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Show in Mitte. Karaleev zeigte unweit des Brandenburger Tores.

© dpa

Fashion Week - Berliner Designer: Am seidenen Faden

Jede Saison ist das Seidenkleid für Berliner Designer eine sichere Bank. Aber man konnte in dieser Woche noch viele weitere stilistische Gemeinsamkeiten entdecken.

Es gibt eine feste Größe bei fast jedem Designer aus Berlin seit vielen Saisons, und das ist das Seidenkleid. Meist flatternd, mit angeschnittenen Ärmeln, wadenlang, weit geschnitten, so dass der Stoff Platz hat, schön zu fallen. Gern in bunten Farben, meist monochrom, gibt es das Kleid bei Michael Sontag, Perret Schad, Hien Le, Dawid Tomaszewski und Lala Berlin. Und tatsächlich kann man das auch inzwischen nicht nur in der ersten Reihe bei den Schauen sehen, manchmal hat es das Kleid auch schon in den Alltag geschafft. Da wirkt es immer sommerlich lässig, weil man es von morgens bis abends tragen kann. Es gibt natürlich auch die festliche Variante mit Strasssteinen wie bei Tomaszewski oder dramatisch in Blutrot wie bei Sontag.

Transparent, grob und fest

Transparent muss nicht immer bedeuteten, dass man irgendein Körperteil zur Schau stellen will. Die Designer interpretierten durchscheinende Stoffe in dieser Woche sehr viel subtiler und vielschichtiger – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Wie bei Karaleev, der für das Schichten und Zusammenführen der verschiedensten Stoffe bekannt ist. Er nahm einen feinen Tüll, legte ihn dicht um den Körper und kombinierte ihn mit groben Stoffen und zu grafischen Mustern zusammengenähten Stoffstreifen.

Überhaupt sah man viele interessante Stoffe, die teils sehr technisch wirkten. Wie der dunkelblaue Mesh, eine Art gewirkter Netzstoff aus Kunstfaser, der bei Hien Le zu toughen Bomberjacken verarbeitet wurde. Dagegen wurde bei Designern wie Leyla Piedayesh von Lala Berlin auf grob gewebte Stoffe gesetzt, zum Beispiel für Blousons in Weiß. Die Designerinnen von Perret Schad verarbeiteten einen weißen, steif und fest gewebten Stoff für ein Kleid, das an den Schultern in je eine scharfe, vertikale Falte gelegt war. Am schönsten ging Dawid Tomaszewski mit dem Thema Transparenz um: Er bedruckte einen durchsichtigen Kunststoff mit einem Pythonmuster und verarbeitete ihn zu einem kurzen Blouson, den er dann für die Schau mit einem zarten bodenlangen Seidenkleid kombinierte.

Muster muss sein

Papageien bei Anne Gorke, schillernde Fische bei Hien Le, Kakadus bei Malaikaraiss, Blumen bei Dyn. Muster aus Flora und Fauna mussten diese Saison fast bei jedem Designer aufs Kleid. Meist reichte das eine Muster aus, um der Kollektion einen anderen Dreh zu verleihen. Die schwirrenden, ineinander verwischten Drucke bei Hien Le sind schon fast so etwas wie ein Markenzeichen geworden. Das Muster aus Libellenflügeln aus der Kollektion für diesen Sommer trug nicht nur der Designer auf einem T-Shirt. Auch Perret Schaad, die zum wiederholten Mal ihre Kleider durch monochrome Farbblöcke zu Hinguckern machten, hatten ein, wenn auch sehr grafisches, Streifenmuster im Repertoire. Kilian Kerner druckte sogar ganze Kirchenfenster auf alles von der Unterhose bis zum Overall.

Gleichberechtigte Männer

Was die Designer sich in Sachen Männermode für den nächsten Sommer ausgedacht hatten, war weniger jungenhaft als in den vergangenen Saisons, insgesamt lässiger und sehr tragbar. Die Trends, die bei den Damen da waren, wiederholten sich auch bei den Herren: Es war erstaunlich viel Haut zu sehen, etwa bei Julian Zigerlis durchsichtigen Regenjacken oder den bauchfreien Shirts von Franziska Michael. Fast jeder Designer hat einen Print im Programm, doch die kleinteiligen Muster wurden gekonnt mit schlichten Basics kombiniert, so gesehen bei Barre Noire oder Sissi Goetze. Viele arbeiteten mit festen, stehenden Stoffen, wie Hien Le, der etwa ein Neopren-Sweatshirt mit einer Leder-Shorts vorführte.

Alles wirkte sportlich, aber gleichzeitig klassisch. Schnörkellose Hemden und gut sitzende Anzughosen zeigten unter anderem Brachman und Sopopular – das geht einfach immer. Auffällig in dieser Modewoche: Noch nie wurde Damen- und Herrenmode so gleichberechtigt nebeneinander gezeigt. Eine schöne Tendenz, die sich gerne fortsetzen darf.

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