zum Hauptinhalt
305794_0_9d2ca8a7.jpg

© Kai-Uwe Heinrich

Treffpunkt Tagesspiegel: Große Bühne für die Mode

Treffpunkt Tagesspiegel im Kino Babylon: Ideen, Mut und Netzwerke – wie Berlin zur Stadt der Mode und des Designs werden kann.

Was braucht Berlin, um eine moderne Stadt des Designs zu werden? Finanzielle Unterstützung von Unternehmen, vom Land Berlin, vom Staat? Egal, aber es müsste etwas passieren, findet Michael Sontag, Berliner Jungdesigner. Stimmt nicht, widerspricht der Chef der Modemesse Bread & Butter, Karl-Heinz Müller. Er ist sich sicher: „Ein gutes Produkt setzt sich langfristig auch so am Markt durch.“ Nur ein Schlagabtausch der Mode-Experten beim „Treffpunkt Tagesspiegel“ im vollbesetzten Kino Babylon.

Der Meinung von Müller konnte Leyla Piedayesh zustimmen. Die Berliner Designerin ist seit sieben Jahren im Geschäft, verkauft ihre Produkte weltweit – vor allem ihre Kaschmirtücher haben ihre Marke Lala Berlin bekannt gemacht. „Aber trotzdem vermisse ich hier in Berlin die Koryphäen, die seit mehr als fünf Jahren in der Modebranche arbeiten.“ Die würde sie gern anrufen können und um Rat fragen: „Aber die gibt es in Berlin nicht.“ Da würde sich eigentlich Joop-Chefdesigner Dirk Schönberger anbieten – der fünfte Diskutant, der am Montagabend vor der großen Leinwand im Kinosaal saß und mit Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt darüber sprach, „wie aus Berlin eine moderne Stadt des Designs werden kann“.

Auf jeden Fall nicht durch größere Demokratisierung der Modenschauen, da waren sich alle fünf Fachleute einig. Ob es nicht eine gute Idee sei, dass sie ihre Schauen für alle öffnet?, fragte Lorenz Maroldt die Designern Leyla Piedayesh. Die schüttelte den Kopf: „Das ist keine schöne Idee, meine Schau auf der Fashion Week ist für das Fachpublikum und die Privilegierten und nicht für Gisela Hermann vom Kudamm. Die soll keine Karte gewinnen.“ Sprach''s, kniff die Augen zusammen, schaute ins Publikum und sagte: „Hoffentlich ist sie nicht hier.“

Dass aus eben diesem Publikum meist eher Szenenapplaus für klare Bekenntnisse zur etwas elitären – sprich qualitätsvollen und inhaltlicheren Hinwendung zum Thema Mode kamen, lag daran, dass nicht nur Berliner Designer wie Esther Perbandt oder das Designduo Mongrels in Common, sondern auch viele Modeprofessoren und ihre Studenten im Publikum saßen und wissen wollten, wie es in Berlin weitergehen könnte.

Auch gegen die Demokratisierung untereinander oder eine engere Zusammenarbeit der verschiedenen Protagonisten wie Messen-, Schauenveranstalter, der kleinen Designer und großen Modemarken sprachen sich alle Teilnehmer aus – zu groß seien die Unterschiede der verschiedenen Akteure.

Michael Werner, dessen Fachzeitschrift in Frankfurt herausgegeben wird, hatte den klaren Blick des Auswärtigen. „Ich sehe die Gemeinsamkeiten in diesem Business nicht – erst einmal ist Berlin eine Plattform, die von vielen genutzt wird.“ Vielleicht auch zu sehr, um sich auf den zahlreichen Partys, die nach den Messen und Modenschauen stattfinden, zu amüsieren?, fragte Lorenz Maroldt den Designer Schönberger. Dessen Modenschauen für Joop! gehörten zu den Höhepunkten der Fashion Week. „Ich gehe gern auf Partys, aber als ich aus Antwerpen hierherkam, war ich es nicht gewohnt, dass die Gäste nach der Schau etwas essen wollen. Immerhin geht es um Mode!“ Leyla Piedayesh war sogar der Meinung, dass es da einen wirklichen Aufklärungsbedarf gibt: „Mode ist nicht gleich Party.“ Lieber würde sie über Schnittkonstruktion und Stofflichkeit statt über Events sprechen. Aber: „Die Modekultur ist hier so nicht verankert, dass man sich intellektuell mit dem Thema beschäftigt.“

Aber es mangele auch an Unterstützung von fachlicher Seite, wurde kritisiert. „Es kommen 80 000 Fachbesucher nach Berlin, aber trotzdem sehe ich die Kollektion von vielen jungen deutschen Designern danach in keinem Laden hängen“, sagt Michael Werner. Es gebe beim deutschen Einzelhandel eine deutliche Scheu, junge Kollektionen zu verkaufen.

Zum Schluss fragte Lorenz Maroldt den Publizisten Michael Werner, wie sehr sich die Wirtschaftskrise auf die Mode auswirke. Da hatte Werner eine frohe Botschaft zu verkünden: „Die Leute wundern sich über die Deutschen, die kaufen einfach weiter. Wir sind eine Insel der Glückseligkeit – und das ist ja nicht typisch für uns, wir sind ja eher melancholisch und larmoyant.“ Und auch zum Luxusmarkt hatte er nur Gutes zu sagen. „Den gibt es bei uns nicht, deshalb bricht er jetzt auch nicht weg.“ Vielleicht lag es auch an diesem Optimismus, dass die Gäste noch eine Weile beisammenstanden – vielleicht lag es aber auch an der anderen Botschaft des Abends: Netzwerke sind überlebenswichtig. Das fand auch Michael Sontag: „Deshalb sitze ich heute ja auch auf diesem Podium.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false