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Nach Hurrikan "Sandy" nimmt die US-Börse den Handel wieder auf.

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Nach Hurrikan "Sandy": US-Börse öffnet wieder - Wahlkampf geht weiter

Am Tag nach dem verheerenden Wirbelsturm kehren die USA langsam wieder zur Normalität zurück: Flughäfen werden wieder eröffnet und in der Wall Street kehrt wieder Leben ein. Auch der Wahlkampf geht weiter - mit einem Rückschlag für den Herausforderer.

Nach zwei Tagen Unterbrechung nimmt die Börse an der Wall Street an diesem Mittwoch den Betrieb wieder auf. Bürgermeister Michael Bloomberg wird die Eröffnungsglocke läuten. Das Gebäude und der berühmte Handelssaal waren von den Fluten nach dem Durchzug von Wirbelsturm „Sandy“ verschont geblieben, Notstromgeneratoren liefern Energie. Das letzte Mal hatte die traditionsreiche New York Stock Exchange (NYSE) im Jahr 1888 wegen eines Unwetters so lange geschlossen, damals war es ein Schneesturm. Auch die am Times Square gelegene, rein computerbasiert laufende Konkurrenzbörse Nasdaq handelt wieder.

Auch der Wahlkampf nimmt wieder Fahrt auf. Der republikanische Kandidat Mitt Romney stürzte sich nach zwei Tagen Zurückhaltung wieder voll in seine Kampagne, während Präsident Barack Obama den dritten Tag in Folge auch für Mittwoch alle Wahlkampfauftritte absagte.

Obama wollte am Mittwoch an der Seite des republikanischen Gouverneurs Chris Christie die Sturmschäden im US-Staat New Jersey inspizieren. Bereits am Tag zuvor hatte Christie das Engagement des US-Präsidenten beim Krisenmanagement gelobt und seinem Parteifreund Romney so einen Rückschlag versetzt. „Ich kann ihm nicht genug dafür danken“, sagte er über die zügige Reaktion Obamas.

Der Kandidat der Republikaner plante am Mittwoch einen Wahlkampfauftritt in Florida, dem größten der umkämpften Swing States. Am Dienstag hatte Romney einen Termin im US-Staat Ohio kurzerhand zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung für die Opfer von „Sandy“ umdeklariert. Offenbar wollte er angesichts der schweren Sturmschäden an der Ostküste nicht als hartherziger Politprofi erscheinen. Gemeinsam mit Anhängern verlud er Hilfslieferungen in Lastwagen. „Das ist der amerikanische Weg - Menschen in Not zu helfen“, sagte er.

In Bedrängnis geriet er, als Journalisten den staatskritischen Romney wiederholt nach seiner Meinung zu Hilfsmaßnahmen seitens des Bundesstaates fragten. Er sagte, zunächst sollten die Behörden auf der Ebene der US-Staaten und Gemeinden für den Katastrophenschutz verantwortlich sein. Ob er den bundesstaatlichen Zivilschutz im Falle eines Wahlsiegs abschaffen werde, wollte er jedoch nicht beantworten. Seine Sprecherin Amanda Henneberg erklärte lediglich: „Eine Regierung Romney-Ryan wird sicher stellen, dass es immer Unterstützung für Betroffene gibt. Punkt.“ Unterdessen schaltete die Wahlkampfzentrale von Romney Wahlwerbespots in Minnesota und Pennsylvania, eine Unterstützergruppe in Michigan. Obwohl die US-Staaten sicher Obama zugerechnet werden, reagierten die Strategen des Amtsinhabers: Sie schickten den ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton nach Minnesota und kauften Sendezeit in allen drei Staaten.

Die Vizepräsidentschaftskandidaten beider Parteien sollten sich am Mittwoch ein Fernduell liefern. Obamas Stellvertreter Joe Biden plante einen Wahlkampfauftritt in Florida, der Republikaner Paul Ryan wollte in seinem Heimatstaat Wisconsin um Stimmen werben.

Flughäfen in New York öffnen wieder

Die New Yorker Flughäfen John F. Kennedy und Newark Liberty haben am Mittwochmorgen (7 Uhr Ortszeit) den Betrieb wieder aufgenommen. Die Zahl der Flüge sei jedoch zunächst noch eingeschränkt, erklärte die zuständige New Yorker Behörde. Passagiere sollten sich mit ihrer Fluggesellschaft in Verbindung setzen um zu klären, ob ihr gebuchter Flug auch tatsächlich startet.

Die Flughäfen La Guardia und Teterboro blieben vorerst weiter geschlossen. Wegen Stromausfällen in Folge des Wirbelsturms konnten auch die Tankstellen an den Flughäfen sowie nahezu sämtliche Autovermietungen den Betrieb noch nicht wieder aufnehmen.

Chaos von historischem Ausmaß

Nach Hurrikan "Sandy" nimmt die US-Börse den Handel wieder auf.
Nach Hurrikan "Sandy" nimmt die US-Börse den Handel wieder auf.

