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Panorama: Nach dem Papst ist vor der Wiesn

Ohne Ende Feiern in Bayern: erst WM, dann Benedikt-Besuch, jetzt das 173. Oktoberfest

Wenn die Visite des Pontifex maximus in seiner bayerischen Heimat eines gelehrt hat, dann das: Dass man die Kirche tunlichst im Dorfe lassen soll. Was selbstverständlich auch für den Ministerpräsidenten des Freistaates gilt, schließlich war er während diverser Messen zugegen, um seine Lektion in Demut zu lernen. Dass er den eigenen Standpunkt nicht recht einzuschätzen vermag, offenbart hingegen eine Mitteilung der Staatskanzlei, die davon spricht, dass Regierungschef Stoiber höchstselbst am Samstag das Münchner Oktoberfest „eröffnen“ werde. Oha! Da ist denn aber doch, wenn nicht Gott, so zumindest der regierende Münchner Oberbürgermeister Christian Ude vor – dem allein obliegt es, wie seit den fünfziger Jahren Brauch, nach annehmbaren zwei, allenfalls drei Schlägen am Fass im Schottenhamelzelt „Ozapft is“ in die Runde zu rufen. Und erst wenn dann zwölfmal geböllert worden ist, gebührt dem Ministerpräsidenten der erste Schluck aus der frischen Wiesn-Maß. So sei es, und so wird es bleiben. Auch dieses Jahr, allen übereifrigen Staatskanzleiisten zum Trotz.

Interpretiert man die Verlautbarungen der Wiesnchefin Gabriele Weishäupl richtig, soll das 173. Oktoberfest unter dem Aspekt „Familienfreundlichkeit“ gefeiert werden. Dafür hat die Festleitung am Rande der Theresienwiese extra ein „Familien-Platzl“ eingerichtet, wo sich auf bescheidenen 400 Quadratmetern spezielle Fahrgeschäfte zur Benutzung andienen – darunter auch ein Weißbierkarussell, auf dem Selbiges aber eben nicht ausgeschenkt wird. Kinderwagen sind in einem extra dafür vorgesehen Haus zu parken.

Doch die Wiesn wird auch heuer wieder gestopft voll von Erwachsenen sein, denen es herzlich wurst ist, wer sich am Rand sonst noch herumtreibt. Die zentralen Zelte sind – allen Gelöbnissen zum Trotz, das Reservierungswesen ein wenig zu lockern – so gut wie ausverkauft, von Samstag früh um 9 Uhr bis zum Zapfenstreich am 3. Oktober: Wegen des deutschen Einheitsfeiertages dauert die Wiesn zwei Tage länger als gewohnt.

Der Preis für die Maß Bier ist wieder nicht so stabil geblieben wie das Bedürfnis der Bevölkerung, sich dem Ausschank zu nähern. Am Ende wird er sich bei maximal 7 Euro 50 einpendeln, zahlen dürfte der Gast der Bedienung dann acht Euro. Segensreich ist, dass nach wie vor Blaskapellen und Bands bis um 18 Uhr eine Lautstärke nicht überschreiten dürfen, die noch ein einigermaßen gediegenes Gespräch von Bank zu Bank zulässt.

Dass nahrungstechnisch alles mit rechten Dingen zugeht, dafür soll nach den jüngsten Fleischskandalen eine neu gegründete Spezialeinheit des Umweltministers Werner Schnappaufs sorgen.

Nur mutmaßen lässt sich, welches Lied zum Wiesn-Hit mutieren könnte: Vielleicht die von den Sportfreunden Stiller jetzt in der Fassung „’54, ’74, ’90, 2010“ vorliegende Fassung der WM-Hymne. Damit begann der deutsche Party-Sommer.

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