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Mode: Fashion Week Berlin: Après-Ski in Berlin

Die Marke Sportalm aus Kitzbühel ist das erste Mal auf der Fashion Week. Und das Wetter spielt mit.

Als hätten sie es bestellt: Passend zur ersten Show der Wintersportmarke Sportalm liegt endlich nennenswerter Schnee auf den Berliner Straßen. Mit den ersten Flocken ist auch ein Stein von Ulli Ehrlichs Herz gefallen. „Im Dezember lag selbst in Kitzbühel noch kein Schnee“, sagt die Chefdesignerin. Das merke man natürlich, wenn man Skimode produziert. Der Klimawandel geht eben auch an der Mode nicht spurlos vorbei. Aber Sportalm kann mehr als Ski: Das Herzstück des Familienunternehmens ist die Trachtenmode, mit der alles angefangen hat. Seit zwölf Jahren gibt es zudem eine klassische Modekollektion, und die will Ulli Ehrlich heute auf dem Laufsteg präsentieren.

Auf Berliner Messen war die Marke schon oft dabei. „Mit einer Show kann man die Kollektion aber emotional aufladen, anstatt den Händlern bloß die Teile auf dem Bügel zu zeigen”, sagt Ulli Ehrlich in butterweichem österreichischem Dialekt. Für den deutschsprachigen Raum, in dem Sportalm am stärksten vertreten ist, sei die Hauptstadt die interessanteste Plattform. Aber auch Wien hat seine Modewoche. „In dem Punkt hat Österreich ein noch schwereres Schicksal als Deutschland“, meint Ehrlich. Zwar sei die „Vienna Fashion Week“ ein ambitioniertes Projekt, doch es fehle an medialer Aufmerksamkeit und starken Partnern wie Mercedes-Benz. Kreatives Potential will Ehrlich den Österreichern jedoch nicht absprechen.

Und ihr eigener Stil? Der Spagat zwischen Sportlichkeit und Femininität sei signifikant für Sportalm. Modische Gegensätze unter einen Hut zu bringen, lerne man in Kitzbühel ganz natürlich. „Ein paar Wochen im Jahr ist in dem 8000-Seelen-Städtchen die weite Welt zu Hause”, sagt sie, „Dann ist der Ort plötzlich glamourös und trotzdem bodenständig. Zudem ist Kitzbühel eine Sportstadt, wir haben nicht nur einen Olympiasieger hervorgebracht.“

Die Tradition hat Tradition im Familienunternehmen

Sport, ein bisschen Glamour, jede Menge Tradition – so ist auch Sportalm. Der Sinn für das Traditionelle ergibt sich aus der Firmengeschichte: 1953 als kleine Strickerei gegründet, übernahm Ulli Ehrlichs Vater Wilhelm 1980 das Label. Seitdem ist es familiengeführt. „Gerade heute, wo das Thema Nachhaltigkeit so wichtig ist, kann es von Vorteil sein, ein Familienunternehmen zu leiten“, sagt Ulli Ehrlich. „Familienunternehmen arbeiten automatisch nachhaltig, weil wir in Generationen denken. Wir sind keinem Aktionär etwas schuldig.“ Aber die Mitarbeiter dürfen sich freuen: Letztes Jahr wurde der Firmensitz in Kitzbühel neu gebaut. „Der ist nach Feng Shui eingerichtet, es gibt eine Kantine mit Frischküche und jeden Dienstag Mitarbeiter-Yoga“, berichtet Ehrlich. „Aktionäre wären davon wohl weniger begeistert.“

Dafür würden auch unternehmerische Schwierigkeiten innerhalb der Familie schnell emotional. Welches ihrer eigenen Kinder vielleicht mal an der Sportalm-Spitze steht, darauf will sich die fünffache Mutter noch nicht festlegen. „Die sind alle noch zu klein“, sagt sie.

Genug zu tun für alle fünf gäbe es bestimmt: Neben dem deutschsprachigen Raum werden die Linien seit 20 Jahren in Osteuropa vertrieben, vor einigen Saisons kamen die USA hinzu. Die Produktion wurde nach Bulgarien verlagert. Auch den rund 500 Mitarbeitern dort gehe es recht gut. „Wir haben sichergestellt, dass sie gewerkschaftlich organisiert sind“, sagt Ehrlich. Alle Materialien kommen aus Frankreich und Italien: Die Mode von Sportalm soll ein richtiges EU-Produkt sein.

In dieses Bild passt die Schau in Berlin perfekt (mehr dazu in unserem Blog). Im Sommer will Ulli Ehrlich ans Brandenburger Tor zurückkehren. Der Kontrast zwischen der von Streetwear dominierten Stadt und einer traditionsreichen Marke ist groß, doch die Resonanz sei bisher gut: „Wir haben überraschend viele Anmeldungen. 700 Plätze vollzukriegen, ist ja nicht so einfach.“ Schon gar nicht mit klassischer Mode vor einem Berliner Publikum. Ulli Ehrlich will trotzdem was wagen: „Im nächsten Sommer zeigen wir hier vielleicht unsere Trachtenmode.“

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