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An der Ostküste hat Hurrikan "Sandy" ein Chaos von historischem Ausmaß hinterlassen. Mindestens 50 Menschen kamen nach Behördenangaben ums Leben, mehr als 8,2 Millionen Menschen waren ohne Strom, Fluggesellschaften mussten über 18.000 Flüge streichen. Vielerorts war das tatsächliche Ausmaß der Zerstörung noch immer ungewiss, Experten schätzen den wirtschaftlichen Gesamtschaden auf bis zu 50 Milliarden Dollar (38,7 Milliarden Euro).

Besonders hart hat es die Millionen-Metropole New York getroffen. Vor allem der Süden Manhattans bot ein Bild der Verwüstungen. Bis zu vier Meter hohe Wellen schlugen auf die Küste, tiefer liegende Straßen und U-Bahn-Tunnel wurden unter Wasser gesetzt. Ein Großbrand zerstörte in einem überschwemmten Bezirk des Stadtteils Queen bis zu hundert Häuser. Es könnte bis zu drei Tage dauern, bis die Stromversorgung wieder hergestellt sei. Präsident Barack Obama rief für New York und Long Island den Notstand aus. Die Wall Street blieb den zweiten Tag in Folge geschlossen, wollte aber am Mittwoch wieder den Handel aufnehmen.

Jetzt gibt es erste Berichte über Plünderungen in New York. Die Polizei habe in den Stadtteilen Brooklyn and Queens mehrere Menschen unter anderem wegen des Verdachts von Plünderungen festgenommen, berichtete die Zeitung „Wall Street Journal“ am Mittwoch in ihrer Online-Ausgabe. Die Festnahmen seien in Gegenden erfolgt, die durch die Fluten besonders betroffen seien. Dort seien Polizeistationen evakuiert worden. Insgesamt war von 13 Festnahmen die Rede. Unklar blieb, was geplündert wurde. Aus Furcht vor Kriminellen hätten mehrere kleine Ortschaften in Virginia und New Jersey zudem nächtliche Ausgangssperren verhängt, berichteten lokale Medien.

Bürgermeister Michael Bloomberg setzte die Zahl der Todesfälle in seiner Stadt auf 18 herauf. Zwei der Opfer ertranken in ihrem Zuhause, ein Mensch wurde in seinem Bett erschlagen, als einem Baum auf seine Wohnung fiel. Eine 23-Jährige erlag einem Stromschlag, als sie in eine Pfütze nahe einem herabgestürzten Starkstromkabel trat. „Dieses war ein verheerender Sturm, vielleicht der schlimmste den wir je erlebt haben“, sagte Bloomberg. „Die Natur ist verdammt viel Mächtiger als wir es sind“, sagte er.

Entwarnung kam derweil vom größten New Yorker Flughafen. Der Flugbetrieb auf dem John F. Kennedy Airport soll am Mittwoch eingeschränkt wieder aufgenommen werden. Auch am Newark International Airport in New Jersey sollen um 7.00 Uhr wieder Maschinen starten, wie die beiden Flughafenbehörden in der Nacht mitteilten. Der zweite New Yorker Flughafen LaGuardia soll den Angaben zufolge weiterhin geschlossen bleiben.

US-Präsident Obama warnte angesichts des Abflauens von „Sandy“ vor Sorglosigkeit: „Der Sturm ist noch nicht vorbei“, sagte er bei einem Besuch in der Zentrale des Roten Kreuzes in Washington. Eine Woche vor der Wahl sagte Obama vorerst alle weiteren Wahlkampfauftritte ab. In New Jersey, wo der Sturm am Montagabend auf Land getroffen war, versuchten Einsatzkräfte Hunderte Menschen zu retten, nachdem dort eine Sturmflut zwei Städte unter Wasser gesetzt hatte.

„Das Ausmaß der Zerstörung an der Küste von New Jersey gehört zum schlimmsten, was wir jemals gesehen haben“, sagte der Gouverneur Chris Christie. Obama will am Mittwoch nach New Jersey reisen, um sich gemeinsam mit Christie ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung zu machen. Auf seinem Weg über Pennsylvania und den Westen des Staates New York, den er am Mittwochmorgen erreichen sollte, schwächte sich „Sandy“ ab, dürfte aber nach Ansicht von Meteorologen weitere Überschwemmungen und heftigen Regen verursachen.

Derweil rechnete der Informationsdienst IHS Global Insight im Nordosten der USA mit einem wirtschaftlichen Gesamtschaden von bis zu 50 Milliarden Dollar (38,7 Milliarden Euro) durch „Sandy“. Die direkten Schäden könnten sich auf rund 20 Milliarden Dollar belaufen, sowie Gewinneinbußen auf bis zu 30 Milliarden Dollar. Nach Auffassung von Ökonomen dürfte der Sturm der Volkswirtschaft der USA langfristig allerdings keinen weiteren Schaden zufügen. (AFP/dapd/dpa)

Lesen Sie hier die Ereignisse rund um Wirbelsturm Sandy in unserem Liveticker vom Dienstag nach.

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