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Mona Ohlendorf und Wolfgang Grupp machen kompostierbare T-Shirts.

© promo

Wolfgang Grupp über sein neustes Projekt: Öko für die Massen

Dass die T-Shirts von Wolfgang Grupp in Deutschland gefertigt werden, ist bekannt. Jetzt hat der Trigema-Chef zusammen mit der Berliner Designerin Mona Ohlendorf die Crade-to-Cradle-Kollektion auf den Markt gebracht. Was es damit auf sich hat, erzählen die beiden hier. 

Frau Ohlendorf, was bedeutet Cradle-to-Cradle?

Ohlendorf: Produkte und Herstellungsweise werden in der Entwicklung auf Recycling ausgerichtet, sodass die eingesetzten Rohstoffe nach Gebrauch zu gleicher Qualität zurück gewonnen werden können – und zwar langfristig. Dabei geht es nicht um einen geschlossenen Kreislauf, in dem aus einem Joghurtbecher wieder ein Joghurtbecher wird. Es geht darum einmal gewonnene Rohstoffe dauerhaft auf hohem Niveau nutzbar zu machen. Dann kann aus dem Becher auch ein Föhn werden, eine Duschhaube und dann wieder ein Joghurtbecher.

Also ein Kreislauf wie in der Natur?

Ohlendorf: Ja, so ist es auch beim biologischen Kreislauf. Auch Mutterboden ist endlich. Deshalb muss man seine Fruchtbarkeit erhalten. Es ist ein sehr kostbarer Nährstoff, und der steckt auch in der Kleidung. Wenn ich mein T-Shirt mit schlechter Chemie färbe, ist die Faser mit Schadstoffen kontaminiert, dann kann ich es nicht als Nährstoff zurückgeben. Bei Cradle-to-Cradle sind alle Chemikalien biologisch abbaubar und fungieren als Nährstoff.

Herr Grupp, kann man mit einem biologisch abbaubaren T-Shirt Aufmerksamkeit erregen?

Grupp: Für uns ist Cradle to Cradle ein zukunftsfähiges Konzept. Zwei Jahr haben wir zusammen mit Prof. Dr. Braungart daran gearbeitet, bis wir 2006 unsere ersten Produkte auf den Markt brachten. 2010 machte Frau Ohlendorf den Vorschlag, diese Linie für neue und modische Zielgruppen auszubauen. Jetzt verkaufen wir die neue Basiskollektion im Internet und bieten unsere Produkte auch dem Handel an.

Das heißt, Sie haben sie angestellt.

Grupp: Ja, sie ist nicht nur die Designerin der Kollektion, sie ist auch verantwortlich für die Farben, die richtigen Models, den Internetauftritt – für alles. Und wenn es Probleme gibt, muss sie versuchen, sie zu lösen.

Wollten Sie denn bei Trigema angestellt werden?

Ohlendorf: Ich wollte in erster Linie dazu beitragen diese Konzept und solche Produkte populär zu machen und Trigema ist in diesem Bereich der einzige Hersteller. Ich mache ja schon lange grüne Mode – aber in kleineren Dimensionen.

Also Projekte, wie man das in Berlin so macht?

Ohlendorf: Ja, auf ganz verschieden Ebenen. Meine eigene Kollektion aus diesen Trigema-Stoffen ist sehr gut angekommen. Aber das sind dann immer exklusive Kleinauflagen, eigentlich braucht es ein Massenprodukt. Ich wollte es in einer Dimension umsetzen, die wirklich eine Alternative zum konventionellen Produkt bietet.

Hätten sie sich so etwas vorstellen können, als sie 1969 die Unternehmensleitung übernommen haben?

Grupp: Ich bin nicht ins Unternehmen gegangen und habe mich gefragt, was ist 2006? Ich lebe im Jetzt und versuche die täglichen Probleme und Herausforderungen zu lösen. Fortschritt und Entwicklung ist für ein Traditionsunternehmen am Standort Deutschland von größter Bedeutung.

Ist das ein Schritt, auf den sie gewartet haben?

Grupp: Ich bin immer an Neuem interessiert. Früher gab es jeden Sommer ein neues Thema.

Meine Produktionsweise erlaubt absolute Flexibilität, deshalb konnte ich schon immer schnell auf Trends reagieren und beispielsweise in kürzester Zeit von Marine- auf Khaki-Look umstellen. Cradle-to-Cradle ist aber anders. Das ist nichts für eine Saison – das ist ein Zukunftsprodukt, wenn der Verbraucher es haben will.

Es gab mal 26 textile Unternehmen in Burladingen, heute gibt es nur noch Ihres. Hat da mal einer angeklopft und gesagt: ‚Wir haben ein Problem, wie können wir es lösen?’

Grupp: Nein. Damals war diese Entwicklung ja auch nicht abzusehen. Das Festhalten an der traditionellen, lokalen Produktionsweise war als Unternehmensmodell lange Zeit vollkommen unpopulär. Ich denke, das Problem und die Herausforderung ist immer, den Wandel der Zeit zu erkennen.

Sie haben also immer gegen den Trend gehandelt?

Grupp: Mit der Öffnung der Märkte sind viele Mitbewerber ins Ausland gegangen um dort billiger zu produzieren. Das hat die deutsche Textilwirtschaft demontiert und hunderttausende Arbeitsplätze gekostet.

Fragen Sie Ihre Kinder um Rat? Die sollen ja mal in das Unternehmen einsteigen.

Grupp: Selbstverständlich interessiert mich die Meinung meiner Kinder. Es gibt kein Projekt, über das wir zu Hause nicht reden. Alle sind eingebunden, so weit sie da sind. Meine Kinder sind jetzt erwachsen und studieren in London.

Ohlendorf: Herr Grupp und ich hatten eigentlich in Burladingen alles besprochen. Drei Tage später klingelte das Telefon: „Wir sind in der nächsten Woche in Berlin, meine Frau möchte sie kennen lernen und meine Kinder sind auch dabei“.

Dann wussten Sie ja, worauf sie sich einlassen.

Ohlendorf: Und das hat mich sehr motiviert.

Das Gespräch führte Grit Thönnissen

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