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Mordprozess: Dominik Brunner starb an Herzversagen

Überraschende Wende: Der Geschäftsmann, der im vergangenen September Opfer einer brutalen Prügelattacke in München wurde, litt offenbar an einem Herzfehler und starb nicht direkt an den Schlägen und Tritten.

Von Andreas Oswald

Die Umstände des Todes von Dominik Brunner stellen sich am Ende der ersten Prozesswoche in mehrerer Hinsicht anders dar als vorher. Großes Aufsehen erregte am Samstag die Meldung, Brunner sei an Herzversagen gestorben und nicht an der direkten Auswirkung der Schläge und Tritte seiner wegen Mordes angeklagten Peiniger. Das berichteten übereinstimmend „Der Spiegel“ und der „Münchner Merkur“.

Der 50-jährige Brunner habe an einem Herzfehler, an einem extrem vergrößerten Herzen, gelitten, hieß es in den Berichten. Offenbar habe die Erregung anlässlich des Streits mit den beiden Angeklagten Markus S. und Sebastian L. und die anschließende Gewalteinwirkung sein Herz derart überfordert, dass es versagte. Brunner habe weder einen Schädelbruch noch andere Knochenbrüche erlitten, die zum Tode hätten führen können. Dass er an einem Herzfehler litt, habe die Staatsanwaltschaft bislang der Öffentlichkeit verschwiegen, berichtete der „Spiegel“.

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München, Barbara Stockinger, bestätigte die Berichte nur in Teilen. Es treffe zu, dass Brunner an Herzstillstand gestorben sei, auch treffe es zu, dass er an einem vergrößerten Herzmuskel – „an einem sogenannten Sportlerherzen“ – litt. Sie bestätigte auch, dass es keine einzelne Verletzung gebe, die nachweislich zum Tode geführt habe. Stockinger wendete sich aber ausdrücklich gegen die Schlussfolgerung, Brunner sei damit nicht infolge der Gewalt gestorben. Brunner sei nach den Tritten und Schlägen der Angeklagten an Herzversagen gestorben, sagte sie. Ohne die massive Gewalteinwirkung hätte er keinen Herzstillstand erlitten. Stockinger sagte zudem, es sei unklar, ob ein vergrößerter Herzmuskel als Herzfehler bezeichnet werden müsse.

Die Frage, ob die Tat jetzt neu bewertet werden müsse, verneinte Stockinger ausdrücklich. „Das ist nichts Neues“, sagte sie dem Tagesspiegel. Dass er an Herzversagen gestorben sei, sei der Anklagebehörde bekannt gewesen. Deshalb müsse die Tat auch nicht neu bewertet werden. Auch müsse die Anklage wegen Mordes deshalb nicht geändert werden.

Das Ergebnis der Obduktion Brunners und das Gutachten eines Sachverständigen zur Todesursache sind bislang nicht veröffentlicht worden. Warum sie bisher unter Verschluss blieben, ist unklar. Die Frage, um die es geht, ist: Kann eine Anklage wegen Mordes aufrechterhalten werden, wenn das Opfer nicht direkt durch die Schläge, sondern infolge des mit der Gewalt verbundenen Stresses oder anderer Faktoren starb? Die Berliner Strafrechtsexpertin Nicole Friedrich sagt, die Frage, ob ein Opfer direkt an der Gewalt starb oder nur indirekt, sei grundsätzlich irrelevant für die Frage, ob es sich um Mord oder Totschlag handele. Bei einer Mordanklage komme es auf Vorsatz und die Mordmerkmale an, zum Beispiel besondere Motive des Täters oder eine Begehungsweise, die über das reine Töten hinausgeht.

Wenn Mordmerkmale vorlägen, könne die Mordanklage auch dann aufrechterhalten werden, wenn das Opfer erst in der Folge der Schläge und Tritte gestorben sei. Strafverteidigerin Friedrich weist aber darauf hin, dass all diese Fragen von Gutachtern geklärt werden müssten, bevor eine abschließende juristische Bewertung möglich sei. Aus ihrer Sicht sei es eine bedeutendere Frage, ob das Opfer zuerst zugeschlagen habe und auf die Täter vorher zugegangen sei.

Nach den Zeugenaussagen hatte sich Brunner vor die drangsalierten Schüler gestellt. Als die beiden Täter merkten, dass sie möglicherweise unterlegen seien, berieten sie sich und griffen anschließend von zwei Seiten an. Brunner ging daraufhin auf einen zu und schlug zuerst.

Die Bedeutung eines möglichen Herzfehlers wird durch Zeugenaussagen gestützt, die angaben, dass Brunner nach der Auseinandersetzung aufstand, rot und blau anlief und dann zusammensackte und starb.

Die Verteidigung der Angeklagten bewertet die Mordanklage als kaum noch haltbar. „Das dreht jetzt“, zitierte die Nachrichtenagentur dpa den Anwalt von Sebastian L., Jochen Ringler. Neben den juristischen Bewertungen stellt sich die Frage, ob die Zeugenaussagen der ersten Prozesswoche und die Frage der eigentlichen Todesursache das Bild des Helden trüben, das von Brunner zuvor gezeichnet wurde. In seinem Namen war eine Stiftung gegründet worden. Die Zeugen sagten zwar übereinstimmend aus, dass Brunner Jacke und Rucksack abgelegt habe, bevor er mit den beiden Jugendlichen kämpfte. Auch soll er vorher gesagt haben: „Ihr wollt’s nicht anders.“ Unstrittig ist aber, dass die beiden Täter dabei waren, ihn anzugreifen, bevor er zuerst zuschlug.

Bis zur endgültigen Klärung werden noch ein paar Tage ins Land gehen. Oberstaatsanwältin Barbara Stockinger kündigte an, dass die Gutachter nach den Zeugenaussagen zu Wort kämen, voraussichtlich übernächste Woche.

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