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© dpa

Naturkatastrophe: Erdbeben in China fordert tausende Tote

Beim schlimmsten Erdbeben in China seit 32 Jahren sind am Montag wahrscheinlich über 10.000 Menschen ums Leben gekommen. Noch immer gibt es Berichte von weiteren Verschütteten. Viele zerstörte Gebiete waren Stunden nach der Naturkatastrophe noch unzugänglich.

Das Erdbeben der Stärke 7,8 hatte mehrere Provinzen im Südwesten des Landes getroffen und war bis nach Thailand und in Peking zu spüren. Schwer betroffen war die Provinz Sichuan, wo es allein im Landkreis Beichuan bis zu 5000 Tote und 10.000 Verletzte geben soll. 80 Prozent der Häuser seien zerstört.

Das Schicksal von einigen hunderttausend Menschen in anderen schwer betroffenen Gegenden war zunächst ungeklärt. Mindestens drei Landkreise der Präfektur Aba waren von der Außenwelt "völlig abgeschnitten", da die Straßen beschädigt oder von Erdrutschen blockiert waren. Das Militär hat tausende Soldaten, Hubschrauber und Bergungsteams mit Suchhunden entsandt. Allein in Sichuan wurden 8533 Tote bestätigt, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. In den Provinzen Gansu, Shaanxi, Yunnan und der Metropole Chongqing wurden mindestens weitere 160 Tote offiziell bestätigt.

Deutsche sind nach ersten Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes nicht betroffen. Die Botschaft in Peking stehe aber in Kontakt mit den chinesischen Behörden. Eine Ministeriumssprecherin konnte am Montagabend keine genaueren Abgaben machen, wie viele Bundesbürger sich in der Erdbebenregion aufhielten.

Das Handynetz bricht zusammen

Regenfälle erschwerten eine schnelle Hilfe für die Überlebenden. Die Telefonverbindungen waren unterbrochen. Auch das Handynetz brach wegen des Ansturms besorgter Anrufer zeitweise zusammen. Besonders der Landkreis Wenchuan, wo das Epizentrum lag, sowie Lixian und Maoxian rund 100 Kilometer von der Provinzhauptstadt Chengdu entfernt waren betroffen. Bergungstrupps dürften den möglicherweise schwer zerstörten Kreis Wenchuan voraussichtlich erst in den frühen Morgenstunden des Dienstags (Ortszeit) erreichen. In dem Landkreis liegt auch das berühmte Panda-Zuchtgebiet Woolong.

Regierungschef Wen Jiabao flog ins Erdbebengebiet. Präsident Hu Jintao rief die Behörden zur Hilfe für die Opfer auf. Telefonisch übermittelte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dem chinesischen Außenminister sein Mitgefühl für die Opfer. Er bot auch deutsche Hilfe an. Auch die EU-Kommission hat Hilfsbereitschaft signalisiert. US-Präsident George W. Bush bekundete sein Mitgefühl mit den Opfern und Hinterbliebenen. Besonders die Zahl der von der Tragödie betroffenen Kinder und Studenten mache ihn traurig, hieß es in einer in Washington veröffentlichten Erklärung. Er bot Hilfe "in jeder nur möglichen Weise" an.

Fast 900 Schüler verschüttet

In einer einzigen zerstörten Schule in Dujiangyan sollen fast 900 Schüler verschüttet worden sein. Die dreistöckige Juyuan-Schule stürzte teilweise ein, als in 18 Klassen jeweils 50 Kinder Unterricht hatten, wie die Staatsagentur Xinhua berichtete. Einige verschüttete Kinder versuchten, sich selbst aus den Trümmern zu befreien. "Andere riefen nach Hilfe", berichtete Xinhua. In der Stadt Shifang in Sichuan begruben die Trümmer einer einstürzenden Chemiefabrik mehrere hundert Arbeiter unter sich, wie amtliche Medien berichteten. Mehr als 80 Tonnen Ammoniak traten aus. Etwa 6000 Anwohner mussten vor den gefährlichen Dünsten der Chemikalie in Sicherheit gebracht werden.

Das Erdbeben ereignete sich um 14.28 Uhr Ortszeit (8.28 Uhr MESZ) etwa zehn Kilometer unter der Erdoberfläche. Das Pekinger Erdbebenamt sprach von einer Stärke 8,0, doch gaben andere seismologische Institute in China und den USA die Stärke übereinstimmend mit 7,8 an.

Die Erdstöße, Nachbeben und nachfolgende kleinere Beben waren in der gesamten asiatischen Region bis Bangkok und ins 1500 Kilometer entfernte Peking sowie in den Hafenstädten Hongkong und Shanghai zu spüren, wo die Wolkenkratzer schwankten. Die Olympiastadt Peking erlebte sieben Minuten nach dem Erdbeben in Sichuan ein Beben der Stärke 3,9. Mehrere Bürohäuser in der Hauptstadt wurden evakuiert. Ein Seebeben der Stärke 5,1 wurde aus Taiwan gemeldet.

Menschen rennen in Panik auf die Straße

In der Metropole Chengdu in Sichuan rannten die Menschen in Panik auf die Straße, wie Augenzeugen berichteten. "Ich sah einen großen Riss in der Wand eines Hauses", berichtete eine Frau telefonisch. In vielen Städten flüchteten die Menschen in Panik auf die Straßen. Die Flüge in die Provinzhauptstadt wurden vorübergehend eingestellt. Auch der Bahnhof wurde zeitweise gesperrt. Der nur 700 Kilometer vom Epizentrum entfernt gelegene gigantische Drei-Schluchten-Damm am Jangtse-Strom in Zentralchina ist nach offiziellen Angaben nicht vom Erdbeben betroffen gewesen. "Es gibt keine Anzeichen", sagte ein Sprecher des Betreibers laut Xinhua. "Alles läuft normal." Durch die starken Erdstöße und nachfolgende Beben seien auch 180 Züge gestoppt worden, berichtete das Eisenbahnministerium.

Drei Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking blickt auch die Sportwelt besorgt nach China. IOC-Präsident Jacques Rogge bezeichnete das Erdbeben als "riesiges Desaster" und versprach Unterstützung durch das Internationale Olympische Komitee. "Die olympische Bewegung ist auf eurer Seite, ganz besonders in diesen schweren Momenten. Unsere Gedanken sind bei euch", schrieb der IOC-Chef am Montagabend an Chinas Präsident Hu Jintao.

Das bisher schlimmste Erdbeben der neueren Geschichte Chinas ereignete sich im Juli 1976 in der nordostchinesischen Stadt Tangshan. Damals kamen mindestens 242 000 Menschen ums Leben. (mfa/dpa)

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