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Zuschauerrummel bei der Fahion Week: Unter anderem sah sich die Schauspielerin Mariella Ahrens die Show von Holy Ghost an.

© dpa

Fashion Week Berlin: „Das Karussell muss sich langsamer drehen“

Jörg Wichmann ist Geschäftsführer der Messe Panorama. Im Interview plädiert er für eine klare Kommunikation auf dem Modemarkt. Und für eine Entschleunigung.

Die erste Panorama Berlin sollte eigentlich kurz nach der Eröffnung des Flughafens Schönefeld im Juli 2012 stattfinden.

Da wir am 12. Mai 2012 erfahren haben, dass der Flughafen nicht öffnet, mussten wir uns etwas einfallen lassen.

Bekommt man in sechs Wochen eine premierentaugliche Logistik zustande?

Das wäre ein Fiasko geworden. Wir haben uns entschieden, ein halbes Jahr zu warten. Das war hart, wir hatten ja 300 Aussteller, und viele von ihnen hatten ihre Stände schon gebaut.

Außerdem ist Ihr Standort weit draußen.
Das ist richtig, wir sind abgeschnitten von der Welt, aber jetzt gibt es überall in der Stadt Shuttlebusse. Die Hallen wurden für dieses Event gebaut. Mit unserem Vermieter, der Messe Berlin, entschieden wir, im Januar 2013 anzufangen.

Jetzt gibt es 400 Aussteller, und die Hallen sind voll.
Ja, bis unters Dach. Für eine Halle gibt es eine Warteliste mit 70 Ausstellern.

Sollen mehr Hallen gebaut werden, sobald der Flughafen eröffnet wird?
Wir sind in Verhandlungen. Wir haben den Platzbedarf und werden wachsen.

Was macht die Messe aus?
Wir sehen uns eher als Marktplatz, wir wollen Märkte erschließen.

Was ist neu?
Wir haben zwei neue Themenbereiche: L'Hotel und The Mall. Viele Marken können nicht fünf- oder gar sechsstellig investieren. Deshalb haben wir uns für rund 40 kleinere Kollektionen die Hotelhalle ausgedacht. The Mall ist ein Franchisekonzept, da präsentieren sich Marken, die in Osteuropa, im mittleren Osten, Asien und Europa expandieren wollen. Marken wie Marc Cain, Stefanel oder Desigual bauen hier ihre Shops auf.

Ist das auch eine Reaktion darauf, dass es immer mehr Monomarkenshops gibt?
Klassische Modegeschäfte mit verschiedenen Labels gibt es in Ostdeutschland kaum und weiter im Osten gar nicht. Man kann nur wachsen, wenn man sich dem Monomarkenkonzept öffnet.

Hat Berlin für diese Länder einen besonderen Stellenwert?
Berlin hat sich sehr rasant entwickelt. Unser guter Ruf hat auch mit Protagonisten wie der Bread & Butter, Premium und IMG zu tun, die hier ein Angebot geschaffen haben, was es sonst nirgendwo gibt. Damit sind wir sehr weit vorne.

Wie sehen Sie die Öffnung der Messen?
Wir machen jetzt die Mall auf, und die ist prädestiniert dafür, den Endkunden einzubeziehen, weil es dort die Atmosphäre eines Shops gibt. Aber man muss vorsichtig sein. Ich glaube nicht, dass die einfache Öffnung für den Endverbraucher reizvoll ist, der ein Produkt sieht, das er in sechs Monaten vielleicht kaufen kann. Wir werden uns nach der Premiere mit den Marken hinsetzen und schauen, ob man daraus etwas formen kann.

Anders als die Bread & Butter.
Wir haben einen ganz anderen Anspruch als die Bread & Butter. Für mich ist es wichtig, Marken zu helfen, gut im Markt dazustehen. Ich stehe allem positiv gegenüber, aber die Marken müssen einladen. Dann könnte man auch einen ganzen Tag laufende Kollektionen zeigen.

Viele Marken machen Lifestreams von ihren Schauen und verkaufen Teile der Kollektion ein paar Tage später.
Es gibt also schon genug Aufregung. Für mich ist Entschleunigung viel wichtiger. Es ist gefährlich, das Karussell noch schneller drehen zu lassen. Lieber mal darüber nachdenken, wie man wieder klare Kommunikationskanäle hinbekommt. Da kreuzt sich im Moment alles: Hier informiere ich mich, da probiere ich, und wieder woanders kaufe ich. Das ist auch der Grund, warum sich Marken klar machen müssen, wer sie sind, und das auch auf dem Messestand abzubilden.

Sie haben von 2003 bis 2010 den Berlinomat aufgebaut, eine Verkaufs- und Vertriebsplattform für Berliner Designer. Gibt es Parallelen zu ihrer jetzigen Arbeit?
Wir haben viele Netzwerk aufgebaut und jungen Designern geholfen, sich an die Industrie anzudocken. Da haben wir diverse Gespräche mit Industriellen geführt, die heute Aussteller auf der Panorama Berlin sind. Und vielleicht schaffen wir es zur vierten Veranstaltung, mehr Berliner Designer einzubinden.

Die großen Firmen sollen das Know-how der Designer nutzen und umgekehrt?
Es werden schon Ideen mit dem Land Berlin und der Wirtschaftsförderung geschmiedet.

Sind die Firmen, die auf der Panorama Berlin zeigen, offen dafür?
Ja, die sind sehr offen. Vor zehn Jahren wäre das nicht möglich gewesen. Man braucht immer einen Übersetzer, der das für beide verständlich macht. Und das könnten wir sein.

Jörg Wichmann, 43, war Profi-Eisschnellläufer, bevor er in die Werbung ging. Heute ist er Chef der Messe Panorama, die Marken wie Marc Cain, Stefanel und Camp David eine Heimat gibt.

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