, lernte, was sich verkauft und wer ihre Kunden sind, fand endgültig zu ihrem androgynen Stil.

Der neuen Kollektion sieht man die Erfahrung der Designerin an. Sie ist fast komplett in Schwarz gehalten, doch durch besondere Schnitte und unterschiedliche Materialien wie Leder, grober Strick, Angora und ein gewachster Jackenstoff wirkt nichts langweilig.

Ob sie je ans Aufgeben gedacht hat? „Zwei Sekunden vielleicht. Aber zum Glück vergesse ich Rückschläge schnell. Ein eigenes Label unter meinem Namen führen zu können, ist für mich der größte Luxus. Und wenn ich etwas wirklich will, dann ziehe ich das auch durch.“

Möglichst bald möchte Esther Perbandt ihr Team vergrößern, weitere Läden eröffnen und vielleicht eine Schuh- oder Hutlinie auf den Markt bringen. Die große Show in der Volksbühne soll ein erster Schritt sein, sie hofft, dadurch neue Kunden und Finanzpartner zu gewinnen. Fast die Hälfte des Geldes hat sie zusammen.

Karten für die Schau um 21 Uhr gibt es an der Abendkasse der Volksbühne.

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