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Mordnacht in Sittensen: Die Handschrift der "Triaden"

Sie agieren lautlos und brutal - und seit der Mordnacht in Sittensen sind die "Triaden" in aller Munde. Ein Netz der chinesischen Mafia überzieht den Sicherheitsbehörden zufolge ganz Deutschland.

Berlin - Alles deutet darauf hin, dass die drei Frauen und vier Männer im China-Restaurant "Lin Yue" im niedersächsischen Sittensen von Mitgliedern der Triaden hingerichtet wurden. Die "Machart", dass die Opfer vorher gefesselt wurden, ist ein "eindeutiges Zeichen für die Handschrift der Triaden", war am Dienstag aus Sicherheitskreisen zu erfahren. "Alle äußeren Tatumstände" sprächen dafür, hieß es. Der Besitzer des Restaurants muss sich nach Einschätzung der Fahnder nachhaltig geweigert haben, weiter seinen festgelegten Schutzgeldbetrag an die Triaden zu zahlen.

Ein Besitzer eines chinesischen Restaurants, der auf keinen Fall genannt werden wollte, schilderte das Vorgehen der Triaden in den Tausenden China-Lokalen in Deutschland. Die Mitglieder der Triaden verständigten sich durch einen Fingercode. Die Triaden-Männer kämen in unregelmäßigen Abständen in sein Lokal zum Essen, meist abends. Sie seien gut gekleidet und benähmen sich tadellos. Zunächst seien sie überhaupt nicht als Angehörige der Triaden zu erkennen. Erst bei der Bezahlung werde der Chef verlangt. "Nach einer bestimmten Handbewegung weiß ich, es ist Zahltag", sagt der Restauranteigentümer. Welche Geldmengen wie übergeben werden, wollte er nicht verraten. "Das wäre mein sicherer Tod."

Sämtliche China-Restaurants zahlen Schutzgeld

"Das Eintreibungsnetz der Triaden ist nicht zu durchdringen", erläuterte ein Experte. "Wir wissen nur, dass sämtliche China-Restaurants abkassiert werden." Die Triaden, schon im zweiten Jahrhundert nach Christi Geburt gegründet, erstrecken sich über die ganze Welt. In China gibt es nach Schätzungen etwa 5.000 "Triaden-Brüderschaften". In Europa soll die chinesische Mafia, die wesentlich brutaler als die italienische Mafia agiert, rund 250.000 Mitglieder haben. Sie sollen jährlich 16 Milliarden Dollar mit ihrem kriminellen Vorgehen erwirtschaften.

Einem chinesischen Gastronom auf der Hamburger Reeperbahn wollten die Triaden einfach die Hand abhacken, weil er nicht zahlen wollte. Die Polizei schätzt, dass so gut wie alle rund 150 chinesischen Restaurantbesitzer in Hamburg Schutzgelder zahlen müssen.

Einige Hauptsitze der Triaden in Europa sind bekannt. Dazu gehört in Großbritannien in Manchester die "Wo"-Gruppe, in den Niederlanden die "Fourteen-K-Bande" und in Paris der "Big Circle". In Deutschland sollen etwa 70.000 chinesische Staatsbürger leben. "Wir haben mit ihnen so gut wie nie Schwierigkeiten. Sie leben eigentlich unauffällig", berichtet ein Polizeiexperte. Die Lokale zahlten offenbar immer pünktlich ihre Schutzgelder. "Das geht im Allgemeinen ohne Aufhebens über die Bühne", sagt der Experte.

Auch als Menschenschmuggler betätigen sich die Triaden

Auffällig wurden die Triaden allerdings im Frühjahr 2005. Damals betätigten sie sich verstärkt als Menschenschmuggler. Ihre Schleuser, "Shetous" und "Schlangenköpfe" genannt, schleusten gleich dreimal in kurzen Abständen hintereinander chinesische Landsleute in die Bundesrepublik. Drehscheibe war Bonn. Die von der Polizei befreiten Schmuggelopfer waren in einem erbärmlichen Zustand in Kleinlastern eingepfercht und sollten offensichtlich weiter nach Frankreich und England befördert werden. Die "Shetous" bringen die "Wu Min", die "Namenlosen", die ihr Heil im Ausland als Tellerwäscher, Prostituierte oder Handlanger in Restaurants suchen wollen, von China in alle Welt - gegen ein hohes Honorar.

Die Triaden leiten sich vom spätlateinischen trias (drei) ab. Sie sind die Gesellschaft der "Dreiheit": Himmel, Erde, Mensch. Mitglieder der Triaden müssen Eide auf absoluten Gehorsam und Verschwiegenheit auf Lebenszeit leisten. In Ungnade gefallenen Mitgliedern rote Gladiolen zugeschickt - als Warnung, dass ihnen der Tod bevorsteht. (tso/ddp)

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