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Zalando: Neuer Styling-Service "Zalon": Aufregung inklusive

Mit „Zalon“ bietet Onlinehändler Zalondo eine persönliche und  kostenfreie Stil- und Einkaufsberatung, die den „perfekten Look“ verspricht. Ein Selbstversuch.

Als sich zuletzt jemand für meine Garderobe verantwortlich fühlte, trug ich wahlweise opulente Tüllschleifen im Haar oder neongesprenkelte Schimmerleggins zu übergroßen Strickpullovern mit Zopfmuster – als „oversize“ noch kein offizieller Look war. (Mama, ich weiß, du hast es gut gemeint.) Mit Ende 20 klappt das Klamotten-aufs-Bett-Legen mittlerweile auch selbst ganz gut. Für all diejenigen aber, denen in Sachen Mode das richtige Händchen, die Muse oder schlichtweg die Zeit fehlt, hat Zalando seit kurzem einen neuen Kundenservice in petto.

Das deutsche Onlineunternehmen hat im Mai das Projekt „Zalon“ gelauncht, eine persönliche, digitale und kostenlose Stil- und Einkaufsberatung à la Outfittery, Modomoto oder Kisura. Auf einer eigens dafür angelegten, externen Plattform verspricht Zalon „erfahrene Stilexperten“, die einem „kreative“ und „individuell perfekt abgestimmte Looks“ aus „Deutschlands größtem Kleiderschrank“ zusammenstellen. Ein Exklusivitätsversprechen, das erst einmal schmeichelt und vielleicht ja endlich die heute ach so sensible Shopping-Life-Balance austariert.

Navigiert man über die trendig minimalistische, graphisch ansprechende Benutzeroberfläche, soll es in drei einfachen Schritten zum Erfolg gehen, indem man sein eigenes Stilprofil erstellt, sich von einem Stylisten beraten lässt und ein passendes Outfit zugeschickt bekommt. Ich entwerfe also als erstes meinen modischen Avatar. Dafür werden mir nacheinander etwa 20 verschiedene, am Model gestylte Complete-Looks vorgestellt, bei denen ich mich in spontaner Tinder-Manier entscheide, ob sie mir gefallen oder eben nicht. Aus einer üppig schattierten Palette wähle ich Farbtöne, die ich am liebsten trage, Marken und Looks, auf die ich gewöhnlich verzichte (wobei ich „Strass“, „große Logos“ und „Shorts“ getrost wegklicke) und gebe dann ein ungefähres Budget an. Haarfarbe, Teint, Körperproportion und Konfektionsgröße werden abgefragt, wobei ich mich frage, was das Wörtchen „durchschnittlich“ im Zalando-Universum in konkreten Zentimetern bedeuten mag. Tatsächlich sicher bin ich mir am Schluss nur noch bei der Schuhgröße. Aber immerhin.

So sieht der Inhalt von Sarahs Zalon-Paket aus.
Ein Paket, ein Paket! So sieht der Inhalt von Sarah-Maria Deckerts Zalon-Paket aus.

© Sarah-Maria Deckert

Countdown bis zum "Style-Gespräch"

Anhand meiner Eingaben werden drei Stylisten für mich ermittelt, darunter Flugbegleiterin Martha, Fitness- und Tattoo-Fan Coco und Kostümbildnerin Miriam, die auf „Individualität und Ehrlichkeit“ steht, wie mir ihr Profil verrät. Ich überfliege kurz die jeweils verlinkten Pinterest-Accounts, verteile imaginäre Sympathiepunkte und glaube zu meinen, dass mir Miriams Bildästhetik am ehesten zusagt.  Aus ihrem Kalender wähle ich einen noch freien Termin am nächsten Morgen um 10 Uhr und nach gut 30 Minuten läuft dann der Countdown bis zum persönlichen „Style-Gespräch“.

Tags darauf klingelt mein Smartphone überpünktlich und ich bin mit der liebenswürdigen Ich-könnte-auch-deine-Freundin-sein-Miriam sofort per du – „Sind ja ungefähr im gleichen Alter, nä?“ Im Eiltempo streifen wir durch meine Kleiderrepertoire, besprechen Einkaufs- und Tragegewohnheiten, stilistische Vorlieben und den Anlass, für den das Outfit gedacht ist (Fashion Week). Ich mach keine zu genauen Angaben, möchte mich mit einem casual schicken Ensemble in gedeckten Farben überraschen lassen und erwähne zum Schluss noch, dass ich kein allzu großer Fan von Blazern bin. Nach gut 15 Minuten hat sie alle Daten, die sie braucht, und weil ich sage, dass es drängt, verspricht sie, meine Bestellung so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen.

Unsere Autorin Sarah-Maria Deckert in einem Outfit von Zalon.
Unsere Autorin Sarah-Maria Deckert in einem Outfit von Zalon.

© Doris Spiekermann-Klaas

Ein Gefühl von Weihnachten

Tatsächlich drückt mir mein Paketbote trotz Poststreik bereits nach drei Tagen (in den FAQs werden normalerweise fünf bis sieben veranschlagt) ein ziemlich großes Päckchen mit praktischem Tragehenkel in die Hand und in meinem Bauch steigt ein Gefühl von Weihnachten hoch. Die Freude ist riesig, ich verliere kurz die Selbstbeherrschung, reiße quasi noch im Gehen die Paketlasche auf und entfalte andächtig meinen hübschen Geschenkkoffer.

Darin ist alles liebevoll verpackt, die einzelnen Teile sind in Seidenpapier eingeschlagen und mit purpurnen Schleifen zu zwei Outfit-Variationen zusammengebunden. Insgesamt drei Hosen, ein Rock, ein Kleid, drei Oberteile, zwei Trenchcoats, zwei paar Schuhe und eine Halskette, die sich untereinander farblich und stilistisch gut kombinieren lassen. (Ein Notizheft gibt es gratis obendrauf.) Bei näherer Betrachtung fällt mir jedoch bei einigen Stücken die mangelnde Qualität der Stoffe auf, obwohl ich auf hochwertiges Material explizit Wert gelegt hatte. Bei der Anprobe scheitert es letztlich an den Passformen oder schlichtweg am Nichtgefallen. Meinen Stil finde ich zwar in Ansätzen wieder, überzeugt bin ich leider nicht und „kreativ“ ist an der ganzen Sache höchstens die Verpackung. Deshalb geht schlussendlich und mit etwas Enttäuschung das gesamte Paket samt Inhalt zurück.

Da tröstet es ein wenig, dass immerhin der Service kostenlos war – Aufregung inklusive. Wie bei Mama.

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