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Vor dem Haus der tot aufgefundenen Krankenschwester wurden Blumen als Zeichen der Anteilnahme abgelegt.

© AFP

Nach Tod von Krankenschwester: Radiosender diskutiert über Telefonstreich in Kates Klinik

Vergangene Woche hatten zwei Radiomoderatoren in dem Krankenhaus angerufen, in dem die schwangere Kate in Behandlung war. Sie gaben sich als Königspaar aus. Die unmittelbare Folge des Streichs sei die „Demütigung zweier aufopfernder Krankenschwestern“ gewesen.

Nach dem Telefonstreich eines australischen Radiosenders im Edward-VII.Krankenhaus in London haben die Eigentümer des Senders eine Dringlichkeitssitzung einberufen. Bei dem Treffen der Führung des Medienkonzerns Southern Cross Austereo (SCA) am Sonntag werde es um den Brief des Krankenhauschefs Simon Glenarthur an den verantwortlichen Sender 2Day FM gehen, sagte der SCA-Vorsitzende Max Moore-Wilton. Glenarthur hatte Moore-Wilton in dem Brief aufgefordert, dafür zu sorgen, dass sich so ein Telefonstreich nicht wiederholen könne.

Zwei Moderatoren des Senders 2DayFM hatten im Edward-VII.-Krankenhaus angerufen, in dem Prinz Williams Ehefrau Kate wegen schwerer Schwangerschaftsübelkeit behandelt wurde. Sie gaben sich als Queen Elizabeth II. und Prinz Charles aus und wurden zu einer Krankenschwester durchgestellt, die Auskunft über den Zustand der Herzogin gab. Die 46-jährige Krankenschwester, Jacintha Saldanha, wurde am Freitag tot aufgefunden. Nach Darstellung britischer Medien nahm sich die Frau das Leben, die Ermittlungen dauern aber noch an.

Der Klinikchef hatte im Brief „auf das Schärfste“ gegen den Telefonstreich protestiert. Die unmittelbare Folge des „vorsätzlichen und unüberlegten“ Streichs sei die „Demütigung zweier aufopfernder Krankenschwestern“ gewesen, die nur ihren Job gemacht hätten. Die zweite Folge, der Tod einer der beiden Pflegerinnen, sei „unbeschreiblich tragisch“. Dass der Anruf nicht nur aufgezeichnet, sondern mit Genehmigung durch höhere Stellen des Senders auch ausgestrahlt worden sei, sei „wahrhaft entsetzlich“. Der Sender verteidigte seine Praxis: „Scherzanrufe sind üblich im Radio. So etwas gibt es seit Jahrzehnten auf allen Sendern und in allen Ländern. Niemand hat voraussehen können, dass sich so eine Tragödie ereignet.“

Telefonstreiche haben auch in Deutschland eine gewisse Tradition. Am buntesten trieb es das Hamburger „Studio Braun“. Das Trio Rocko Schamoni, Heinz Strunk und Jacques Palminger ist für seine absurden Telefonstreiche bekannt, die auf CDs veröffentlicht wurden. Seit gut 20 Jahren werden Telefonstreiche im Radio gesendet, in jüngster Zeit kommen sie aber seltener vor. Bekannte Sendungen und Protagonisten sind Paul Panzer, Stefan Raab alias Professor Has oder im österreichischen Radio der „Ö3-Callboy“. Heikler sind Telefonstreiche, in denen sich der Anrufer als reale Person vorstellt. Im September 2008 wurde die Chefin der hessischen SPD, Andrea Ypsilanti, durch einen Anrufer des Radiosenders ffn hereingelegt, der sich als Franz Müntefering ausgab. Im Gespräch entschuldigte sich Ypsilanti dafür, dass die hessischen Jusos nicht „kontrollierbar“ seien. Der Streich führte zu Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft, da der Mitschnitt ohne Erlaubnis der Betroffenen bei Youtube veröffentlicht wurde. Bleibt die Frage, ob Telefonstreiche notwendig sind. „Es geht schlimmer als ein Verbot“, sagt der Moderator Jörg Thadeusz. „Einfach die Verantwortung bei denjenigen belassen, die gerne Amok telefonieren. Wenn die sich ganz schwer anstrengen, kommen sie vielleicht auf den Gedanken, dass sich auch mit Würde Radio machen lässt.“ Und dass ein Mikrofon kein Zauberstab sei, um die Pubertät auf ewig zu verlängern.

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