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Viel Platz. Das Gebiet soll im wörtlichen Sinne wiederbelebt und zum Ziel von Ökotouristen werden. Bewohner der Region sollen davon profitieren.

© Alamy Stock Photo

Mosambik: Ein Nationalpark wird mit Tieren besiedelt

Im Zinave-Reservat in Mosambik gibt es kaum noch Leben. Jetzt kommen 6000 Tiere aus Simbabwe.

Im Süden Afrikas hat ein Naturschutzprojekt begonnen, wie es der Kontinent bisher nur selten gesehen hat. Tiere aus Simbabwe sollen innerhalb der nächsten drei Jahre in den Zinave-Nationalpark in Mosambik umgesiedelt werden. Dort hat der Bürgerkrieg fast alles Leben ausgerottet. Hunderte Antilopen, Giraffen und Elefanten werden sich deshalb auf die Reise machen.

Jedes Jahr im November begehen die UN den „Welttag gegen die Ausbeutung der Umwelt in bewaffneten Konflikten“. Ziel ist es, neben zerstörten Städten, verwundeten Soldaten und ermordeten Zivilisten auch der Verluste in der Umwelt Aufmerksamkeit zu schenken – ein „unbekanntes Kriegsopfer“. Welche Schäden an den Umweltressourcen eines Landes bewaffnete Konflikte anrichten, wird an Afrikas Südostflanke sichtbar. 16 Jahre hatten die Rebellenbewegung Renamo und die heutige Regierungspartei Frelimo in einem Bürgerkrieg um die Vormachtstellung in Mosambik gekämpft. 1992 unterzeichneten die Parteien den „Friedenspakt von Rom“. Da waren eine Million Menschen gestorben und ein Großteil der Naturschätze geplündert. Im Nationalpark Zinave, nahe der Grenze zu Simbabwe, rotteten die Kriegsparteien etliche Tierbestände praktisch aus, darunter die Populationen von Giraffen, Elefanten und Büffeln. Jetzt soll das 4000 Quadratkilometer große Naturschutzareal mit Unterstützung der Nacharn wiederbelebt werden.

„Gestern war ich dabei, als wir Impalas einfingen“, sagt Willy Pabst am Telefon aus dem Büro seiner Safarilodge. „Ich hatte einen der Böcke in der Hand, der gezappelt hat. Seine Hörner mussten eingewickelt werden, damit er sich und andere Tiere auf dem Transport nicht verletzt. Die Tiere wissen halt nicht, dass es nur gut für sie ist.“ Doch bevor der Hamburger Unternehmer emotional wird, schießt er nach: „Die Tiere abzugeben, ist für mich genauso ein Glücksfall.“

In Simbabwe betreibt Pabst die Farm Sango, die Teil des privaten Naturschutzreservats „Savé Valley Conservancy“ bildet. 50 Elefanten, 200 Zebras, 100 Giraffen und 900 Impala-Antilopen sind unter den ersten Passagieren, die im Lastwagen die Reise nach Mosambik antreten. Insgesamt spendet Pabst 6000 seiner Tiere für das einzigartige Auswilderungsprojekt, die übrigen 1500 sollen aus Mosambik selbst kommen.

"Wir sind zu erfolgreich"

„Wir haben zu viele Tiere. Wir sind zu erfolgreich, das ist ein Riesenproblem“, sagt Pabst. Und ein akutes: Weil die wachsenden Herden in dem Reservat angesichts der aktuellen Dürre nicht genügend Futter finden, würde sich sein Ökosystem innerhalb eines Jahres selbst zerstören, warnten Experten. „Dadurch, dass wir Zäune um die gesamte Savé Valley Conservancy errichten mussten, können die Tiere nirgendwohin. Und nun müssen wir etwas tun“, sagt Pabst. Dass zur Verwaltung der Wildbestände auch die Jagd zählt, brachte ihm in der Vergangenheit auch Kritik aus Deutschland ein. „Aber ich erlaube es, weil es Sinn macht, unsere einzige Einnahmequelle ist und meinem Naturverständnis entspricht.“ Kritikern entgegnet er: „Ohne das Einkommen aus der nachhaltigen Jagd wäre die Savé Valley Conservancy nie entstanden und würde auch heute nicht bestehen!“ Die Umsiedlung der Tiere sieht er als philanthropisches Projekt. „Der Wiederaufbau eines kaputten Nationalparks durch Überschüsse – das ist für mich der Nobelpreis des Naturschutzes.“

Ähnlich sieht das Werner Myburgh, Geschäftsführer der Peace Parks Foundation. Der 1997 gegründete Verein widmet sich dem grenzüberschreitenden Umweltschutz im südlichen Afrika und ist für die Umsiedlung der Tiere verantwortlich. 2,5 Millionen US-Dollar soll das Projekt kosten, mit deimm 120 Tierärzte, Wildhüter, Ökologen, Fahrer und Helikopterpiloten beschäftigt sind. Das ist laut Myburgh jedoch nichts im Vergleich zu der „astronomischen“ Summe, die die Beschaffung der Tiere ohne die großzügige Spende gekostet hätten.

2015 hatten die Peace Parks Foundation, die auch Entwicklungsgelder aus Deutschland erhält, und Mosambiks Regierung einen Zehn-Jahres-Vertrag zur Bewirtschaftung des Zinave-Parks unterzeichnet. Die Organisation will nicht nur den Nationalpark wiederbeleben, es soll auch ein nachhaltiges Reiseziel für Ökotouristen entstehen. Davon können künftig auch die Bewohner der Region profitieren.

Zinave ist Teil des „Grenzüberschreitenden Schutzgebiets Limpopo“, das die Nationalparks im Dreiländereck von Mosambik, Simbabwe und Südafrika umspannt. Dank Wildkorridoren sollen die Savannentiere frei zwischen den Schutzgebieten herumwandern können. „Große Landschaften und Ökosysteme wiederherzustellen – darum geht es im Großen und Ganzen bei grenzüberschreitendem Umweltschutz. Und hier haben wir ein gutes Beispiel“, sagt Peace Parks-Direktor Myburgh.

In Sachen Umweltschutz sind sich Südafrika, Simbabwe und Mosambik einig. Einzig innerstaatliche Konflikte könnten sich für Afrikas Natur erneut als Problem erweisen. Das gilt nicht nur für Simbabwe, wo Langzeit-Präsident Robert Mugabe kürzlich neue Landbeschlagnahmungen androhte. 2012 hatten es regierungsnahe Funktionäre auch auf das Reservat von Willy Pabst abgesehen, jedoch ohne Erfolg.

Unterdessen schwelt in Mosambik jener Konflikt weiter, der bereits in den 80er Jahren den Tierbestand von Zinave auslöschte. Seit den Wahlen 2014 ist das Verhältnis zwischen Renamo und Frelimo erneut angespannt. Nach Anschlägen auf Polizeistationen, Autobahnen und Regierungseinrichtungen schlossen die Rivalen zwar einen Waffenstillstand ab. Trotzdem kam es immer wieder zu Attentaten. Die Organisation Human Rights Watch beschuldigt beide Seiten der Kriegsverbrechen. Letztes Jahr zwang das Wiederaufflammen des Konflikts mindestens 15 000 Mosambikaner zur Flucht in Nachbarländer.

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