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Panorama: Moon-Sekte: Tränen für die Presse

Im Drama um den verheirateten Exorzistenbischof Emmanuel Milingo (71) zeichnet sich eine Lösung ab. Der Geistliche aus Afrika teilte Papst Johannes Paul II.

Im Drama um den verheirateten Exorzistenbischof Emmanuel Milingo (71) zeichnet sich eine Lösung ab. Der Geistliche aus Afrika teilte Papst Johannes Paul II. in einem Brief mit, dass er sich von seiner Frau trennen wolle. Das berichtete das italienische Fernsehen unter Berufung auf den Vatikan. Außerdem werde er, Milingo, alle Verbindungen zur Moon-Sekte abbrechen. Stattdessen wolle er sich wieder "mit ganzem Herzen" in der katholischen Kirche engagieren.

Milingo hatte am 27. Mai bei einer Massentrauung der Moon-Sekte die 46 Jahre alte Südkoreanerin Maria Sung geheiratet. Diese trat am Dienstag publikumswirksam in Rom in einen Hungerstreik. Ziel: Sie will die Rückkehr des Kirchenmannes an ihre Seite erzwingen. "Ich werde jeden Tag um sechs Uhr morgens auf dem Petersplatz beten und Gott anflehen, dass er (Milingo), wo immer er ist, mein Gebet hört." Für Kommentatoren steht fest: "Das hat alles von einer Seifenoper."

Doch der "verlorene Sohn" hat Anfang vergangener Woche bereits wieder beim Papst angeklopft. Nach einer "väterlichen Ermahnung" des Kirchenoberhauptes zog er sich an einen geheimen Ort in Italien zurück. Dort will er mit "Gebet und Reflexion" seine Aussöhnung mit der Kirche vorbereiten. Der Vatikan hatte unter Androhung der Exkommunikation gefordert, dass Milingo sich von der Frau trennt und alle Verbindungen zur Moon-Sekte abbricht.

Doch die Ärztin aus Südkorea gab sich entschlossener denn je. Freilich wollte sie keine Stellung zu Berichten nehmen, wonach sie bereits mehrfach verheiratet gewesen sei. Auch auf Fragen, ob ihre Familie durch Moon zu ihrem Reichtum gekommen sei, schwieg sie. Maria Sung ist nach italienischen Angaben seit fünf Jahren in der Sekte und dem Anführer eng verbunden. Milingo habe in einem Brief an sie bereits eingestanden, dass die Hochzeit ein Fehler war. Doch Maria Sung nahm das von Mittelsmännern überbrachte Schreiben nicht an. Sie beharre auf einem persönlichen Gespräch, hieß es. Zuletzt behauptete sie sogar, sie sei vielleicht schwanger. Sie werde einen Test machen - aber nur in Anwesenheit ihres Mannes. "Für die katholische Kirche haben Hochzeiten nach dem Ritus der Moon-Sekte keine Gültigkeit", erläuterte Kardinal Giovanni Cheli in einem Interview. "Ich weiß, dass Milingo wieder Ordnung in sein Leben bringen will. Lassen wir ihn in Frieden, und alles wird sich lösen." Im Falle einer Schwangerschaft wäre Milingo allerdings zum Unterhalt für Kind und Frau verpflichtet. "Aber das ist zunächst nur eine Unterstellung", betonte der Kardinal.

Experten in Rom gehen davon aus, dass die Sekte hinter den spektakulären Auftritten der Frau am Petersplatz steht. "Wir lieben uns unendlich", rief sie schluchzend. Dabei hatte sie Milingo erst zwei Tage vor der Massentrauung kennen gelernt. Ein Kommentator dazu: "In wenigen Stunden ist die koreanische Frau des Exorzistenbischofs von der Rolle der von Antiklerikalen und Pseudo-Feministen umhätschelten Strohwitwe in die einer Komparsin von "Stranamore" ("Nur die Liebe zählt") geschlüpft, die vor laufenden Kameras weint und schreit." Mit den jüngsten Ankündigungen der Koreanerin hat die Moon-Bewegung versucht, gegenüber dem Vatikan die Daumenschrauben noch ein wenig anzuziehen und der katholischen Kirche den Schwarzen Peter zuzuschieben. Doch der Vatikan ließ sich bislang von keiner der Aktionen provozieren.

Eine kurze Pressemitteilung, in der das "Klima der Instrumentalisierung" beklagt wird, das die Geschehnisse um Milingo umgibt, war die einzige Andeutung eines Protests gegen die schrillen Töne der Gegenseite. Der als Drahtzieher und Regisseur auftretende Moon-Sprecher Phillip Schanker drohte unterdessen mit neuen Schritten. Geistliche unterschiedlicher Konfessionen in den USA würden gegen den Vatikan protestieren, falls dieser weiterhin Milingo gegen seinen Willen festhalte und die Menschenrechte von "Mrs. Milingo" missachte. Zuvor hatte Schanker dafür gesorgt, dass Sung einen Brief Milingos, den ein Gesandter des Vatikan ihr überbringen wollte, nicht in Empfang nehmen konnte. Schanker bestärkte damit den Verdacht, dass es ihm eher um eine Zuspitzung des Konflikts als um dessen Überwindung geht.

Die italienischen Medien, die sich im Sommerloch zunächst dankbar auf die Seifenoper in Bischofs-Violett und Koreanisch-Rosa gestürzt hatten und jede Äußerung der schluchzenden "Bischofsgattin" willig transportierten, schwenken langsam um. Die linksliberale "Repubblica" schrieb, es handele sich um den größten Werbespot in der Geschichte der Moon-Sekte.

Die wahren Hintergründe der schrillen Show hat unterdessen ein früherer Sprecher der Sekte aufgedeckt. Er berichtete, dass die Moon-Leute schon vor acht Jahren zu Milingo Kontakt aufnahmen, um ihn als eine Art Brückenkopf in die katholische Kirche hinein zu benutzen.

Ähnliches hatten sie mit verschiedenen protestantischen Kirchen in den USA bereits erfolgreich praktiziert, denn deren Führer waren leichter zu knacken. Unter dem Vorwand, gemeinsam "für die Familienwerte" einzutreten, arbeiten die Moon-Leute seit Mitte der 80er Jahre daran, ihre Sekte salonfähig zu machen und die konfessionellen Grenzen aufzuweichen, um in neuen Zielgruppen Fuß zu fassen. Auch in der katholischen Kirche suchte die Sekte jemanden, der an den Rand gedrängt war und neue Freunde brauchte, der aber dennoch seine Kirche nicht verlassen wollte. Der charismatische und in sich selbst widersprüchliche Außenseiter Milingo kam ihnen da gerade recht.

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