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Zukunft der Bread & Butter: Schluss mit erster Klasse

Im Sommer öffnet die Fachmesse Bread & Butter für die Öffentlichkeit. Karl-Heinz Müller reagiert damit auf den aktuellen Wandel in der Modebranche. Eine genaue Vorstellung davon haben die Aussteller allerdings noch nicht.

Stillgelegt sieht anders aus: Im Foyer des ehemaligen Flughafens Tempelhof laufen Besucher hektisch zu den zehn offenen Schaltern und zeigen ihre Dokumente vor. Prüfende Blicke, lautes Tastengetippel, zwei, drei Nachfragen — und nach einigen zähen Minuten liegt das Ticket endlich auf dem Tresen. Danke schön, und weiter geht’s. Während die Frauen und Männer ihre Karten noch einmal bei der Passkontrolle vorzeigen, laufen die Rollbänder. Ohne Pause. Unentwegt. Und oben, an der Wand, stehen die Ziele des heutigen Tags: Urban Base, Urban Fashion, Urban Superior. Alles Orte auf der Bread & Butter, einer kleinen Insel in der Welt der Mode. Bisher kamen nur Menschen mit einem Erste-Klasse-Ticket dorthin. Doch ab dem Sommer öffnet sich der elitäre Kreis.

„Einige haben bei der Vorankündigung behauptet: Ich bin verrückt geworden. Ich sage: Der Markt ist ver-rückt“, erklärt Karl-Heinz Müller, Chef der Modemesse, sein neues Konzept. Damit meint er, dass nicht mehr nur Designer, Händler und Fachjournalisten Impulse in der Branche setzen, sondern auch modebewusste Käufer und Lifestyle-Blogger. Aus diesem Grund möchte er ihnen ebenfalls die Möglichkeit bieten, die 600 Stände der Messe für Streetwear zu besuchen und die Kollektionen für die übernächste Saison zu sehen. Ohne etwas zu kaufen.

Aussteller sind zwiespältiger Meinung

Ob die Idee sinnvoll ist? Der Geschäftsführer von Buffalo beurteilt die Idee gelassen. „Ich denke nicht, dass deswegen Studenten aus München anreisen werden. Durch die Neuen Medien zeigen aber immer mehr Menschen ein Interesse an Mode und sie können hier in Zukunft hinter die Kulissen schauen, bevor die Kollektionen in den Laden kommen“, sagt Michael Conradi inmitten von Stöckelschuhen, Ballerinas und Sandalen. Sharon Fraser von der Marke Glamorous ist nicht ganz so optimistisch. „Ich hoffe, dass wir uns dann noch genügend auf die Käufer konzentrieren können“, sagt sie und begrüßt einen Gast ihres Standes per Händedruck.

Weil Karl-Heinz Müller Zweifel erwartet hat, sagte er im Dezember: „Die unterschiedlichen Interessengruppen werden weiterhin selektiv eingeladen.“ Soll heißen: Am ersten Tag dürfen weiterhin nur Journalisten, bekannte Blogger und geladene Gäste kommen. Am zweiten und dritten Tag darf das Fachpublikum durch die ehemaligen Flughafenhallen laufen, und am vierten und fünften Tag können dort Endverbraucher umherschlendern. „Ich weiß nur nicht, ob fünf Tage wirklich sein müssen“, sagt Michael Conradi. Der dritte Tag wird schon viel weniger besucht als der erste Tag und wir müssen für die zusätzlichen Stunden mehr Personal einstellen.“

Ein Luxusambiente für Jedermann

Zwei Mitarbeiter des italienischen Sportartikelherstellers Diadora nutzen den momentanen Leerlauf an ihrem Stand mit ein paar Tanzschritten. In lässigen Sweatjacken bewegt sich das Duo zu dem Beat eines Rappers und singt dabei. Die Wand hinter ihnen ist bunt besprüht, ein Basketballkorb ist daran angebracht. So wie sie gestalten viele Aussteller der Messe ihre Quadratmeter mit mehr als ein paar Kleiderstangen und Schriftzügen des Labels. Das Unternehmen Scotch and Soda hat zum Beispiel die Attrappe eines exklusiven Hotels oder Clubs gebaut. Potenzielle Käufer gehen bei ihnen auf zwei Männer in schwarzen Anzügen zu, die vor der Tür stehen und den verhüllten Eingang kontrollieren. Links und rechts sehen die Wände aus als seien sie aus Marmor, und über ihren Köpfen sind kleine Leuchten angebracht. Ein Luxusambiente, das im Sommer für jedermann geschaffen wird.

Die Labels müssen bis zum Sommer umdenken

Weil die neuen Besucher eine andere Kundschaft als die Händler sein werden, müssen die Labels nun umdenken: Sie werden sich überlegen, ob sie den aktuellen Saisonrhythmus beibehalten und an den Publikumstagen im Juli die neue Kollektion für Frühjahr/Sommer 2015 oder die Kollektion für den anstehenden Herbst 2014 präsentieren. Sie werden die Etiketten mit den Einkaufspreisen von ihren Kleidungsstücken entfernen und zudem eine andere Sprache finden müssen. „All das können wir nicht der Bread & Butter überlassen“, sagt Conny Stöckl, Marketing-Managerin bei Lacoste. „Jeder von uns muss sich überlegen, wie er dem Kunden seine Marke näherbringt – und zwar nicht nur mit netten Goodies.“ Stephan Künz, Geschäftsführer des Labels Blutsgeschwister, hatte dafür am Dienstagabend noch keine Idee. „Ich habe erst jetzt davon erfahren und werde mich erst einmal informieren, was hier im Sommer passieren soll“, sagte er.

Eine Reaktion auf den Wandel in der Branche

Auch wenn die Aussteller noch nicht wissen, was sie bei der nächsten Bread & Butter anders machen werden, verstehen sie den Grundgedanken hinter dem neuen Konzept: Müller will auf den aktuellen Wandel in der Modebranche reagieren. Durch die Neuen Medien gibt es immer mehr Menschen, die Mode präsentieren, kommentieren und machen. Giorgio Armani, Alexander Wang und Calvin Klein zeigen ihre Modenschauen mittlerweile per Livestream im Internet. Andere Designergrößen wie Karl Lagerfeld, Stella McCartney und Isabel Marant entwerfen seit 2004 wiederum Kollektionen für H & M. Die Zielgruppe ist dabei der gewöhnliche Kunde. Jener, der im Sommer auch über die Fachmesse im alten Flughafen laufen wird.

Die Bread & Butter findet das nächste Mal vom 8. bis 12. Juli im ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof statt. An den letzten beiden Tagen ist die Messe öffentlich.

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