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Gut bemäntelt. Franzius verkauft jetzt in Berlin in ihrem eigenen Laden.

© promo

Mode aus Berlin: Franzius ist zurück im Zentrum

Lange verkaufte Stephanie Franzius ihre Mode vor allem in Fernost. Mit einem eigenen Laden im Prenzlauer Berg wird sie auch hier wieder sichtbar.

Mal wieder ein Neuanfang. So fühlt sich der Umzug für Stephanie Franzius vom Souterrain in einer DDR-Platte am Rande von Prenzlauer Berg in ein Ladengeschäft in der Schwarzkopffstraße 16 in Mitte an. Dabei gehört die Designerin längst zum Berliner Modeestablishment.

Ihr Label gründete sie 2006 nach ihrem Modestudium in Berlin, New York und Amsterdam. Sie nahm an Wettbewerben teil, veranstaltete Modenschauen, stellte auf Messen aus. Vor allem hielt sie durch und hat einen klaren, wiedererkennbaren Stil entwickelt. Heute macht sie 70 Prozent ihres Umsatzes in Japan. „Ohne Japan gäbe es mein Label nicht mehr“, sagt sie. Vor ein paar Jahren organisierte ihr Showroom in Tokio ein Franzius-Event. „Da kamen alle in meinen Kleidern, so etwas wäre hier unvorstellbar. Da musste ich weinen.“

Stephanie Franzius ist nicht die einzige Designerin, die in Berlin lebt und entwirft und von den Verkäufen in Japan lebt. Auch Frank Leder und das Designerduo von C.Neeon konzentrieren sich inzwischen fast ausschließlich auf das Geschäft mit Fernost.

Noch muss man ihr Atelier ein wenig suchen

Hier war Franzius von der Bildfläche verschwunden. Als ihr die Wohnungsbaugesellschaft das Atelier kündigte, entschloss sie sich, in ihrer Heimatstadt wieder sichtbarer zu werden. Jetzt hat sie zwei Schaufenster, in denen ihre Kleider hängen, der wuchtige Zuschneidetisch steht mitten im Raum. Inzwischen freut sie sich über die Neugier, die ihr als Designerin entgegengebracht wird.

Und das völlig zu Recht. Sie sorgt wie einige andere Designer dafür, dass Berlin echte Alternativen zu all den Modeketten bietet, die alle mehr oder weniger das Gleiche verkaufen. Noch muss man ihr Atelier ein wenig suchen, es liegt zwischen Großbaustellen in Mitte und dem unwirtlichen Teil von Wedding.

Das wird sich spätestens im Juli ändern, denn nicht nur die Designerin ist umgezogen, auch die Fashion Week muss in diesem Sommer ihren angestammten Platz am Brandenburger Tor für die WM-Fanmeile räumen. Sie zieht in Franzius’ direkte Nachbarschaft, ins Erika-Hess-Eisstadion, schräg gegenüber.

Mohairjacke für den nächsten Herbst von Franzius.
Mohairjacke für den nächsten Herbst von Franzius.

© promo

„Ich habe schon überlegt, ob ich mein Atelier zur Fashion Week als Showroom vermieten soll“, sagt Stephanie Franzius. Im Januar hat sie nach langer Zeit mal wieder eine Modenschau gemacht – im Zelt am Brandenburger Tor. „Es hat richtig Spaß gemacht, mir die Kleider mal nicht nur auf dem Bügel vorzustellen, das hat die ganze Kollektion verändert.“ Im Sommer wird sie trotzdem nicht dabei sein, denn sie entwirft keine Sommerkollektionen mehr.

Ihre Muster erinnern an ein digitales Feuerwerk

Auch das ist eine Entscheidung, wie sie typisch für Berliner Designer ist. Immer mehr von ihnen spezialisieren sich auf wenige Produkte. Bei Franzius laufen Mäntel und Jacken aus dicker Wolle besonders gut. „Das war eine einfache Rechnung. Ich mache lieber eine schöne, austarierte Winterkollektion, die ich gut verkaufe, als dass ich mich verzettele.“ Damit entzieht sich die 38-Jährige bewusst den Zwängen des Marktes, immer schneller mehr produzieren zu müssen. „Ich habe immer versucht, ein gutes Leben zu führen“, sagt sie.

Für jeden Herbst entwickelt sie ihre Klassiker weiter, nimmt einen neuen Schnitt hinzu, experimentiert mit neuen Materialien – wie gerade mit Neopren. Um mit einer neuen Kollektion zu beginnen, braucht sie erst einmal „so ein Gefühl.“ Das begleitet sie, bis sie die fertigen Kleidungsstücke in Händen hält. Dieses Mal hat der Künstler Phillip Bürger Stephanie Franzius mit seinen Arbeiten das richtige Gefühl gegeben. Röntgenartige Fotografien inspirierten sie zu einem schwarzgrundigen Muster, das ein wenig an ein digitales Feuerwerk erinnert. Zusammen haben sie ein Video zur Herbst/Winter-Kollektion 2014/15 produziert.

Ihre Mäntel fühlen sich an wie ein kleines Haus

Für Stephanie Franzius ist es so, wie sich die Finger zu verbrennen, wenn sie sich an ihre Kollektion heranarbeitet – so viele verschiedene Dinge zu verarbeiten! Erstaunlich, wie klar ihre Entwürfe am Schluss dastehen. Ihre Mäntel fühlen sich an wie ein kleines Haus: sicher, voluminös und warm. Sie sehen dabei aber keineswegs aus wie unförmige Zelte.

Auch, wenn sie keine Sommerkollektionen mehr anbietet – jetzt hängen noch jede Menge schöne Kleider, Hemden und Hosen in bunten Farbverläufen für warme Tage in ihrem Geschäft. Und – im Moment noch unvorstellbar weit weg – für die ersten kalten Tage auch schon ein paar Wollmäntel.

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