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Interview mit G-Star-Director: "Du musst bemerkt werden"

Im Interview spricht G-Star-Global-Brand-Director Shubhankar Ray mit unserer unsere Mode-Redakteurin Grit Thönnissen über die Umwälzungen in der Modewelt.

Ihre Marke hat ein männliches Image – es gibt von G-Star auch Motorräder und sogar eine Kettensäge.

Denim hat insgesamt eher ein männliches Image. Doch in den letzten fünf Jahren haben wir das Potenzial von Frauen entdeckt. Wir haben die Passformen geändert und das Einkaufserlebnis, wie im neuen Shop in Berlin. Männer kommen aus der Umkleidekabine, schauen in den Spiegel und gehen zurück. Für die Frauen haben wir eine Art Boudoir geschaffen.

Aber ist nicht gerade das Raue interessant für Frauen?

Wir müssen die Essenz dessen behalten, was für uns „raw“ bedeutet, und mit Eleganz mischen – also Seide mit Denim, Feines mit Zerstörtem. Denim hat diese Flexibilität. Nur Denim und Sneakers können Geschlecht, Alter, kulturellen Hintergrund und soziale Unterschiede überwinden.

Sie wollen Ihrem Konsumenten nicht zeigen, wie er mit diesem Produkt leben kann?

Wir wollten nie eine Lifestyle-Marke sein. In den letzten 20 Jahren ist es zu einem Wettbewerbsvorteil geworden, das Image auf eine emotionale Weise rüberzubringen. Mode wird oft mit Emotionen verbunden. Also ist es logisch, dass das Image benutzt wird, um eine starke Identität zu schaffen. Um weltweite Aufmerksamkeit zu bekommen, braucht man Stars. Wir wählten Liv Tyler. Danach fragten wir die Nummer eins im Schach, Magnus Carlsen, er war 19 und sah aus wie ein Boxer. Wir versuchten, ein Image zu schaffen, dass man nicht so schnell vergisst.

Sie müssen aber Ihr Image weiterentwickeln.

Heute ist es wichtiger, Filme zu machen als Fotokampagnen. Nach acht Saisons haben wir ein Video mit einem Hundeskelett gedreht. Wir haben mit Skrillex, einem Top-3-DJ gearbeitet. Wir haben ihn nicht gezeigt, er hat den Soundtrack zum Film gemacht. Die Kampagne von Anton Corbijn war analog, die neue ist digital. Also ist sie auch für andere Medien geeignet – das verändert das Image.

Ist es nicht ein Risiko, mit einem Hundeskelett zu werben?

Wenn du als Marke stillstehst, bist du tot. Du kannst die Energie und den Schwung nicht konservieren. Wenn du immer nur zurückschaust, ist das eine Form von Lähmung.

Also liegt das Beste, das wir machen, in der Zukunft?

Die Wirtschaft ist getrieben von Aufmerksamkeit. Du musst bemerkt werden. Das heißt aber nicht, dass du am lautesten schreien musst, um gehört zu werden. Das Level von Wirkung ist entscheidend. Die Modewelt verändert sich, von Print zu bewegten Bildern, von Journalisten zu Bloggern, vom realen Laden hin zum Onlineshop. Das sind große kulturelle und technologische Umwälzungen. Die einzige Position, die man in einer Aufmerksamkeitswirtschaft einnehmen kann, ist eine in die Zukunft gerichtete.

Im Moment wissen viele Firmen in der Modeindustrie nicht, was sie tun sollen.

Menschen signalisieren etwas mit Mode. Das war schon immer so, aber jetzt muss man herausstechen. G-Star spielt gern damit, Codes zu brechen, und das beobachte ich auch bei den anderen immer mehr.

Vor 20 Jahren hatten nur Luxushäuser Hollywoodstars in ihren Kampagnen. Jetzt ist eine der größten Kampagnen die von H&M mit Beyoncé in zehn verschiedenen Bikinis, weltweit. Da wird ein Produkt beworben, das unter zehn Euro kostet, an der größten weiblichen Ikone der Welt! Die Codes werden einfach gebrochen. Die Sprache der Mode und ihre Formel haben sich verändert. Das ist der Grund, warum die Leute Panik haben – sie verstehen die Formel nicht mehr.

Das Gespräch führte Grit Thönnissen.

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